Rennbericht Monaco: Eine Klasse für sich

Mit seinem dritten Sieg in Folge übernahm Tobias Stolp zum ersten mal in diesem Jahr die Führung in der Gesamtwertung. Im Fürstentum hatte die versammelte Konkurrenz dem Titelverteidiger nicht das Geringste entgegenzusetzen. Stolp fuhr die schnellsten Rundenzeiten, hatte den geringsten Reifenverschleiß und machte dazu auch noch die wenigsten Fehler. Zu allem Überfluss begleiteten nach 59 Runden im Fürstentum weder Mario Söllner noch Kai Engelsiepen den Sieger in die Fürstenloge. Stattdessen feierte McLaren-Pilot Rolando Tejeda nach mehr als acht Monaten seine Rückkehr auf das Podium, während Tyrrell-Pilot Tobias Zunker im 13. Anlauf seinen ersten Pokal mit nach Hause nehmen durfte.

Es gibt wohl kaum einen Ort in der Königsklasse der die Geister so sehr scheidet, wie das kleine, steinreiche Fürstentum an der französischen Mittelmeerküste. Da sind die einen, die sagen, in Monaco, da werden Helden geboren, im großen, wie im tragischen, Mythen begründet und Geschichten geschrieben, wie sie nur der Rennsport schreibt. Monaco war, Monaco ist und Monaco werde sein, Monaco sei für die Formel 1 so wichtig wie Ferrari, weil es genau so glamourös ist und gleichzeitig erfrischend anders, als alles wo moderne Formel 1-Fahrzeuge unterwegs sind. Und dann gibt es die anderen, die nämlich, die der Meinung sind, Monaco sei nicht mehr zeitgemäß, heute wo das Rennen vom Kommandostand gesteuert wird, an keiner Stelle überholt werden kann und selbst einbrechende Reifen die Chance des Hinterherfahrenden kaum erhöhen an seinem Vordermann vorbei zu gehen. Ein Problem, das exponentiell mit der wachsenden Fahrzeuggröße zugenommen hat. Nein, aufregende Rennen hatte der mit 3,377 Kilometern kürzeste Kurs im Rennkalender seit Jahren nicht mehr hervorgebracht. Monaco lebt mehr von der Ungewissheit, von der Spannung, ob es den Piloten gelingt, dem Leitplankengeschlängel von der ersten bis zur letzten Runde vollständig auszuweichen. Denn die Gefahr lauert an jeder Ecke.

Der 5. Lauf zur formel1-liga.de Meisterschaft in der Saison 2021 lieferte am Ende beiden Seiten gute Argumente. Dabei hatte es in der Qualifikation zunächst einmal so gar nicht danach ausgesehen. Mit Stolp und Söllner in der ersten, Engelsiepen und Tobias Zunker in der zweiten Startreihe nahmen die üblichen Verdächtigen in vorhersehbarer Reihenfolge die vorderen Startpositionen ein. Lars Zunker teilte sich die dritte Reihe mit Rolando Tejeda. Die größte Überraschung war Ralf Bohnert, der nach seiner ebenso überraschenden Pole-Position in Barcelona, zum ersten mal in diesem Jahr den Einzug ins Q2 verpasste und die 59 Runden von Startplatz 13 in Angriff nehmen musste. Auf einer Strecke, auf der die Startposition noch wichtiger als anderswo ist, war das Rennen des AlphaTauri damit von Vornherein auf Schadensbegrenzung getrimmt. „Erst war der Spoiler ab, als ich nicht durch Loews gekommen bin, dann stand einmal ToZ im Weg, dann Daniel und dann habe ich noch selbst einen Fehler gemacht.“, suchte Bohnert nach Erklärungen, „Monaco halt“, sprang ihm Haas-Pilot Bastian Kupke zur Seite, der als elfter ebenfalls knapp an der Hürde für das zweite Qualifikationssegment scheiterte und mit dem Verkehr haderte. Zwischen den beiden qualifizierte sich mit Daniel Böhme ebenfalls ein Fahrer, der sich mehr ausgerechnet hatte, aber im entscheidenden Moment über den Tyrrell von Lars Zunker stolperte, als der mit seinem Gaspedal kämpfte, „das hat mich das Quali gekostet“. Max Schoner im RedBull vervollständigte die siebte Reihe mit Bohnert, noch vor Stefano Papia im Mercedes und Jörn Dreier im Alfa Romeo.

