Saisonstart in der Eifel: Auf der letzten Rille

Für viele Beobachter der Liga ging Kai Engelsiepen in seinem Ferrari als turmhoher Favorit in die Jubiläumssaison 2022. Doch nach den Vorbereitungen schob er diese Rolle unvermittelt an die Tyrrell-Honda weiter. Nach 45 Runden auf dem Nürburgring siegte dann aber doch wieder der Ferrari-Pilot, weil sein Undercut gegen Lars Zunker funktionierte und Tyrrell an die Fehlerserie der Vorsaison fast nahtlos anknüpfte. Auch wenn für die friesischen Brüder mit Platz 2 und 4 das beste Ergebnis der Teamgeschichte heraussprang, brachte eine überflüssige Durchfahrtsstrafe für Tobias Zunker das Team um das fällige Doppelpodium. Den dritten Platz erbte schließlich Ralf Bohnert, der darum aber bis zur letzten Kurve zittern musste.

Es war eine kurze Verschnaufpause, die den Piloten vor dem Saisonstart am vergangenen Freitag am Nürburgring gegönnt wurde. Gerade einmal zweieinhalb Monate war es her, dass Rolando Tejeda in Istanbul als letzter Sieger der Saison 2021 aus seinem McLaren kletterte, bevor mit dem Saisonstart 2022 am Nürburgring ein besonderes Jubiläum eingeläutet wurde: 20 Jahre formel1-liga.de. Und auch wenn die Winterpause so kurz ausgefallen war wie nie zuvor, so viele Veränderungen im Fahrerfeld hatte es schon lange nicht mehr gegeben:

Da ist zum einen der Abgang des Rekord-Weltmeisters Tobias Stolp, der genau hier am Nürburgring im vergangenen Jahr seinen fünften Titel perfekt machte, nur um dann seinen Rückzug aus der Liga zu verkünden. Im Jubiläumsjahr muss die Formel1-liga.de damit ohne ihren Titelverteidiger auskommen. Alpine nutzte die Gelegenheit und stellte sein Fahrerduo komplett neu auf: Emmanuel Gerer und Gert Wickom vom Williams Team wurden für die neue Saison verpflichtet. Alex Woitala beendete seine Stippvisite in der formel1-liga.de an der Seite von Daniel Böhme. Den wiederum zog es zu Red Bull, wo er Teamkollege von Ludwig Conrads wird. Einen ehemaligen Titelträger hat es hingegen wieder zurück in den Grid gezogen. Williams verpflichtete neben Mario Söllner vom Aston Martin Team auch Andreas Frommherz, Weltmeister des Jahres 2015 und einer von insgesamt vier Comebackern im 2022er Grid. Ein weiterer, Max Schoner, nämlich übernimmt den Platz von Mario Söllner bei Aston Martin, wo er sich mit Rolando Tejeda an einer Neuauflage des Mclaren -Duos von 2020 probiert. Das machte wiederum den Weg frei für zwei weitere Rückkehrer: Der Italiener Thomas Walter und der Bulgare Petar Hristov greifen fortan für McLaren ins Lenkrad. Während Patrick Hanko 2022 nicht zur Stammbesetzung der Liga zählt, zog es Johann Asanger zurück zu seinem ehemaligen Team Haas, wo er als Lehrmeister für einen der beiden Rookies im Feld, Bastian Boll, fungiert. Eine ähnliche Rolle übernimmt Stefano Papia für seinen Sohn Jean Luca, der 2022 für Alfa Romeo an den Start geht. Den freigewordenen Platz bei Mercedes übernimmt Bastian Kupke, der vom Haas-Team nach Stuttgart wechselt und zusammen mit Christian Wickom an den Start geht.

