Rennbericht: Spieler und Bohnert besteigen den Olymp

Spielerische Pole

Bereits im Qualifying wurde deutlich, wer an diesem Abend an der Spitze das Sagen haben sollte. Der Williams von Thomas Spieler wirkte wie auf Schienen und so sicherte sich Spieler in beiden Sessions den 1. Platz und damit die Pole für das folgende Rennen.
Der sonst so harte Konkurrent Ralf Bohnert stand dieses Mal im Schatten des Gegners und erkämpfte sich mit Mühe und erst in letzter Sekunde den 2. Platz. Dass der amtierende Weltmeister definitiv andere Ansprüche haben dürfte, steht wohl außer Frage. Hinter der Spitze fanden sich bereits in der Qualifikation einige Überraschungen, aber auch Enttäuschungen.
Andreas Schulz, der als einer der Top Kandidaten gehandelt worden war, konnte in Q3 wieder nicht das Maximum aus seinem Rennset herausholen und landete so nur auf der 6. Startposition, noch hinter den Überraschungsfahrern Papia (Sauber) und Waxmann (Lotus).
Ein dickes Ausrufezeichen setzte aber vor allem Jürgen Bechtel, der sich das erste Mal 2013 für Q3 qualifizierte und sich direkt den 8. Startplatz sichern konnte. Damit bestätigte Bechtel seinen Aufwärtstrend seit Malaysia und überraschte sowohl die Zuschauer, als auch die Konkurrenz. Auch Liga-Rookie Felix Seidel absolvierte mit seinem HRT wieder eine überzeugende Qualifikation und holte sich den 7. Startplatz neben Jürgen Bechtel. Hinter dieser, in ihrer Konstellation außergewöhnlichen Startreihe, gab es das nächste Ausrufezeichen, denn Rückkehrer Lukas Zamponi konnte zu einem großen Leistungssprung im Vergleich zum Malaysia GP ansetzen und erkämpfte sich mit Rang neun eine zufrieden stellende Ausgangsposition für das Rennen. Damit stand er vor dem zweiten Sauber Piloten Martin Uhlemann, für den die Qualifikation schon andeutete, wie schwer es an diesem Abend für ihn noch werden würde.
So gab es in Q3 einige Überraschungen, welche sich in Q2 zuvor noch in Grenzen hielten. Hier schieden die mittlerweile üblichen Verdächtigen, wie Benjamin Neitzel oder Max Schoner, aus der Qualifikation aus. Die einzige Seltenheit hier war Christian Boll im Mclaren, der als einziger aus noch nicht bekannten Gründen keine Zeit setzte und damit von der 15. Position aus startete.
In letzter Sekunde kam für das Rennen zudem ein weiterer Fahrer hinzu, denn Oliver Reich schaffte es glücklicherweise noch zu joinen und damit durfte auch das komplette Lotus Team letztlich an den Start gehen.