Der zweiten Qualifikationssession drückte Tobias Stolp von Anfang an seinen Stempel auf. Schon sein erster Versuch hätte gereicht, um den blauen Alpine in die erste Startreihe zu stellen. Seine Runde in 1:06,279 sollte im weiteren Verlauf nur noch von Mario Söllner geschlagen werden. Doch auch der 30-Jährige Hochheimer hatte noch ein paar Pfeile im Köcher. Mit seinem zweiten Versuch setzte er die Bestzeit der Session und legte zwei weitere Runden nach, die ebenfalls für Pole gereicht hätten. Ganz zufrieden zeigte sich der Champion damit indes nicht: „Auf meine beste Runde haben mir drei Zehntel gefehlt, da kommt man schon ins Zittern“. Aber auch Söllner schaffte es nicht, seine bisher gezeigten Zeiten auf der weichsten Reifenmischung zu bestätigen. Um 15 Hundertstel musste er sich letztlich seinem Hauptrivalen um den Titel geschlagen geben. Und während Tobias Zunker sogar 5 Zehntel auf seine Bestzeit einbüßte, aktivierte Kai Engelsiepen den Pit-Limiter anstelle des Heckflügels. „Das waren drei Zehntel“, bedauerte der Ferrari-Pilot, der selbstkritisch mit seinen Qualifying-Ergebnissen umgeht: „Da häufen sich im Moment die Fehler, da muss ich dran arbeiten“. Der ältere Zunker-Bruder erholte sich wenigstens von seiner Qualifying-Niederlage in Barcelona gegen den Teamkollegen. Doch während Tobias seine beste Runde schon im ersten Versuch setzte, war Bruder Lars gezwungen, sich zu steigern. Der Tyrrell-Pilot verbesserte sich im zweiten Run um vier Zehntel und sicherte sich so Rang 5 neben Rolando Tejeda im McLaren, der auf eine alternative Herangehensweise im Qualifying setzte und gleich drei Runden am Stück drehte. Christian Boll qualifizierte seinen Ferrari neben Christian Wickom im Mercedes, dem die achtschnellste Zeit gelang. Am Ende nahm Wickom das Rennen jedoch von Startplatz zehn auf. Nach Ablauf der Session war der Blitz eingeschlagen und schmiss den Mercedes-Piloten vom Server. Das Regelwerk sieht auch in Fällen von unverschuldeten Disconnects während der Qualifikationseinheit vor, dass man an das jeweilige Ende des Teilnehmerfeldes gesetzt wird. Eine richtige, wenn auch diskutable Regelauslegung, denn 92 Sekunden nach Ablauf der Uhr konnte keiner der Piloten noch auf einer Runde sein, die für eine Verbesserung hätte sorgen können. Von der Strafversetzung des Silberpfeils profitierten Johann Asanger im Aston Martin, der sich für einen Rennstart auf den Mediums entschieden hatte, und Ludwig Conrads im RedBull, der wie schon in den Rennen zuvor sogar die weichsten Reifen aufziehen ließ, um sich ein Ticket für das Abschlusstraining zu sichern.

Nicht nur für Monte Carlo-Verhältnisse ging der Rennstart ziemlich gesittet über die Bühne. Die ersten sieben blieben in ihrer Position unverändert auf die 59 Runden lange Reise durchs Fürstentum. Lediglich Ludwig Conrads nutzte seinen Vorteil auf der weichsten Reifenmischung gegenüber Asanger auf Medium und beendete die erste Runde als achter. Im hinteren Feld griff Stefano Papia vor Mirabeau nach Max Schoner. Der wurde durch den Bremspunkt des vor ihm einscherenden Mercedes vor Loews indes so überrascht, dass er einen Zusammenstoß mit dem heißblütigen Italiener nicht vermeiden konnte. Leidtragender Nummer eins, war aber jemand anders. Jörn Dreier nämlich. Der Berliner in Diensten von Alfa Romeo fuhr seinerseits auf den abrupt zum stehen kommenden RedBull auf und gab als erster der 16 Teilnehmer seinen Frontflügel ab. Doch für die beiden Routiniers vor ihm sollte es nicht die letzte Berührung in Runde 1 bleiben. Ausgelöst durch einen durchs Schwimmbad schlitternden Alpha Tauri mit Ralf Bohnert im Cockpit verlor der Italiener in Mercedes-Diensten für einen Augenblick seinen Rhythmus, was Max Schoner zum Rückangriff in der Rascasse einlud.