Kontinuität herrscht dagegen nur bei drei Teams im Feld. Alpha Tauri setzt weiterhin auf das bewährte Fahrer Duo aus Ralf Bohnert und Jürgen Bechtel, die die Team WM 2021 auf dem vierten Platz abgeschlossen haben, sich aber gerade im Schlussspurt der Saison stark verbessert zeigten. Auch Tyrrell-Honda hält am bewährten Speed der Zunker-Brüder fest, denen schon in der ersten vollen Saison der Griff nach der Krone hätte gelingen können, hätten sich die beiden Fahrer nur halbwegs schusssicher gezeigt. So ging der Team-Titel nach einer fulminanten Aufholjagd schließlich nach Maranello. Und auch das Ferrari Duo um Christian Boll und Kai Engelsiepen geht erneut gemeinsam auf Punkte- und Titeljagd. Und neben der Titelverteidigung in der Team -WM erwartet der größte Teil des Fahrerfeldes, dass Engelsiepen auch der heißeste Anwärter im Kampf um den Fahrertitel sein dürfte. Schon bis zum Rücktritt des Rekordchampions war er in Sachen Tempo, aber auch Konstanz Tobias Stolp in der Vorsaison am nächsten gekommen. Von den drei Rennen, die der Weltmeister zum Ende der letzten Saison ausließ, entschied der Essener zwei für sich und war auch der einzige, der Tejeda bei seiner Abschlussfahrt im McLaren wirklich nahe kommen konnte. Wer außer ihm sollte also für die Krone 2022 in Frage kommen? „Tyrrell“, zuckte Engelsiepen vor dem Rennen am Nürburgring sich in Understatement übend mit den Schultern – und schien beim Blick auf die Rundentabelle Recht zu behalten. Nicht nur, dass die beiden Friesen in Vorbereitung auf das Rennen am Nürburgring starke Rundenzeiten abspulen, hielt der erneut schwarz-weiß lackierte Traditionsrenner auch noch die Reifen zuverlässig in Schuss. Das war der große Unterschied zum Vorjahr, in der das Tempo häufig stimmte, der Reifen aber nicht konstant genug war. Auch wenn man in der letzten Saison sieglos blieb, konnte sich das Team der Zunker-Brüder durchaus Hoffnungen machen, am besten aufgestellt aus der Winterpause zu kommen.

Die Qualifikation

Und schon der erste Qualifikationsabschnitt schien diese These durchaus zu untermauern. Lars Zunker setzte die Bestzeit, Bruder Tobias wurde nur um eine Tausendstel  von Mario Söllner geschlagen. Der Top Favorit selbst fand sich zunächst nur auf der vierten Position wieder, vor Mercedes-Neuzugang Bastian Kupke und Ralf Bohnert im Alpha Tauri. Auch Daniel Böhme zeigte eine starke Performance in Q1 und wurde Siebter vor Ferrari-Pilot Christian Boll. Auch Ludwig Conrads konnte sich für den zweiten Qualifikationsabschnitt empfehlen. Als einziger Neuzugang löste Thomas Walter das Ticket für die Top Ten. Während Andreas Frommherz und Jean-Luca Papia keine Startfreigabe für das Qualifying erhielten, brachte Peter Hristov ein technisches Gebrechen um die Teilnahme am Qualifying. Max Schoner und Bastian Boll qualifizierten sich im 20 Starter umfassenden Feld für die Plätze 16 und 17 Johann Asanger und Rolando Tejeda teilten sich die sechste Startreihe. Stefano Papia ließ seinen ehemaligen Teamkollegen Christian Wickom hinter sich und startete auf Platz 13. Die 15. Position ging an Jürgen Bechtel.

Hielt der erste Qualifikationsabschnitt im vorderen Feld mit Söllner noch eine kleine Überraschung bereit, drückten dem zweiten Abschnitt von Beginn an die Pole-Favoriten ihren Stempel auf. Innerhalb von 10 Sekunden kreuzten die beiden Tyrrell und Engelsiepen im Ferrari beim ersten Versuch die Linie und drücken die in Q1 gesetzten Zeiten um bis zu drei Zehntel nach unten. Lars Zunker gelang die schnellste. Engelsiepen sprengte das Tyrrell Duo um drei Hundertstel. Doch während sich der Inhaber der provisorischen Pole sogar noch einmal steigern konnte, blieben sowohl bei Engelsiepen als auch bei Tobias Zunker die gesetzten Zeiten stehen: Engelsiepen wurde beim Versuch, sich zu verbessern von Thomas Walter abgeräumt, Zunker drehte sich bei der Ausfahrt aus der NGK-Schikane und verpasste die erste Reihe. Hinter ihm setzte sich Bohnert um weniger als eine Zehntelsekunde gegenüber Mario Söllner und Bastian Kupke durch.

Trotz des Unfalls mit Engelsiepen gelang Thomas  Walter bei seinem Ligacomeback die siebtbeste Zeit. Seinen zweiten Versuch in 1:21,775 unterboten weder Ludwig Conrads im RedBull, der sich neben Walter auf Position acht qualifizierte, noch Christian Boll und Conrads Teamkollege Daniel Böhme, die zusammen die fünfte Startreihe besetzten. Kurios: Böhme wurde im Top10 Qualifying sogar nur Elfter. Der bereits ausgeschiedene Stefano Papia setzte seinen Alfa Romeo regelwidrig noch einmal in Bewegung und schob sich zwischen den Ferrari und den RedBull, wurde aber konsequent wieder auf seine eigentliche Startposition zurückversetzt. Für manche war die Winterpause dann wohl doch zu lang.

Das Rennen

Trotzdem legte das Feld einen äußerst disziplinierten Start in die neue Saison hin. Die ersten sechs kamen unverändert aus der Startrunde zurück, dahinter kassierten Ludwig Conrads und Christian Boll den Rückkehrer in McLaren-Diensten Thomas Walter. Den besten Start im Mittelfeld erwischte jedoch Rolando Tejeda, der sich von Position 12 kommend zwischen Conrads und Boll auf der achten Position einsortierte. Eine erste folgenreiche Kollision ereignete sich rund um Jürgen Bechtel und Stefano Papia. Der Alpha-Tauri Pilot touchierte dabei leicht das Heck des Italieners und drehte sich in der Folge Richtung Streckenmitte. Dem taumelnden kleinen Bullen konnte Haas-Debütant Bastian Boll nicht ausweichen und rasierte sich den Frontflügel ab. Der 17-Jährige Sohn von Christian Boll wurde damit die zweifelhafte Ehre zu Teil, den ersten Boxenstopp der neuen Saison absolvieren zu müssen – Und den zweiten Stopp auch. Denn schon in der zweiten Runde krachte der jüngste Fahrer im Feld ausgangs der RTL-Kurve in die Streckenbegrenzung und gab nicht nur den frisch aufgefassten Frontflügel, sondern auch den Heckflügel ab. Für den Debütanten also grausame erste zehn Rennkilometer in der formel1-liga.de. Auch für die Rückkehrer Schoner und Hristov liefen die ersten Runden nicht ganz nach Plan. Im Kampf um Platz 15 verpasste der Aston Martin den Exit aus der NGK-Schikane. Der Bulgare in McLaren-Diensten witterte vor der Zielkurve seine Chance, weiteren verlorenen Boden wieder gut zu machen. Doch der Österreicher übersah den papaya-orangen Renner von Hristov, gab ihm einen Klapps und schickte ihn in einen Dreher. Nach dem verpassten Qualifying schon der zweite Rückschlag für den GT-Academy erprobten McLaren-Piloten, der sich noch hinter Jean-Luca Papia auf der 19. Position wieder einsortierte.

An der Spitze setzten sich derweil Lars Zunker und Engelsiepen innerhalb der ersten beiden Runden um zwei Sekunden von Tobias Zunker und Ralf Bohnert ab. Danach froren die Abstände zwischen den ersten vieren bis zum Boxenstopp nahezu ein. Engelsiepen wirkte in dieser Phase etwas schneller als der jüngere der beiden Tyrrell-Piloten, fand aber keinen Weg vorbei. Währenddessen kontrollierte der ältere Zunker-Bruder den Abstand zu Ralf Bohnert, ohne ihn aber aus dem DRS-Bereich herausschütteln zu können.

Neu-Williams-Pilot Mario Söllner konnte den Anschluss an die Spitzengruppe dagegen nicht aufrecht erhalten. Er bildete rund um die fünfte Position einen weiteren DRS-Zug mit Bastian Kupke, Ludwig Conrads, Christian Boll und Thomas Walter im Rucksack. Doch auch die Verfolgergruppe fiel in einen beinah schon lethargischen Dornröschenschlaf. Für Action sorgte erst das hintere Mittelfeld. Für die nächste gelbe Flagge sorgte erneut Petar Hristov. Während der McLaren-Pilot in der 14. Runde aber zumindest alle Teile am Fahrzeug rettete und seine Fahrt nach dem zweiten Dreher fortsetzen konnte, erwischte es Stefano Papia zwei Runden später schlimmer. Er musste einen neuen Frontflügel auffassen und fiel noch hinter seinen Sohn Jean-Luca zurück auf die 19. Position.

Die Reihe der regulären Boxenstopps eröffneten in der 18. Runde Johann Asanger im Haas und Thomas Walter im McLaren, die das Rennen mit Medium Reifen aufgenommen hatten. Sie setzten ihre Fahrt mit unterschiedlichen Strategien fort. Am Haas drehten sich fortan die harten Reifen, der McLaren setzte hingegen ein weiteres Mal auf den Medium Reifen.

Nach 18 Runden führte Lars Zunker eine halbe Sekunde vor Kai Engelsiepen. Der lag wiederrum 1,5 Sekunden vor Tobias Zunker im zweiten Tyrrell. Mit einer weiteren Sekunde Rückstand folgte Ralf Bohnert auf der vierten Position. Mario Söllner war bereits rund zehn Sekunden zurückgefallen und zog nach wie vor Bastian Kupke hinter sich her, wohingegen Ludwig Conrads den Kontakt zu den beiden langsam verlor und verstärkt mit Christian Boll im Ferrari zu tun bekam. Zwei Sekunden dahinter duellierten sich Istanbul-Sieger Rolando Tejeda und Christian Wickom um die neunte Position. Daniel Böhme fuhr als Elfter in dieser Phase ein einsames Rennen mit fünf Sekunden Abstand nach vorne und nach hinten. Max Schoner bog zur Box ab und machte Platz für Jürgen Bechtel und Andreas Frommherz. Walter kehrte nach seinem Boxenstopp vor Teamkollege Hristov zurück auf die Strecke, Johann Asanger dahinter. Stefano Papia hatte seinen Sohn wieder hinter sich gelassen und fuhr an Position 18, während die beiden Youngster im Feld überrundet das Feld abschlossen.

Ab der 21. Runde kam Bewegung ins Feld. Zuerst passierte Christian Boll im Ferrari Ludwig Conrads vor der NGK-Schikane, dann holte Bolls Teamkollege zum Undercut auf die Führung aus. Schon in Runde 22 legte Engelsiepen seinen harten Reifen ab – und rutschte prompt in den Verkehr eben hinter Conrads und Boll sowie Rolando Tejeda. Da aber auch Lars Zunker nur eine Runde später nachzog, hinderte der Vekehr Engelsiepen nicht daran, die Führung zu übernehmen. Gleichzeitig mit Lars Zunker steuerte auch Ralf Bohnert die Box und damit eine Runde früher als sein unmittelbarer Konkurrent um Platz drei Tobias Zunker. Anders als Engelsiepen gelang Bohnert der Undercut nicht. Der Tyrrell-Honda  kehrte vor dem WM-Dritten der Vorsaison auf die Strecke zurück und fand sich auf der fünften Position wieder. Doch im Lager des Traditionsrennstalls wusste man zu diesem Zeitpunkt schon, das Ungemach drohte: Der 35-Jährige drückte den Limiter für einen Moment zu spät und kassierte eine Durchfahrtstrafe.

Während Tejeda und Conrads frühzeitig den Weg für die Spitze mit eigenen Boxenstopps frei machten, nutzte Ferrari die sich ihr servierte taktische Möglichkeit, der Speerspitze des Teams ein wenig Luft auf Zunker zu verschaffen geschickt aus. Und da Engelsiepen bereits Söllner hinter sich ließ als der Tyrrell noch hinter Boll strandete, wuchs der Abstand an der Spitze auf 2,5 Sekunden an. Die Vorentscheidung im ersten Lauf der Jubiläumssaison schien gefallen zu sein.

Söllner bezahlte seinen späten Boxenstopp teuer. Er fiel von der fünften Position bis auf Platz zehn zurück. Größte Gewinner zu diesem Zeitpunkt waren der früh stoppende Thomas Walter auf Position sechs und Tejeda dahinter auf der sieben.  Auch Ludwig Conrads und Christian Boll blieben vor dem Williams, als der wieder auf die Strecke zurückkehrte. Tobias Zunker sortierte sich nach seiner Durchfahrtsstrafe in Runde 28 um einen Hauch vor dieser Kampfgruppe zurück auf die Strecke. Für seinen weiteren Rennverlauf war das entscheidend, denn diese Gruppe deutete frühzeitig an, dass die zweite Rennhälfte eine andere Dynamik entfalten würde, als der Beginn. Zuerst griff Conrads nach dem Aston Martin von Tejeda, nur eine Runde später löste Christian Boll mit einem fulminanten Verbremser beinahe einen Unfall aus. Doch Tejeda öffnete geistesgegenwärtig eingangs der NGK-Schikane die Lenkung und verhinderte eine Kollision.

Daniel Böhme erwischte es schlimmer, als Schoner ein zweites mal seine liebe Not mit eben jener NGK-Schikane hatte. Dabei tauchte er genau in die Fahrlinie des zweiten RedBull zurück auf die Strecke und rasierte ihm den Frontflügel ab.

Der zweite Anlauf von Christian Boll den Aston Martin hinter sich zu lassen, wirkte vielversprechender, doch Tejeda nutzte die lange Gerade zum Konter gegen den Ferrari. Tobias Zunker setzte sich unterdessen immer weiter von der Gruppe hinter sich ab und schloss die Lücke zu Walter und Bastian Kupke. Gerade als sich für den Tyrrell-Piloten das DRS-Fenster öffnete bog der McLaren-Pilot in Runde 35 zu seinem zweiten Service ab, um sich weiche Reifen zu holen. Dieser zweite Boxenstopp sicherte dem McLaren-Piloten die neunte Position in seinem Comeback-Rennen und außerdem den Punkt für die schnellste Rennrunde.

In Runde 35 endete auch ein völlig verkorkster Rennabend für Mercedes-Pilot Christian Wickom. Schon der Qualifikation fand der Werksfahrer nicht die Zeit, die in seinem Mercedes steckte. Trotzdem arbeitete sich der Husumer im Rennen bis in die Top 10 vor, nur um seine Aufholjagd beim Boxenstopp jäh gestoppt zu sehen. Nicht nur, das er der zweite Temposünder des Abends war, schickte ihn seine Crew auch noch mit Intermediate-Reifen auf die Strecke zurück. Ein gewagter Gamble, der nicht aufgehen konnte. Schon am Ausgang der Mercedes-Arena (ausgerechnet) verunfallte Wickom und verlor dabei den Frontflügel, was neben der Durchfahrtstrafe und einem weiteren Reifenwechsel auch noch einen Reparaturstopp erforderlich werden ließ. Mehr als eine Runde gab der Mercedes-Pilot im Zusammenhang mit der Boxenstopppanne ab. Nach einem erneuten Dreher in der Mercedes-Arena stellte das Nordlicht der Liga schließlich entnervt ab. Immerhin lief es für den neuen Teamkollegen bedeutend besser. Zwar konnte er den zwischenzeitlich eroberten vierten Platz gegenüber den nach der Durchfahrtstrafe wie entfesselnd auffahrenden Tobias Zunker nicht verteidigen, es blieb aber unter dem Strich ein zufriedenstellender fünfter Platz für Bastian Kupke.

Acht Runden vor dem Ende führte Engelsiepen also vor Lars Zunker. Zehn Sekunden dahinter lag Ralf Bohnert sicher auf der dritten Position. Mit weiteren zehn Sekunden Abstand folgten Tobias Zunker und Bastian Kupke. Wer in Anbetracht der ersten Rennhälfte nun befürchtete, dass die Messe damit gelesen sei, sah sich aber eines hinterher eines besseren belehrt. Innerhalb von sechs Runden verkürzte Lars Zunker den Abstand zum Führenden von 2,5 Sekunden auf weniger als eine halbe Sekunde. Und auch sein Bruder Tobias holte streckenweise bis zu zwei Sekunden auf den vor ihm liegenden Bohnert auf. Zwei Runden vor dem Ende war die Lücke zwischen Platz drei und vier wieder geschlossen. Doch der Alpha Tauri rettete seinen dritten Platz auf dem letzten Klumpen Gummi noch ins Ziel.

Einmal im Diffusor des Ferrari angekommen, erfuhr Lars Zunker dasselbe wie zuvor Engelsiepen im ersten Stint. Dranbleiben geht gut, vorbei fahren eher nicht so. In einem strengen Abnutzungskampf der an beiden Fahrzeugen die Reifen weit unter das Gripminimum trieb, stiegen die Rundenzeiten bis zum Schluss in den hohen 1:25er Bereich an. Weniger als zehn Prozent seines Reifens und gerade einmal 0,479 Sekunden Vorsprung brachte der Essener nach 45 Runden über die Linie und triumphierte damit zum dritten mal in den letzten vier Rennen. Lars Zunker blieb nur der zweite Platz, zeigte sich gegenüber einigen verkorksten Rennen zum Abschluss der Vorsaison aber stark verbessert und freute sich entsprechend auch über die 20 Punkte. Rolando Tejeda beendete das Rennen auf Position sechs, eine Zehntel vor Christian Boll und fünf vor Mario Söllner. Ludwig Conrads kassierte in der letzten Runde noch eine Zeitstrafe von 25 Sekunden und fiel auf die 13. Position zurück. Neben Thomas Walter profitierte davon auch Johann Asanger, der ein unauffälliges, aber effizientes Rennen  auf der zehnten Position beendete. Jürgen Bechtel verfehlte den Österreicher um knappe vier Zehntel und wurde Elfter, vor Söllners Teamkollegen Andreas Frommherz. Die letzten Punkte des Abends gingen an Daniel Böhme und Petar Hristov. Knapp außerhalb der Punkte auf Position 16 landete Stefano Papia. Nach der schwierigen Anfangsphase gelang Bastian Boll noch der 17.Platz vor Max Schoner und Jean-Luca Papia, während Christian Wickom im Mercedes der einzige Ausfall des Rennens blieb.

Was bleibt also vom ersten der insgesamt 15 Läufe der Jubiläumssaison 2022, dem Jahr 1 ohne Abo-Weltmeister Tobias Stolp? Zunächst: Die formel1-liga.de hat schon actiongeladenere Rennen erlebt, als die 45 Runden vom 25. Februar. Kai Engelsiepen wurde seiner Favoritenrolle gerecht und verlässt die Eifel nicht nur als strahlender Sieger, sondern auch als erster WM-Leader des Jahres. Die von vielen erwartete und befürchtete Spazierfahrt zur Krone, wird es allerdings wohl nicht. Wieder einmal wäre für Tyrrell mehr drin gewesen, als das was am Ende dabei heraussprang. Und trotzdem reichte es zu den Plätzen zwei und vier, und damit zum besten Gesamtergebnis der noch jungen Teamgeschichte. Und das auf einer Strecke, die noch im vergangenen Jahr nicht unbedingt zum Spezialgebiet der Traditionsmannschaft gehörte. Aufgerückt sind die Friesen auf jeden Fall. Und auch Ralf Bohnert ließ sich erst im zweiten Stint vom Spitzenduo abschütteln. Wenn sich dieser Trend in den kommenden Rennen fortsetzt, steht der formel1-liga.de ein heißer Ritt bevor. Und das nicht nur ganz vorne. Das Mittelfeld ist in der Winterpause augenscheinlich noch dichter zusammengerückt. Kleinigkeiten können den Unterschied ausmachen im Kampf um die Plätze fünf bis 15. Dazu tragen auch die Comebacker um Thomas Walter, Andreas Frommherz und Petar Hristov bei. Nicht ausgeschlossen, dass auch die ein oder andere Überraschung nach vorne gelingen kann. Und hinten sammeln die hungrigen jungen Wilden gerade die Erfahrung, die es braucht, um selbst ein Wörtchen mitreden zu können, im Kampf um die Punkte. Hat das Rennen vielleicht nicht ganz gehalten, was es versprochen hat, die Saison wird es.

Rennergebnis, WM-Stand und Live-Stream

 

Der WM-Stand ist hier zu finden

Falls ihr das Rennen verpasst habt könnt ihr den Stream, kommentiert von Michael Merkers und Julian Kopp hier nochmals angucken: