Rennbericht: Harter Spieler fährt Softies davon

Bohnert als Qualiverderber

Es ist schon beinahe übermenschlich was ein Thomas Spieler zu leisten im Stande ist. Abermals reckte der Williams Pilot als strahlender Sieger den größten der drei Pokale in die Höhe und landete damit vor dem großen Konkurrenten Ralf Bohnert und Mclaren Pilot Andreas Frommherz. Ein Podium was nicht groß überraschend war und es hätte auch ein makelloser Grand Prix für Thomas Spieler werden können, wäre da nicht die Qualifikation gewesen.
Denn hier holte sich zum bereits vierten Mal in dieser Saison der amtierende Weltmeister Ralf Bohnert die Pole Position und damit den besten Startplatz für das folgende Rennen. So musste sich Spieler dem härtesten Konkurrenten wieder einmal in Sachen schnellste Runde geschlagen geben, wird aber mit den bisherigen Qualifikationsleistungen von zwei Poles und vier zweiten Plätzen doch nicht ganz unzufrieden sein. Dahinter sah man lange Zeit nichts, ganze vier Zehntel lagen zwischen dem WM-Führenden und den beiden Andreas Namensvettern, wobei sich hier Williams Pilot zum ersten Mal in dieser Saison im Qualifying gegen den Andreas des Mclaren Teams durchsetzte und damit dafür sorgte, dass beide Autos des britischen Rennstalls unter den Top-3 standen.Des Weiteren überraschte der Sauber Pilot und italienische Matadore Stefano Papia mit einem starken 5. Platz vor Lotus Pilot Heiko Waxmann. Bereits diese Platzierungen bestätigen den momentanen Kampf der beiden Teams um den vierten Platz in der Konstrukteurs-Wertung.
Schon nach Heiko Waxmann stellte jedoch Martin Uhlemann seinen Boliden auf den 7. Rang und gab Sauber so eine hervorragende Ausgangsposition für den Grand Prix.
Auf den hinteren Plätzen sah man indes die üblichen Verdächtigen, wobei Max Schoner im Toro Rosso besonders hervorzuheben war, denn der Österreicher schaffte zum ersten Mal in dieser Saison den Sprung in Q3 und qualifizierte sich auf Rang acht für das Rennen.
Ebenfalls besonders war die Situation bei Christian Boll im Mclaren, welcher durch private Angelegenheiten nicht am Qualifying teilnehmen konnte und somit von ganz hinten starten musste.

Spieler Top, Papia Flop

Thomas Spielers Kampfansage während des Interviews nach der Qualifikation war im Folgenden mehr als verständlich, Spieler wollte an Bohnert beim Start vorbei, um jeden Preis.
Doch bevor das Rennen überhaupt gestartet werden konnte, gab es während der Einführungsrunde den ersten Zwischenfall im Mittelfeld. Dort warf Martin Uhlemann den Sauber auf der Geraden in Montoya-Manier in die Mauer und musste so schon vor Beginn des Rennens in die Box zur Not-OP, gleiches galt auch für Force India Pilot Benjamin Neitzel, welcher ebenfalls zum Service musste.
Als dann endlich die Ampeln geschaltet wurden, setzte Spieler seine Worte direkt in die Tat um, denn der Österreicher kam besser vom Fleck als Bohnert und überholte diesen vor der ersten Kurve auf der Außenbahn. Sofort zog der WM-Führende um einige Sekunden weg und sollte diese Führung bis zum Ende des Rennens nicht mehr abgeben.Dennoch war der Start für Williams bei weitem nicht perfekt gelaufen. Denn der 2. Pilot Andreas Schulz erlebte nach wenigen Metern einen Disconnect und war damit bereits in der 1. Runde ausgeschieden. Welch Deja-vu für den 42-jährigen Berliner, dessen Technik bereits in Ungarn zum Europaauftakt gestreikt hatte.
Einen ebenfalls miserablen Start hatte zudem Stefano Papia, der nach der ersten Kurve direkt von fünf auf neun zurückfiel. Profiteur des Ganzen war unter anderem Rookie Seidel, der vorerst den 4. Platz einnahm. Auch der 2. Lotus Pilot Oliver Reich und der Force India Fahrer Edgar Ostermann erlebten gute erste Meter und sicherten sich erst einmal die Plätze sechs und sieben.
An der Spitze machte sich zudem die verschiedene Reifenwahl bemerkbar, da Frommherz direkt an Weltmeister Bohnert vorbeigehen konnte, welcher im Gegensatz zum Mclaren Piloten auf den härteren Reifen unterwegs war. Gleiches galt auch für Thomas Spieler, dessen harte Gummis ebenfalls einige Runden brauchten um auf Touren zu kommen, so dass Frommherz zumindest ins Heck des WM-Führenden fahren konnte, ohne jedoch überholen zu können.
Auch der 2. Mclaren konnte in den ersten Runden durchaus beeindrucken, denn Christian Boll, ursprünglich vom letzten Platz gestartet, fand sich schnell auf der acht wieder und begann sich auch in der Folge immer weiter nach vorne zu arbeiten. So fiel ihm als nächstes Edgar Ostermann zum Opfer, der sich nicht wirklich wehren konnte bzw. wollte und damit dem Neuenkirchner seinen 7. Rang überließ.
Im vorderen Bereich zeigte sich zudem Seidels Unerfahrenheit, als dieser die schnelle Rechtskurve im 2. Sektor nicht ideal erwischte und durch einen Ausflug ins Gras seinen 4. Platz an Heiko Waxmann verlor. Aber dass auch Erfahrenheit manchmal nichts nützt bestätigte direkt im Anschluss Lotus Pilot Reich, als dieser sich nicht zum letzten Mal in diesem Rennen drehte und auf den 8. Platz zurückfiel.

Reifenkrieg und Sauber Phobie

In den kommenden Runden des 1. Stints sahen die Zuschauer des Livestreams nun ein großflächiges Abwarten mit kleineren Lücken zwischen den einzelnen Positionen. Hier sickerte bereits durch, wie entscheidend das richtige Reifenmanagment an diesem Abend werden sollte.
Das erste Opfer dieses starken Reifenverschleißes wurden in Runde 12 Felix Seidel und sein HRT, als der Neuling als erster im Feld an die Box kommen musste. Damit blieb er für drei bzw. vier Runden der einzige Fahrer der so früh zum Stopp kam und sollte auch im Laufe des Rennens eine sehr ungewöhnliche Strategie anwenden.
Bereits in den dann kommenden Runden merkte man auch unter anderem Andreas Frommherz, der einige Sekunden gegen Ralf Bohnert verlor, und Oliver Reich, in Form eines Drehers, die abbauenden Reifen an. Aber auch die harte Mischung wurde gerade im vorderen Feld gewählt, dazu zählten unter anderem der Italiener Papia und die beiden WM-Führenden Bohnert und Spieler. In Runde 18 rückte dann erneut Neuling Seidel in den Vordergrund, als der HRT Pilot, erneut im Zweikampf mit seinem mittlerweile gewohntem Konkurrenten Schoner, das Auto in der Caixa Kurve verlor und sich wegdrehte. Seidel büßte zwei Ränge ein und dürfte mit einer Menge Wut im Bauch das Rennen fortgesetzt haben.
Eine weitere Geschichte für sich wurde in der 2. Rennhälfte das Duell Edgar Ostermann gegen das Sauber Team. Zuerst war Ostermann bemüht sich gegen den bis dahin glücklosen Martin Uhlemann durchzusetzen, nachdem aber sein erster Überholversuch neben der Strecke endete, setzte Ostermann kurz darauf wieder zum Manöver an, welches er dieses Mal erfolgreich bestritt und direkt wegziehen konnte. Dafür lieferte der gerade aus der Box kommende Papia genug Stoff für die nächsten Runden. Denn dieser schluckte zuerst den achten Oliver Reich und griff sofort nach dem Force India Fahrer. Ostermann sah das Weiße Unheil im Rückspiegel, konnte jedoch nicht auf dessen Tempo reagieren. So kam es zum ersten Angriff Papias, welcher sich aber sofort in Luft auflöste, da dieser die Bremse doch etwas sehr überschätzt hatte und statt in die Kurve, gerade aus in die Auslaufzone fuhr.
Das zweite Manöver ging dann gut für den schwäbischen Italiener, wobei Ostermann nicht gewillt war den Platz so einfach herzugeben. Beim Konterversuch drehte er den Sauber um und verlor selber einen Platz gegen den lachenden dritten Oliver Reich. Der Lotus Pilot konnte sich aber nicht lange auf diesem 6. Platz halten und musste beide Gegner wieder ziehen lassen.
So kam es zum 3. Manöver in der Auflage Papia gegen Ostermann, wobei Ostermann sein hartes Vorgehen beim Dreher erkannt hatte und den Sauber kampflos ziehen ließ.Damit endete für dieses Rennen die Story Ostermann und Sauber. Wir warten natürlich gespannt auf eine Fortsetzung in Monte Carlo.
Hinter den beiden verfiel Oliver Reich indessen in alte Verhaltensweisen und leistete sich erneut einen Dreher.

Schwarz gegen Chrom im letzten Stint

Nach der 2. Boxenserie, bei welcher es wieder keine nennenswerten Verschiebungen gab, stand der letzte Stint ganz im Zeichen des Duells Waxmann gegen Boll im Kampf um den 4. Platz. Bereits ab Runde 34 stand dieser Fight im absoluten Mittelpunkt, aufgrund dessen, dass sich das Feld ansonsten in kleineren Lücken bewegte. Beim ersten Überholversuch von Christian Boll brachten es beide Piloten fertig, Seite an Seite durch vier Kurven zu rauschen, nur um dann vorerst wieder ihre alten Positionen einzunehmen. Als nächstes setzte Boll auf der Start- und Zielgeraden an, welche an diesem Abend die beste Überholmöglichkeit bot und schob sich eiskalt am Lotus Fahrer vorbei. Waxmann gab nach, blieb jedoch auf Schlagdistanz und sollte sich nur für eine heiße Schlussphase die Kraft bewahren.
In dieser griff Waxmann wieder an und nutzte die zuvor geschonten Reifen um Boll vor der Caixa zu attackieren. Ein gelungenes Manöver, bei dem beide Fahrer sich genug Platz ließen. Doch der Mclaren Pilot wollte den 4. Platz nicht so einfach herschenken und blieb im Heck Waxmanns. Dieser brauchte für die letzte Runde starke Nerven. Boll schöpfte alle Überholgelegenheiten und kam so mehrmals in den Kurven neben Waxmann. Dieser hatte aber offensichtlich die bessere Beschleunigung und rettete den 4. Platz vor Boll ins Ziel. Ein starkes Duell, das Kommentatoren und Zuschauer gleichsam in den letzten Runden auf Trapp hielt.

Triumph über Triumph

An der Spitze war das Rennen ziemlich eintönig verlaufen. Spieler fuhr auf harten Reifen einen souveränen Sieg ein und baute damit seinen WM Vorsprung auf Weltmeister Bohnert weiter aus. Dieser landete ebenfalls auf der härteren Mischung direkt auf dem 2. Platz vor dem 2. Mclaren Fahrer Andreas Frommherz. Einen großen Tag erwischte auch Edgar Ostermann, der zwar hinter Sauber Pilot Papia ins Ziel kam, aber mit dem 7. Platz dennoch zufrieden war. Dahinter sicherten sich Seidel, Schoner und doch noch Martin Uhlemann die letzten Punkteränge. Ärgerlich dürfte das Rennergebnis für Oliver Reich gewesen sein, der letztlich durch seine drei Renndreher nur 11. wurde und damit Blech holte.
Mit diesem Resultat wird der Kampf an der Spitze immer mehr zum Scheinkrieg, denn die vorderen Ränge liegen doch nun in der Fahrer WM etwas deutlicher auseinander. Dennoch bleibt der Kampf im Mittelfeld spannend, gerade durch die Kampfansage des Lotus Teams in Form von Heiko Waxmann an die Sauber Piloten wird dieses Teamduell die weiteren Rennen noch mehr elektrisieren.

In knapp einer Woche geht es für die Formel1-liga.de dann zu DEM Prestigerennen jeder Saison. Monte Carlo wartet und wird den Zuschauern wieder sicherlich einen sehr unterhaltsamen Grand Prix bieten.