Wie zu Schumachers Zeiten: Papia und Schoner verkeilen sich in Rascasse

Dem Österreicher ging auf der Innenbahn jedoch der Platz zum einlenken aus und weil auch Papia nicht nachgeben wollte, parkten schließlich beide an der Michael Schumacher-Gedächtnisstätte. Während Papia durch die Aktion „lediglich“ 25 Sekunden auf Ralf Bohnert einbüßte, wurde für Max Schoner der Besuch bei der Crew fällig. Er folgte dem Feld im Anschluss als letzter, denn er verlor seinen Frontflügel just in dem Moment, in dem er die Boxeneinfahrt bereits passiert hatte. So war der RedBull-Pilot gezwungen, sein havariertes Fahrzeug noch eine weitere Runde durch die engen Gassen der Stadt zu schleppen. Nach neun Runden war der Dienstabend des Goldies im Feld beendet, was für den Österreicher nach dem starken Auftritt in Barcelona sicherlich einen Dämpfer bedeutet.

Vorne unterdessen nahm die im Vorfeld befürchtete Prozession ihren Lauf. Anders als bei den bisherigen Rennen des Jahres schienen die ersten fünf überhaupt gar kein Interesse daran zu haben, einander allzu dicht zu folgen. Stolp fuhr recht konstante Rundenzeiten im Bereich von 1:08,8, Söllner ging das mit, hielt aber stets eine bis 1,5 Sekunden Abstand zum Führenden, weitere zwei Sekunden dahinter folgte Engelsiepen dem Führungsduo mit dem selben Vorsprung auf Tobias Zunker. Eine weitere Sekunde dahinter verspürte Lars Zunker als einziger Pilot so etwas wie Druck von Rolando Tejeda, während Christian Boll Zehntelchen für Zehntelchen den Anschluss an die beiden verlor und sich etwa drei Sekunden hinter den beiden Kampfhähnen auf Platz sieben einnistete. Dahinter hielt auch Ludwig Conrads ganz gut Schritt, doch bei RedBull scheint eine besonders charismatische Verbindung zwischen den Fahrzeugen und ihren Fahrern zu bestehen. Das Leid des einen – ist auch das Leid des anderen, und nicht zum ersten mal in der Saison trübte sich die Ausgangssituation beider RedBull Piloten beinahe zeitgleich aber unabhängig voneinander ein. Während Max Schoner nämlich aus seinem Fahrzeug kletterte, tauchte Conrads seine Nase den Bruchteil einer Sekunde zu früh in die Hafenschikane ein und erlitt Flügelbruch. Der fällige Reparaturstopp warf Conrads hinter Bohnert auf die 13. Position zurück.

Ab Runde 8 verlor auch Engelsiepen den Anschluss an die beiden Führenden, was an den Abständen hinter ihm jedoch wenig bis gar nichts veränderte. Stattdessen blickte diese Gruppe von da an gespannt auf das Treiben einer unterhaltsamen Kampfgruppe um Johann Asanger, Christian Wickom, Bastian Kupke und Daniel Böhme, die sich nach einem Dreher des Haas-Piloten bei der Jagd auf den Medium-bereiften Aston Martin bildete. Mit seinem Stopp in Runde 17 zwang der Teamkollege des WM-Leaders eine Runde später auch Christian Wickom in die Box, während Böhme sich schon in der Runde zuvor seines Frontflügels entledigt und den Anschluss an die drei anderen verloren hatte, und Bastian Kupke sich am Overcut probierte.