Schubsen, Drängeln, Racen

Im Vergleich zu den bisherigen Rennen, verlief der Start relativ glimpflich. Bis auf ein paar kleine Berührungen schafften es zwar alle Fahrer durch die erste und zweite Kurve, Turn 3 wurde dann jedoch zur Hürde und so flog der vom letzten Platz gestartete Oliver Reich ab, konnte das Auto jedoch vor einem Mauerkuss bewahren und so dass Rennen normal Fortsetzen. Im Hauptfeld gab es indessen einiges an Gedränge und Geschiebe und so kam was kommen musste. In einer unübersichtlichen Situation in Kurve neun zwischen Neitzel, Gert Wickom und Uhlemann, drehte sich letzterer, während Neitzels Force India seinen Frontflügel verlor. Beide fielen noch hinter Reich auf die letzten Ränge zurück.An der Spitze hatte Tomas Spieler indessen seinen 1. Platz verteidigen können und fuhr sofort eine kleine Lücke von knapp zwei Sekunden zu Weltmeister Bohnert heraus. Dem folgte Andreas Frommherz, der ebenfalls seinen 3. Platz hatte verteidigen können.
Hinter den drei Podiumsplätzen, hatte sich die Reihenfolge jedoch stark verändert. Andreas Schulz bewies direkt Alonsoartige Fähigkeiten und fuhr von sechs auf Platz vier nach vorne. Hinter ihm reihten sich sofort der Italiener Papia und Scuderia Fahrer Jürgen Bechtel ein, welche sich auch gleich ein wenig vom Rest des Feldes absetzen konnten. Alle drei profitierten von den schlechten Starts Felix Seidels und Heiko Waxmanns, welche nach der ersten Runde nur noch auf den Positionen neun und zehn, hinter Lukas Zamponi und Max Schoner zu finden waren.
Ein weiterer Gewinner des Starts war definitiv auch Chrompfeil Pilot Christian Boll der sich von fünfzehn auf zwölf nach vorne gekämpft hatte.
In der Folgezeit kam es dann zu einer Aufteilung des Feldes. Während Spieler sich immer weiter von der Konkurrenz absetzen konnte, blieben die Andreas-Namensvetter wie immer dicht beieinander, ohne jedoch gegenseitig zu attackieren. Hinter den Top-4 fuhren Papia und Bechtel ihr eigenes Rennen und konnten sich vom umkämpften Mittelfeld absetzen. Denn ab Position sieben um Lukas Zamponi, entbrannte ein harter Fight zwischen fünf Fahrern, die sich gegenseitig keinen Zentimeter Asphalt gönnten.

Das Mittelfeld als Alleinunterhalter

Wie begehrt die letzten Punkteplätze doch sind wurde in diesem Pulk deutlich. Gerade zwischen Max Schoner (P8) und Felix Seidel (P9) kam es zu einigen sehr harten Szenen, da Schoner mit wirklich allen Mitteln seine Position zu verteidigen versuchte. Das führte dann teilweise auch zu einem Seidel auf Abwegen, da Schoner den HRT Fahrer auf der Geraden zu weit nach außen drängte, sodass Seidel auf die Grasfläche ausweichen musste.Irgendwann hatte dann auch der Neuling genug und packte in Kurve 11 die Brechstange aus, was ihm sofort zum Verhängnis wurde und die schlechte Kurvenlinie ihm zuerst den Platz gegen Christian Boll kostete, welcher zuvor an Waxmann vorbei gegangen war, und dann noch eine weitere Position gegen selbigen, wobei es hier in der Folge mehrere Platzwechsel zwischen den drei Fahrern geben sollte.
Auch auf den Plätzen davor gab es kaum Zeit zum durchatmen, denn Schoner attackierte nun Caterham Fahrer Zamponi, welcher sich dann letztlich in Kurve 3 wegdrehte und beinahe noch mit dem nachfolgenden Heiko Waxmann kollidiert wäre.
Solche Fehler waren es auch, die das Mittelfeld dann mit der Zeit etwas entlasteten. Nachdem Christian Boll mit einem tollen Manöver an Max Schoner vorbeiging und damit eigentlich freie Fahrt gehabt hätte, drehte sich Boll in Turn eins und verlor damit wieder viele, der bis dahin gewonnen Plätze.
Jeden der darauf folgenden Platzwechsel im Mittelfeld zu benennen, würde jedoch den Rahmen eines Rennberichts sprengen und so bleibt nur zu sagen, dass Heiko Waxmann, sich in der Folge den 7. Platz sichern und damit den Verfolgern etwas enteilen konnte, während Boll nach seinem Boxenstopp dem vor ihm fahrenden Zamponi auffuhr. Die Konsequenz für Boll war der Verlust des Frontspoilers und damit das Abstellen seines Autos. Damit war der Mclaren Fahrer der erste Ausfall an jenem Freitagabend. Die ab Runde zwölf kommenden Boxenstopps zogen in der Folgezeit zudem das Feld etwas auseinander, wobei das Rennen dennoch nicht an Brisanz abnahm.

Kein Stint zum durchatmen

Nach der ersten Boxenserie wurde deutlich, wer der große Gewinner der Zwischenfälle und Kleinreparaturen bei den meisten Mittelfeldfahrern war. Denn Oliver Reich, noch vom letzten Platz gestartet und mit einem Dreher zu Beginn des Rennens, war auf einmal schon auf dem 9. Rang, vor Max Schoner im Toro Rosso zu finden.
Nachdem in den ersten 15 Runden das Mittelfeld für die Unterhaltung sorgte, übernahm nun die Spitze das Entertainment. Ferrari Pilot Bohnert drehte sich völlig unbedrängt in der kniffligen Kurve zehn und verlor vorerst seine Plätze gegen die Andreas-Namensvetter. Doch wie aufs Stichwort kam es auch bei Andreas Frommherz zu Fehlern, der erst durch einen Fehler in Turn 11 den Platz gegen Schulz verlor und in der anschließenden Kurve 13 mit einem Dreher auch die Position gegen Ralf Bohnert wieder zurücktauschte, welcher nun auf die Jagd nach Andreas Schulz ging.
Diese Verfolgungsjagd wurde vorerst jedoch nur durch mittelmäßigen Erfolg gekrönt, denn Bohnert fuhr dem Williamspiloten bis auf eine halbe Sekunde ans Heck, wirklich attackieren konnte der Weltmeister dabei jedoch nicht und so begann vor der 2. Boxenserie das große Taktieren bei Ralf Bohnert, wobei ihm entweder die Möglichkeit blieb, gleichzeitig mit seinem Konkurrenten zum Stopp zu kommen, oder eine Runde früher zum Service zu gehen um dann mit einer schnellen Runde an Schulz vorbeizuziehen. Bohnert entschied sich für letzteres und diese Taktik wurde belohnt. Der eine Runde später kommende Schulz verließ die Box zwei Sekunden hinter Bohnert und reihte sich so wieder auf Rang drei ein, mit großem Abstand zum Namensvetter Frommherz.
Im hinteren Bereich des Feldes hatte sich die Situation indessen wieder etwas verschärft. Stefano Papia, der auf einer 3-Stopp Strategie unterwegs war, kam nach seinem zweiten Zwischenhalt genau in die ohnehin nicht große Lücke zwischen Heiko Waxmann und Felix Seidel und sorgte somit für neuen Zündstoff.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten machten sich Papias neue Reifen dennoch bemerkbar und so zog jener von Seidels HRT weg, ran an den schwarzen Boliden von Heiko Waxmann. Dieser entledigte sich jedoch dieses Zweikampfes dann in Form seines 2. Boxenstopps.
Nachdem auch Jürgen Bechtel zum Service gekommen war, bahnte sich das nächste Duell im Vorderfeld an, denn Waxmann hatte in Riesenschritten aufgeholt und war nur noch knappe 5 Sekunden hinter dem Ferrari Piloten.
Dass Waxmann den besseren Speed aufwies, zeigte sich auf Anhieb und so flog dieser an Bechtel heran und ging auch ohne größere Probleme an ihm vorbei auf den 5. Platz.
In dieser Zeit hatte Saubermann Papia seinen letzten und 3. Boxenstopp absolviert und war genau hinter den anderen beiden aus der Box gekommen. Durch die frischen Reifen begünstigst, kam nun auch der Italiener immer näher an den Ferrari Piloten heran und so sollte es kurz vor Schluss doch noch zu einem großen Drama kommen.

Die Kirsche auf der Sahne

Auf der Gegengerade vor der letzten Kurve erwischte Papia den Bremspunkt nicht optimal und wollte gleichzeitig in allerletzter Sekunde in die sich ihm bietende Lücke stechen. Die Konsequenz war ein harter Auffahrunfall auf Bechtel, der zu seinem Glück jedoch keinen sichtbaren Schaden davontrug, während der Sauber Pilot den Frontflügel verlor. Aber damit war die Szene noch nicht vorbei. Aus bisher ungeklärten Gründen erwischte Papia mit voller Wucht die linke Boxenmauer und kreiselte anschließend im Höllentempo über die Start/Zielgerade. Dabei traf er noch ganz leicht Jürgen Bechtel, dessen Auto nun nach den zwei Kontakten mehr als nur krumm wirkte. So hatte Bechtel einen großen Kraftakt zu verrichten, denn mit seinem angeschlagenen Boliden musste er nun den sechsten Platz vor dem heranfliegenden Seidel ins Ziel retten, bei noch knapp fünf zu fahrenden Runden.
An der Spitze sorgten indessen die Williams noch einmal für Zündstoff. Andreas Schulz attackierte den Weltmeister Bohnert und versuchte sich mit allen Mitteln den zweiten Platz zu holen. Indessen hatte der an der Spitze fahrende Spieler mit Benzinproblemen zu kämpfen, die unter anderem auch einen Dreher zwei Runden vor dem Ende zur Folge hatten und den Abstand auf Bohnert und Schulz von 17 auf zwei Sekunden schmelzen ließen. Diesen rettete der WM Führende dennoch ins Ziel, genau wie Bohnert seinen zweiten Platz als er in Fotofinish Manier mit Schulz über die Ziellinie kam. Damit zeigt sich das Podium in gleicher Konstellation wie schon in Malaysia und bestätigt weiter die Regelmäßigkeiten im Vorderfeld der Liga. Andreas Frommherz, der nach dem 1. Stint ein sehr Langweiliges Rennen erlebte, fuhr einen Zufriedenstellenden 4. Platz vor den beiden positiven Überraschungen des Tages ein. Heiko Waxmann und Jürgen Bechtel, die kaum einer auf den Plätzen fünf und sechs erwartet hätte, dürften in dieser Nacht ganz besonders gut geschlafen oder gefeiert haben.
Dahinter holte der Rookie Seidel weitere wichtige Punktezähler, vor einem starken Oliver Reich, der ohne Qualifying und Warm Up vom letzten Platz ins kalte Wasser sprang und sich beachtlich auf den 8. Platz schlagen konnte. Mit Lotus ist in dieser Saison damit weiter im Kampf um den 5. Platz in der Konstrukteurs-WM zu rechnen. Die letzten beiden Punkteplätze gingen schließlich an Max Schoner und an Lukas Zamponi. Damit holte der Österreicher seinen ersten Zähler nach seinem Comeback und dürfte, genau wie Schoner sehr zufrieden gewesen sein.

Ganz und gar nicht zufrieden zeigte sich in der anschließenden Pressekonferenz der Weltmeister, der stark mit seinem Speed haderte, da er die Zeiten des Mittagstrainings nicht einmal im Ansatz abrufen konnte und so dieses Mal keine Attacke auf Spieler möglich war.
Damit wird der WM Kampf in beiden Bereichen mehr und mehr zur Formsache. Bei den Fahrern führt der Österreicher, das Feld spielerisch mit satten 46 Punkten an und scheint für Ralf Bohnert kaum einholbar. Auch in der Team-WM sieht es nicht gut aus für die Williams Konkurrenz, so hat sich der britische Rennstall nun mehr mit 81 Punkten vor Mclaren abgesetzt und spielt damit in einer ganz eigenen Liga.
Dennoch bleibt es spannend in der Formel1-Liga.de, denn so langweilig es an der Spitze ist, desto spannender ist es direkt dahinter und so steigt schon jetzt wieder die Vorfreude auf den Großen Preis von Spanien, der am übernächsten Freitagabend stattfinden wird. Bis dahin heißt es nun leider warten.