Heißes Duell: Asanger und Kupke bekämpfen sich über zwei Drittel der Distanz

Die dabei entstandene Lücke nutzte in der 21. Runde schließlich Tobias Zunker zu seinem ersten Stopp, bei dem er Mediums aufzog. Rolando Tejeda folgte dem Tyrrell zwei Runden später an die Box, ehe auch Lars Zunker in der Runde darauf zum Service abbog. Und für beide hatte sich der Undercut gelohnt. Der ältere Zunker-Bruder vergrößerte seinen Vorsprung auf Tejeda auf drei Sekunden, Tejeda wiederrum gewann sogar eine Position gegenüber Lars Zunker. Die schnellen Zeiten nach den Boxenstopp riefen schließlich auch Kai Engelsiepen auf den Plan, dessen dritte Position langsam in Gefahr geriet, nach seinem Stopp in Runde 26 jedoch um eine knappe Sekunde vor dem Tyrrell auf die Strecke zurückkehrte. Wer sich zu diesem Zeitpunkt noch Hoffnungen darauf machte, dass zumindest über die Strategie das Rennen um den Sieg belebt werden könnte, musste in der 25. Runde einen herben Dämpfer einstecken. Schlagartig verlor der WM-Leader mehrere Sekunden auf den Spitzenreiter und steuerte mit einem Vorsprung von sechs Sekunden auf Engelsiepen seine Box an. Doch nach dem Stopp lösten sich beide Fahrzeuge fast zeitgleich von ihrem Boxenplatz. Der Vorsprung des Franken auf Engelsiepen war auf eine Sekunde zusammengedampft. Vorne hatte Tobias Stolp damit nichts mehr weiter zu erledigen, als kontrolliert weiter seine Runden zu drehen und abzuwarten bis sich der Zug von Söllner bis Lars Zunker seinem Boxenstoppfenster näherte. Allein, das tat er nie und so konnte der Alpine-Pilot seinen Stopp exakt so lange hinauszögern, bis er sicher sein konnte, dass der aufzuziehende Medium-Reifen die Restdistanz überstehen wird. Spätestens jetzt genoß der Hochheimer einen relativ entspannten Abend. Wer die schnellsten Rundenzeiten fahren kann, diese zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk Runde um Runde abrufen kann, und dabei einen Stopp weniger braucht als die Konkurrenz, ist in Monaco einfach nicht zu schlagen. Bis ins Ziel sollte Stolp seinen Vorsprung sogar noch auf 50 Sekunden ausbauen, und überhaupt, nur fünf Piloten beendeten das Rennen in der Führungsrunde. Man kann sich nur dem Anschließen was Kai Engelsiepen voller Bewunderung sagt: „Was Tobias seit Barcelona wieder abliefert ist einfach unnormal stark.“

Doch während vorne die Messe nach einem guten Drittel der Renndistanz gelesen war, erwachte in der 29. Runde das Rennen um Platz zwei mit einem Knall und wie aus dem Nichts zum Leben. Denn plötzlich rollte ausgangs des Casinos  der Aston Martin von Mario Söllner aus und verlor die Position gegen Engelsiepen. In Mirabeau schlüpfte auch Tobias Zunker durch und vor Loews machte Tejeda kurzen Prozess mit Agent 007. Erst auf der Zufahrt zum Tunnel schienen die Probleme am Aston Martin halbwegs behoben zu sein und die Mission Schadensbegrenzung begann. Engelsiepen machte sich mit der geerbten Positon im Gepäck unmittelbar auf die Flucht vor Tobias Zunker, der mit seinem älteren Reifen immer noch eine Undercut-Gefahr für den Ferrari beim zweiten Stopp war. Als Zunker aber in Runde 36 zur Box abbog, war der Weltmeister des Jahres 2014 schon um rund drei Sekunden entkommen. Und Rolando Tejeda fand sich erstmals in diesem Rennen auf einer Podiumsplatzierung wieder. Bevor man bei Ferrari überhaupt nur darüber nachgedacht hatte, einen möglichen Undercut durch Tyrrell abzuwehren, zwang man den zweiten Tyrrell durch einen vorgezogenen Boxenstopp von Christian Boll an die Box. Mit diesem zweiten Stopp bei Tyrrell schien Engelsiepen den zweiten Platz sicher zu haben. Aber Monte Carlo ist eine launische Diva. Denn als Engelsiepen nach Runde 44 ziemlich bequem vor Tobias Zunker auf die Strecke zurückkehrte, war sein Schicksal bereits besiegelt. Der Ferrari-Pilot kassierte eine Durchfahrtsstrafe für Pit-Lane-Speeding. Aber auch wenn die Positionen gegen Tejeda und die Zunker-Brüder verloren gingen, bleib er zumindest vor Mario Söllner. Denn das Rennen hatte mit dem Sieger der ersten beiden Saisonläufe noch etwas vor. Wieder am Casino verlor der Aston-Martin-Pilot die Kontrolle über sein Fahrzeug und diesesmal ließ sich auch der Einschlag nicht verhindern, inklusive Frontflügelverlust. Es war zum verrückt werden, aber nicht die letzte Wende. Während alle Welt darauf wartete, dass endlich auch Rolando Tejeda  seinen dritten Reifensatz abholte, hatte Monaco den Zuschauern noch etwas zu erzählen: Und die Geschichte war tiefrot. Erst verlor Boll knapp vor seinem Teamkollegen im Hafen die Kontrolle über seinen Ferrari und verkeilte sich so unglücklich an der schnellsten Stelle der Strecke, dass ihm keine andere Wahl blieb als aus Sicherheitsgründen das Fahrzeug abzustellen.

Ferrari-Drama: Boll verliert das Auto, Engelsiepen tut es ihm eine Runde später gleich

Und nur eine Runde später erwischte es auch Kai Engelsiepen auf der Jagd nach den Zunker-Brüdern. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen konnte der WM-Dritte seine Fahrt zwar fortsetzen, doch die schnellste Rennrunde nach dem fälligen Reparaturstopp dürfte ein schwacher Trost gewesen sein, rutschte durch das Ferrari-Missgeschick doch ausgerechnet Mario Söllner um zwei Positionen nach vorne. Söllner atmete durch: „Das nach dem Rennverlauf überhaupt noch Zählbares herausgesprungen ist, muss mich zufrieden stellen. Zwischendurch habe ich ans abstellen gedacht.“

Währenddessen dürfte auch dem letzten Beobachter gedämmert haben, dass Tejeda es mit einem Stopp durchziehen wollte. Er hatte schlicht und ergreifend das Boxenstoppfenster gegen die Tyrrell verpasst und suchte sein Heil in der besonderen Streckencharakteristik des Klassikers. Runde um Runde schlossen die Zunker-Brüder in immer größeren Schritten die Lücke zum McLaren-Piloten, von einstmals knapp 20 Sekunden blieb drei Runden vor dem Ende weniger als eine übrig. Doch Tejeda verstand es, seinen McLaren bis ins Ziel an den entscheidenden Stellen breit zu machen, auch wenn ihm auf völlig abgefahrenen Medium-Reifen Meter um Meter die Luft zum atmen ausging. In der letzten Runde verpasste Tejeda den Bremspunkt vor Mirabeau, doch Tobias Zunker im Diffusor des McLaren tat es ihm gleich. In der Konfusion wäre beinahe noch Lars Zunker am Bruder vorbei aufs Podest geschlüpft. Aber zwei Ideen hatte der ältere Tyrrell-Bruder noch um Tejeda den zweiten Platz streitig zu machen. Und nach der Hafenschikane wäre es auch fast passiert. Gerade noch so konnte Tejeda seinen querstehenden McLaren abfangen und um die links rechts prügeln, auch wenn ihm das eine Menge Schwung gekostet hatte. Doch Zunker verschluckte sich am taumelnden McLaren und verlor seinerseits Vortrieb. Aufgegeben hatte er das Rennen um Platz zwei zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Im Schwimmbad blieb er am McLaren dran und versuchte sich in Rascasse für ein letztes Beschleunigungsduell auf Start-Ziel an Tejeda heranzubremsen. Doch der bewahrte die Ruhe und wehrte die letzte Attacke des Tyrrells mit weniger als zwei Zehntel Vorsprung ab. Lars Zunker nahm zu diesem Zeitpunkt die Beobachterrolle ein und kreuzte die Linie als Vierter, während sich Mario Söllner ebenfalls noch bis auf sieben Sekunden an die Kampfgruppe rund um Tejeda heranrobbte. Stolp hatte derweil seine erste Tasse Tee bereits getrunken und auch Engelsiepen eingeschenkt, der als Sechster mit Rundenrückstand abgewunken wurde.

 

Dahinter im Übrigen, konnte sich Bastian Kupke mit seinem ersten Overcut-Versuch nicht gegen Johann Asanger und Christian Wickom durchsetzen. Im Gegenteil. Fünf Sekunden gingen ihm durch den späteren Boxenstopp verloren. Doch er nutzte seinen Vorteil der frischeren Reifen und führte die Gruppe innerhalb kürzester Zeit wieder zusammen. Dieses mal war es Christian Wickom, der mit dem Undercut Druck auf Asanger und Kupke auszuüben versuchte. Schon in Runde 32 ging der Mercedes-Pilot für einen weiteren Satz harter Reifen an die Box. Und der Undercut hätte voraussichtlich auch funktioniert, hätte Wickom nicht drei Runden später in der zweiten Schwimmbadkurve seinen Frontflügel abgegeben. Für den Mercedes Piloten entwickelte sich fortan ein Rennen, das nahtlos an sein Qualifying-Drama anknüpfte. Nicht nur, dass er durch den zusätzlichen Stopp eine Position gegen Daniel Böhme einbüßte. Auf der Jagd nach dem Alpine gab der Mercedes-Pilot schon in St. Devote ein zweites mal den Spoiler ab. Er schleppte den waidwunden Mercedes mit der Startnummer neun noch eine ganze Runde flügelgestutzt und kassierte dabei auch noch eine Drive-Through, als er ohne ausreichend zu verzögern die Hafenschikane ausgelassen hatte. Ein weiterer Stopp zur Reparatur wurde in Runde 49 fällig und noch einer in Runde 54. Eins muss man dem Husumer zu Gute halten: Aufgeben gibt es in seiner Welt nicht. Während andere ihren Boliden wahrscheinlich längst abgestellt hätten, beendete Wickom den Grand-Prix und brachte als 13. Zumindest drei Punkte mit nach Hause.

Bastian Kupke gelang derweil der zweite Overcut-Versuch gegen seinen Dauerrivalen des Rennes Johann Asanger. Als der nämlich in Runde 40 zu seinem zweiten Stopp an die Box abbog, nutzte Kupke die freie Fahrt und legte mit einer schnellen Inlap den Grundstein für den Triumph gegenüber dem Aston-Martin. Gleichzeitig geriet Asanger auf seiner Outlap in den Verkehr rund um Rolando Tejeda und seinen Teamkollegen und musste mit blauen Flaggen beide im zweiten Sektor passieren lassen. Als Kupke also eine Runde nach dem Aston-Martin zum Service abbog, kehrte er vor dem Österreicher auf die Strecke zurück. Durch den Ausfall von Christian Boll wenige Runden später erbte der Haas-Pilot den siebten Rang und erzielte damit seine bisher beste Saisonplatzierung. Gleiches galt auch für Asanger, der schließlich achter wurde, aber im weiteren Rennverlauf keinen Druck mehr auf Kupke ausüben konnte. Zumindest gelang es ihm aber, Daniel Böhme bis ins Ziel auf Distanz zu halten. Der Regensburger im zweiten Alpine legte nach seinem unfreiwilligen Boxenaufenthalt in Runde 16 ein fehlerfreies, wenn auch einsames Rennen hin, dass ihn nach und nach noch auf Rang neun nach vorne spülte.

Und Bohnert so? Der wurde 10., in dem er sich in der letzten Runde konsequent an Stefano Papia im schwarz getarnten Silberpfeil vorbeiquetschen konnte. So richtig glücklich dürfte das Urgestein der Liga damit nicht gewesen sein, denn zuvor erlebte der Alpha-Tauri-Pilot einen seiner ganz seltenen Abende zum Vergessen. Nicht nur, dass ihm der Speed fehlte, um um die Podiumsplätze mitreden zu können, ihm unterliefen auch taktische Fehler. In Runde 17 wechselte Bohnert bei seinem ersten Boxenstopp ein weiteres mal auf harte Reifen. Als ihm sieben Runden später jenes Missgeschick unterlief, dem viele Piloten in Monte Carlo zum Opfer fielen, hatte er seiner Pflicht zum Wechsel auf zwei unterschiedliche Mischungen damit noch nicht genüge getan. Egal, ob sich Bohnert also für einen weiteren Stint auf hart oder für einen auf weicheren Reifen entschieden hätte, es war klar, dass ein weiterer Stopp anstehen würde. Denn 34. Runden auf dem Medium-Reifen traute man sich im Alpha-Tauri Lager einfach nicht zu. Seinen dritten Stopp unternahm Bohnert also in Runde 46. Er entschied sich für den Medium-Reifen und konnte schließlich in der letzten Runde seinen Reifenvorteil gegenüber Papia ausspielen. Immerhin konnte Papia fünf Punkte auf das Konto von Mercedes einzahlen, mit dem der Abstand zu RedBull in der Teammeisterschaft vergrößert werden konnte. Der österreichische Brausekonzern musste mit den vier Punkten vorlieb, nehmen, die Ludwig Conrads mit seinem 12. Platz erzielte. Alfa Romeo ging zum ersten mal in der neuen Saison leer aus. Zu der eingeschränkten Vorbereitung kam bei Jörn Dreier einfach noch das Rennpech hinzu. Und das ereilte ihn früh. Schon nach der ersten Runde sprach der Berliner unverschuldet bei seiner Crew vor. In der Runde darauf gleich nochmal. Von da an hatte Dreier beinahe durchgehend mit blauen Flaggen zu tun. Immerhin lieferte er sich in der Folge ein sehenswertes Duell mit Max Schoner, bis der seinen RedBull nach neun Runden in St. Devot versenkte und seinen Rennabend beendete. 40 Runden lang hielt Dreier tapfer durch, dann parkte er seinen Boliden an der Box und stellte ab.

Was aus Monaco bleiben wird? Beide Wertungen haben neue Spitzenreiter. Tobias Stolp eroberte mit seinem dritten Sieg in Serie erstmals in diesem Jahr die Spitze der Fahrerwertung und Tyrrell erklomm zum ersten mal überhaupt in der jungen Teamgeschichte den Gipfel der Teamwertung. Doch während Stolp nach drei Siegen in Folge die Meisterschaftszügel recht kontrolliert in Händen zu halten scheint, sitzen die Zunker-Brüder nicht ganz so fest im Sattel. Denn die Siege des Meisters spülen zuverlässig viele Punkte auf das Punktekonto von Alpine, während Daniel Böhme seine Schwächeperiode zu Saisonbeginn langsam hinter sich zu lassen scheint. Der Titelverteidiger des Vorjahres ist damit mittlerweile auf drei Punkte an Tyrrell herangerückt. Zwei Wochen bleiben den Piloten und Teams nun, die Eindrücke aus dem Fürstentum zu verarbeiten und sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Dann stehen mit Baku und Montreal zwei weitere Stadtrundfahrten auf dem Programm. It’s a summer in the city.

Statistiken und den Rennbericht als PDF, inkl. Taktikchecks

Weitere Interessante Statistiken zum Rennen und den Rennbericht findet ihr hier zum Download:

Statistik Monaco (PDF)
Rennbericht Monaco inkl. Taktikcheck (PDF)

Rennergebnis, WM-Stand und Live-Stream

 

Der WM-Stand ist hier zu finden

Falls ihr das Rennen verpasst habt könnt ihr den Stream, kommentiert von Michael Merkers und Julian Kopp hier nochmals angucken: