Rennbericht Barcelona: Druck und Gegendruck

Der Konter ist gelungen. Nachdem Mario Söllner mit seinen Auftaktsiegen mächtig Druck auf Titelverteidiger Tobias Stolp aufbauen konnte, stellt der Alpine-Pilot nach der dominanten Vorstellung vor zwei Wochen in Spanien auf 2:2. Der Punktevorsprung des Vizemeisters ist innerhalb von zwei Rennen von 20 auf 4 Punkte zusammengeschmolzen und auch in der Team-Wertung ist die Dominanz des Aston-Martin-Teams dahingebröckelt, weil auch Engelsiepen Söllner in einem dramatischen Finale schlägt. Bevor Marcel Heidtmann seinen ersten Punkt in der formel1-liga.de bejubeln da, sorgt Ralf Bohnert mit einer Fabelrunde für einen Knalleffekt. Tyrrell dagegen zerbricht unter dem Druck und hadert mit falschen Entscheidungen, von denen Tejeda im McLaren direkt profitiert.

Was hatte sich die formel1-liga.de da nicht alles für Souvenirs ins Handgepäck gepackt, als sie nach den drei Auftaktrennen zur Saison 2021 in Übersee den Rückflug nach Europa antrat. Das enge finish von Melbourne, mit drei Autos innerhalb einer Sekunde. Mit Mario Söllner erstmals seit drei Jahren einen neuen Spitzenreiter in der Fahrermeisterschaft, der mit seinem zweiten Saisonsieg in Bahrain schon Befürchtungen aufkommen ließ, dass es an der Spitze nahtlos so weitergehen würde, wie in den letzten Jahren, nur mit einem anderen Dominator. Dann die Wiederauferstehung des Titelverteidigers Tobias Stolp in China, die die Hoffnung auf einen epischen Titelkampf neu belebt hat. Die Hartnäckigkeit eines Kai Engelsiepen, der immer zur Stelle zu sein scheint, wenn einer der beiden Kontrahenten ganz vorne auch nur ein bisschen nachlässt und so ebenfalls noch den Finger sanft nach oben streckt, wenn es um die Frage geht, wer denn Champion werden soll. Eine Verfolgergruppe mit drei Autos, die jede Schwäche vorne eiskalt ausnutzt und jeden Fehler hart bestraft. Ein Mittelfeld, das Racing bietet, dass Rennfahrerherzen höher schlagen lässt. Große Geschichten, kleine Dramen, disziplinierte Fahrweise, ein Comeback nach Rücktritt und einen Rücktritt vom Comeback. Zehn Teams, die in allen drei Rennen Punkte sammeln konnten und kein einziges, das nur einmal leer ausging. Kurzum, die Jubiläumssaison der formel1-liga.de produziert schon in ihrer Anfangsphase Schlagzeilen, die anderswo ein ganzes Jahr ausreichen.

Und nun also Europa, zurück in die Heimat auf bekanntes Terrain. Der Auftakt der Festspiele auf dem alten Kontinent bildet gleichzeitig den Abschluss des ersten Saisonviertels. Und das auf einer Strecke, die so gut wie jeder Fahrer, der schon einmal ein virtuelles Formel 1 Fahrzeug bewegt hat, wie seine eigene Westentasche kennt. In der realen Formel 1 gilt die Faustregel: Wer hier schnell ist, ist überall schnell. Und irgendwie beschreibt das die Durchschnittlichkeit des Circuit de Catalunya im Hinblick auf den Fahrspaß, die Attraktivität und die Rennaction, die hier regelmäßig (nicht) geboten wird, ganz gut. Und trotzdem hat der Kurs vor den Toren Barcelonas so seine Daseinsberechtigung, ist er doch für Fahrer und Teams ein guter Indikator zur eigenen Standortbestimmung. Wie im echten, so auch im virtuellen Leben, denn auch die formel1-liga.de hat einen großen Teil ihrer Vorbereitungszeit auf dem 4,675 Kilometer langen Kurs verbracht.

Direkt mit Anpfiff der ersten Trainingssitzungen sortierten sich die üblichen Verdächtigen auf den Spitzenplätzen der Zeitentabelle ein. Auffällig aber war, dass die Zeitunterschiede zwischen der Spitzengruppe und dem Verfolgerfeld zusammengeschrumpft zu sein schien. Dies hatte zum einen natürlich damit zu tun, dass der vierte Saisonlauf auf der bisher kürzesten Strecke im Kalender ausgetragen wurde. Zum anderen lag es aber eben auch daran, dass so gut wie alle Piloten im Feld erfahren darin sind, das Auto schnell um das bekannte Layout zu bewegen. Doch darauf sollte es, wie schon in Bahrain und China auch dieses mal nicht alleine ankommen. Der wesentliche Faktor über die Distanz war wieder einmal ein ausgesprochen schonender Umgang mit den Reifen, was automatisch Titelverteidiger Tobias Stolp und WM-Leader Mario Söllner die Favoritenrolle für das Rennen zuspielte. Dahinter schien zunächst wieder einmal Kai Engelsiepen die besten Karten in der Hand zu halten, der noch ein Zehntelchen mehr aus seinem Ferrari quetschen konnte, als die beiden Tyrrell-Piloten Lars und Tobias Zunker, während es für Ralf Bohnert im Alpha Tauri lange Zeit den Anschein machte, das ihm ein harter Renntag bevorstehen würde.

Und dann entschied Bohnert den Kampf um die Pole-Position schon nach rund drei Minuten des zweiten Qualifikationsabschnittes für sich. Dem Alpha Tauri-Piloten gelang gleich im ersten Versuch auf den soft Reifen eine Runde am Rande der Perfektion und die bis dahin absolute Bestzeit auf dem Circuit de Catalunya. Seine Zeit von 1:12,448 sollte bis zum Schluss die Benchmark bleiben, an der sich der Rest der Top 10 die Zähne ausbiss. Julian Kopp in der Kommentatorenkabine ahnte früh:        „ Das ist eine ernstzunehmende Zeit, die der Alpha Tauri da gesetzt hat“. Mario Söllner relativierte: „Zwei Zehntel wären noch gegangen“, und auch Bohnert selbst bestätigte: „Der zweite Run war sogar noch ein bisschen schneller“. Allein, man muss es auch zusammen bringen. Doch während Lars Zunker und Mario Söllner mit ihrem ersten Schuss die Zeit von Bohnert um vier, respektive fünf Zehntel verfehlten, mussten Stolp, Engelsiepen und Tobias Zunker ihre ersten Versuche sogar abbrechen um sich in der Folge an der Zeit zu versuchen. Im zweiten Versuch gelang dann immerhin Engelsiepen die Attacke, er musste sich aber mit 0,117 Sekunden Rückstand zunächst mit Rang 2 begnügen. Tobias Stolp gelang erst im letzten Versuch ein ernsthafter Angriff auf die Pole-Position, dafür gleich im Doppelschlag. Dennoch verfehlte er den besten Startplatz letztlich um 0,036 Sekunden, was ihn aber immerhin noch vor Kai Engelsiepen spülte, dem keine Zeitenverbesserung mehr gelang. Auch Söllner dokumentierte mit zwei Bestzeiten in den Sektoren 1 und 2 seine Ambitionen auf den Spitzenstartplatz, aber im letzten Abschnitt warf er es weg. Startplatz vier für den Spitzenreiter der WM-Wertung, während man im Lager von Alpha Tauri die erste Pole Position seit Monza 2020 bejubelte. Von den beiden Tyrrells konnte indes keiner in den Kampf um die Pole-Position eingreifen. Lars Zunker zeigte sich mit Startplatz fünf halbwegs zufrieden, auch wenn ihm ein knappes Zehntel auf seine Bestzeit fehlte. Tobias Zunker haderte dagegen zuerst mit eigenem Unvermögen und dann mit fehlendem Glück: „Nur die letzte Runde hat halbwegs gepasst und da stand mir dann der Alpine im Weg“. Einen Vorwurf an Daniel Böhme wollte er damit aber nicht verbinden: „Wo soll er denn hin, hinter ihm gehen drei Autos auf schnelle Runden, die vorbei wollen, er kann ja nicht auf der Strecke anhalten“. Der ältere Zunker Bruder hielt Startplatz vier für möglich, stattdessen setzte es die erste Trainingsniederlage gegen seinen Teamkollegen im Jahr 2021. 13 Tausendstel fehlten ihm am Ende um auf 4:0 zu stellen.

Immerhin schafften es die Tyrrell aber, Rolando Tejeda zu distanzieren, dem rund drei Zehntel auf die dritte Startreihe fehlten. Für den McLaren war Platz sieben dennoch der bisher beste Startplatz dieser Saison und der Grundstein für ein starkes Rennergebnis, wie sich später noch zeigen sollte. Entscheidend dafür war aber, dass er Daniel Böhme in zweiten Alpine und vor allem Ludwig Conrads im Red Bull hinter sich halten konnte- Beide hatten sich den Einzug ins Q2 mit der Bürde des weichen Reifens am Start erkauft und wären vor allem in den ersten Runden ernsthafte Gegner für den McLaren gewesen, hätten sie sich vor ihm qualifiziert. Doch letztlich setzte sich Tejeda um 17 Tausendstel gegen Conrads durch, während sich Daniel Böhme die fünfte Startreihe mit Christian Boll im Ferrari teilte.

Christian Wickom als Elfter im ersten Qualifikationsabschnitt ausgeschieden genoß den Vorteil der freien Reifenwahl. Um 0,006 Sekunden setzte er sich gegen den Österreicher Max Schoner durch, der das starke Qualifikationsergebnis für Red Bull abrundete. Jürgen Bechtel im Schwesterauto Alpha Tauri fehlten da schon rund zwei Zehntel. Aber immerhin konnte er Jörn Dreier im Alfa Romeo hinter sich halten, der sich für den 14. Startplatz qualifizierte. Gert Wickom hielt in Barcelona die Flaggen des Williams-Teams alleine hoch und sicherte sich Startplatz 15, vor Marcel Heidtmann im Haas. Stefano Papia musste wegen familiärer Verpflichtungen auf das Qualifying verzichten und bildete als 17. Den Abschluss der Startaufstellung.

Als die fünf Ampeln erloschen, münzte Bohnert seine Pole-Position in die Führung um. Und auch dahinter blieben die Positionen weitgehend unverändert. Lars Zunker scheiterte mit seinem Manöver gegen Mario Söllner, was beiden beinahe die Position gegen Tobias Zunker gekostet hätte, aber in der schnellen rechts den Berg hinauf ging dem Tyrrell der Platz aus. Erst Boll von Startplatz zehn konnte sich vor Daniel Böhme setzen, der sich aber immerhin gegen den Mercedes von Christian Wickom verteidigen konnte. Im hinteren Feld kassierte Stefano Papia zunächst Marcel Heidtmann und im weiteren Verlauf Jörn Dreier, der auch den Platz gegen Gert Wickom zunächst nicht halten konnte. Dennoch war der Vorwärtsdrang des Italieners im Silberpfeil bereits nach rund sieben Kilometern beendet, als er auf der Jagd nach Gert Wickom Ausgang Wurth das Heck verlor und hart in die Wand einschlug. Zwar schaffte es Papia noch zur Reparatur an die Box, doch nach acht Runden war sein Kurzauftritt beendet: „ Es gibt so Tage, da bleibt man besser liegen“, gab Papia zu Protokoll.

Im vorderen Feld begann sich derweil wieder jene Sechser-Kette vom Rest abzulösen, die schon in Bahrain und China das Renngeschehen im ersten Stint weitgehend geprägt hatte. Nur ließen sich die Verfolger, allen voran Rolando Tejeda dieses mal nicht so leicht abschütteln, wie zuletzt. In jener Phase für Tejeda entscheidend war aber, dass er den Angriff von Ludwig Conrads am Ende der ersten Runde abwehren konnte. Denn während Tejeda in der Folge zumindest in Sichtweite zur Spotzengruppe blieb, musste Conrads, mit seinem weichen Reifen auf Schongang angewiesen, letztlich abreißen lassen. Bohnert führte knapp vor Stolp und dahinter folgten in jener Phase jeweils im DRS-Fenster zueinander Engelsiepen, Söllner und die Zunker Brüder. Der Rückstand von Tejeda dahinter betrug etwa 1,2 Sekunden. Letztlich spülte das Rennglück Tejeda wieder in den DRS-Bereich von Zunker. Ausgangspunkt dafür war der Reparaturstopp des Williams von Gert Wickom, der in Runde fünf an denkbar ungünstigster Stelle – ausgangs der Schikane nach Start und Ziel sein komplettes Flügelwerk abwarf und den havarierten Boliden beinahe eine ganze Runde um den Kurs schleppen musste, bis er bei seiner Crew ankam. Bei der Rückkehr auf die Strecke sprengte er den DRS-Zug in der Spitzengruppe, in dem er sich genau zwischen den beiden Zunker-Brüdern wieder einfädelte. Auch hier Verständnis bei Tyrrell: „Da sind „sechs, sieben Autos fast ohen Lücke auf Start- und Ziel einfach zu viele. Und in der Kurve darauf hat Gert ja auch souverän Platz gemacht.“ Trotzdem verlor Tobias Zunker in Runde 7 eben jene drei Zehntel, die er gebraucht hätte um im DRS-Bereich zu bleiben, während Tejeda diese wieder aufholen konnte. Es brauchte fünf Runden bis Zunker den alten Abstand nach vorne wieder herstellen konnte. Begünstig wurde das Aufschließen von Zunker und Tejeda durch den Umstand, das der Kampf um die Plätze in der Spitzengruppe wieder an Fahrt aufgenommen hatte. In Runde 9 versuchte es Stolp ein erstes mal am Alpha Tauri vorbei, in Runde 11 wurde der Versuch dann ambitionierter, wenn ihn das auch beinahe in die Fänge des Ferrari von Engelsiepen gebracht hätte. In Runde 12 war Bohnert schließlich fällig.

Die Pirrellis des Pacemakers und Windschattenspenders hatten dem Fluchtversuch nach vorne und dem Kampf um die Spitzenposition endgültig Tribut gefordert: „Meine Reifen waren einfach schon so am schmieren“. Stolp verkürzte den Abstand auf unter 0,5 Sekunden und ging mit DRS-Unterstützung auf Start-/Ziel vorbei. Innerhalb von zwei Runden fuhr der Titelverteidiger das Urgestein der Liga  aus seinen DRS-Bereich. Von da an fuhr Stolp sein eigenes Rennen und setzte sich Stück für Stück vom Verfolgerfeld ab. Bohnert dagegen blieb im Verteidigungsmodus. Denn nachdem Stolp mit der Führung auf und davon war, schickte sich Engelsiepen an, dem Alpine zu folgen- Auch er scheiterte einmal am WM-Dritten der Vorsaison bis er in Runde 19 Platz zwei übernehmen konnte. Stolp aber war da schon in seiner eigenen Manier Rennen zu fahren um fünf Sekunden enteilt. Und Bohnert drohte weiteres Ungemach, denn gleich nachdem sich auch Engelsiepen  mit Sieben-Meilen-Stiefeln aus dem DRS-Bereich des Alpha Tauri entfernte, versuchte auch Lars Zunker im Tyrrell in den Kampf um die Podestplätze einzugreifen. Der hatte in Runde 13 WM-Spitzenreiter Mario Söllner hinter sich gelassen. Für Söllner eine unangenehme Rennphase: Nicht nur, dass er sich als Einzelkämpfer im Tyrrell Sandwich wiederfand, verlor er virtuell vorübergehend sogar die Führung in der Fahrer-WM an Stolp. Und hinter ihm ließ Tobias Zunker nicht und Rolando Tejeda erst ab Runde 20 abreißen.

Dennoch kam es keineswegs überraschend, das nach 24 Runden Ralf Bohnert der erste war, der die Reißleine zog und seinen harten Reifen in Rente schickte. Der Boxenstopp kam für Bohnert zum perfekten Zeitpunkt. Gerade erst und nur für ihn war die Lücke zum starken Max Schoner groß genug geworden, um nach dem Stopp vor dem RedBull zu bleiben und in eine Lücke von rund zehn Sekunden mit freier Fahrt zu fallen. Und das ausgerechnet in der Runde, die der frühestmögliche Zeitpunkt war um realistisch genügend Reifen für das Rennende zur Verfügung zu haben. Sein Stop zwang Engelsiepen und beide (!) Tyrrell in der Folgerunde zu ihren Crews. „Im Nachhinein wäre es besser gewesen, gleich auf Ralf zu reagieren“, urteilte Tobias Zunker, „dann wäre ich zwar wahrscheinlich hinter Max gefallen, aber das bin ich so auch. Der Doppelstopp war Murks.“

Tatsächlich verbrachte Tobias 3,2 Sekunden länger in der Box als sein Bruder Lars. Rolando Tejeda nahm die Einladung gerne an und lenkte seinen McLaren eine Runde später vor dem Tyrrell wieder auf die Strecke zurück. „Die Position haben wir verschenkt“, bedauerte man bei Tyrrell. Und nicht nur das: Auch die Chance auf den Undercut gegen Söllner ging verloren, der erst drei Runden nach den Tyrrells seine Crew ansteuerte.  Im Kampf um die Positionen konnten sich die beiden nun nicht mehr helfen, weil zwei Autos und fünf Sekunden zwischen ihnen lagen. Für Söllner war Lars Zunker mit den frischeren Reifen leichte Beute und Rolando Tejeda ging in Runde 48 ebenfalls am Viertplatzierten der WM vorbei. Tyrrell hatte sich selbst Schach matt gesetzt und wurde mit dem schwächsten Saisonresultat bestraft. „Dabei ist der Abstand nach vorne eigentlich kleiner geworden. Es sind nur mehr Autos dazwischen“, bedauerte man bei der Traditionsmannschaft. Tejeda belohnte sein starkes Rennen hingegen mit Platz fünf.

Nachdem Bohnert mit seinem Stopp Engelsiepen und die Zunker Brüder an die Box gelockt hatte, entschied sich Mario Söllner, seinen Aston Martin auf der Strecke zu halten. Das kostete zwar einerseits wertvolle Zeit und im schlimmsten Fall sogar eine Position, garantierte ihm aber auf dem Schlusspurt, den er unter Umständen sogar auf soft Reifen hätte in Angriff nehmen können, die besten Reifen. Doch der Undercut war wieder ein wirksames Mittel und so sah sich Söllner in Runde 29 zu früh für den roten Reifen in die Box gezwungen, um vor dem McLaren von Tejeda zurück auf die Strecke zu kommen. Aber dem WM-Leader war es mit seiner Strategie gelungen, die Perlenkette aufzulösen, die sich im ersten Abschnitt noch gegenseitig abgeschirmt hatte. Der Aston Martin Pilot konnte so im Kampf um die Positionen vorne seinen vollen Speed entfalten. Lars Zunker, war chancenlos, Ralf Bohnert wehrte sich nur kurz, aber Engelsiepen war nicht mehr zu überwinden, auch und vor allem deshalb weil dem WM-Spitzenreiter ein wenig die Traktion am Ausgang der letzten Schikane  fehlte. Ein winziges Zehntel rettete Engelsiepen also letztlich über die Ziellinie, als nach 50 Runden die Flagge fiel. Erstmals in diesem Jahr nahm er damit Söllner zumindest ein paar Zähler seines Vorsprungs ab. So liegt der Aston Martin Pilot nur noch 14 Punkte vor dem Drittplatzierten der aktuellen Wertung. Engelsiepens Finger darf also oben bleiben, wenn es darum geht Ansprüche auf den Titel anzumelden. Stolp verkürzte seinen Rückstand sogar auf vier Punkte und dreht mit dem zweiten ungefährdeten Sieg in Folge vielleicht sogar das Momentum zu seinen Gunsten. Jedenfalls dürfte der Hochheimer Spanien zufrieden verlassen haben.

Und zufrieden durften letztlich auch die beiden RedBulls mit ihrem Rennergebnis sein. Auch wenn Ludwig Conrads mit seiner Strategie Rolando Tejeda nicht in die Spitzengruppe folgen konnte, gelang ihm nach der Pleite von China mit Platz neun die geeignete Antwort. Auf den weicheren Reifen schaffte er es bis zu seinem Boxenstop in Runde 22 Christian Boll hinter sich zu halten. Und auch wenn er am Ende den Ferrari Piloten um eine knappe Sekunde verfehlte, reichte es mit Platz neun zur bislang besten Platzierung der Saison. Mit dem ebenfalls starken zehnten Platz von Max Schoner war RedBull damit das dritte Team neben Ferrari und Tyrrell, das beide Autos in die Top 10 brachte. Der Punktestand auf dem Teamkonto verdoppelte sich so in einem Rennen und spülte den Rennstall an Haas vorbei in Schlagdistanz zu Mercedes, das mit den fünf Punkten für Platz elf für Christian Wickom vorlieb nehmen musste. Wickom kam damit dort an, wo er losgefahren war. Es wäre aber kein Wickom-Rennen gewesen, wenn es ereignislos geblieben wäre. Vor allem die 20. Runde dürfte dem Nordlicht der Liga mit einigen abenteuerlichen Momenten unangenehm im Gedächtnis bleiben, als es ihn zunächst an der selben Stelle wie zuvor seinen Teamkollegen aushebelte, bevor er einen fulminanten Dreher ausgangs der letzten Schikane aufs Parkett zauberte. Alles in allem büßte der Mercedes-Pilot in dieser Runde 15 Sekunden ein, die ihn hinter Jörn Dreier und Max Schoner zurückwarfen. Max Schoner sollte er am Ende um 6 Sekunden verfehlen, Dreier dagegen holte er sich beim Boxenstopp zurück.  Dreier wurde 13. und ließ damit zumindest Jürgen Bechtel hinter sich. „Das ist wieder nicht so berühmt“, bedauerte der Berliner, „aber zumindest Spaß hat es gemacht.“ Schon der in der Qualifikation musste der Alfa-Romeo Pilot gegenüber der Konkurrenz Federn lassen und der Start tat sein übriges: „Aber Step und Gert haben sich direkt vor mir verabschiedet“, so dass Dreier recht früh im Tableau kletterte. In Runde 24 lag er zwischenzeitlich sogar kurz auf Platz 10. Aber die Reifenstrategie war relativ auf Kante genäht, wie Dreier ausführte, und das machte ihn in der letzten Runde anfällig für den frischer bereiften Zweistopper Daniel Böhme, der in der letzten Runde den Vorteil des weichen Reifen auf Start- und Ziel mit DRS kombinierte und Dreier so keine Chance ließ. Mit Platz 12 ist der Alpine-Pilot zwar noch ein wenig von den gewohnten Resultaten entfernt, aufgeatmet haben wird er nach dem schwierigen Saisonstart aber trotzdem ob der ersten Zähler der noch jungen Saison. Und Grund zum Feiern hatte man auch im Haas-Lager, auch wenn in Abwesenheit von Bastian Kupke die Position gegen RedBull verloren ging. Denn Marcel Heidtmann konnte in seinem erst dritten Rennen in der formel1-liga.de erstmals anschreiben. Gerade weil der Speed noch nicht ganz da ist, zählen Rennen wie in Barcelona mit einem etwas ausgedünnten Fahrerfeld noch einmal stärker als anderswo. Und wenn es dann mal etwas aufzusammeln gibt, dann muss man auch zur Stelle sein. Das hat Marcel Heidtmann geschafft, auch wenn der Williams von Gert Wickom nach seinem Malheur in Runde fünf zwischenzeitlich die Lücke zum Haas-Piloten wieder schließen konnte. Doch der unausweichliche zweite Boxenstopp brachte den Williams-Piloten um alle Chancen auf den letzten Zähler, auch wenn er bis ins Ziel wieder in Sichtweite zum Haas kam. Zwischen Heidtmann und Dreier kam Jürgen Bechtel über die Linie. Der Alpha Tauri Pilot haderte schon am Mittwoch: „Mit Punkten wird es an diesem Wochenende schwierig“, immerhin zwei sollten es am Ende aber werden. In der Anfangsphase heftete sich der Routinier an die Fersen von Max Schoner und Daniel Böhme, die vor ihm um die Positionen kämpften. Doch als Schoner sich des Alpines entledigt hatte und zügig aus dessen DRS-Fenster verschwand und Böhme zum ersten seiner beiden Boxenstopps abbog, verlor Bechtel ein wenig den Anschluss nach vorne. Er musste sich in der Folge nach hinten orientieren um die Position gegen Jörn Dreier zu verteidigen, bis in Runde 18 Gert Wickoms Versuch sich zurück zu runden missglückte und den Alpha Tauri zum zweiten mal in Folge nach China zum unglücklichen Opfer einer Kollision machte, die ihn in einen Dreher zwang. Von da an war es ein einsames Rennen für Bechtel, der nach hinten genug Abstand hatte, nach vorne aber keine Akzente mehr setzen konnte.

Nach vier Rennen liegen also gerade einmal vier winzige Pünktchen zwischen dem Titelverteidiger und seinem Herausforderer. Und Kai Engelsiepen, mit 14 Punkten Rückstand auf jeden Fall in Schlagdistanz, wartet nur darauf, von möglichen Fehlern der beiden Führenden zu profitieren. Die Team-Meisterschaft ist sogar noch enger gefächert. Ferrari konnte auch dank des unauffälligen aber grundsoliden achten Platzes von Christian Boll die Spitze übernehmen, doch dahinter folgen mit Aston-Martin, Tyrrell und Alpine gleich drei Teams die mit einem Rückstand von maximal 10 Punkten auf die Führenden jederzeit das Heft in die Hand nehmen könnten. Die formel1-liga.de geht nun auf Städtetour: Mit Monte Carlo und Montreal stehen gleich zwei Klassiker des Rennsportzirkus auf dem Programm. Dazwischen wartet mit Baku der High-Speed-Tempel der Innenstädte auf die Piloten, bevor mit dem nächsten Klassiker in Silverstone die erste Saisonhälfte ihren Abschluss findet. Gerade in den Städten wird sich zeigen, ob das Kräfteverhältnis durcheinander gewirbelt werden wird. Denn jeder Fehler wird dort noch einmal härter bestraft als anderswo. Bleibt das Feld nach den nächsten vier Rennen aber zusammen, wird die zweite Jahreshälfte ein Kracher. Versprochen. Nach seinen zwei Siegen aus China und Spanien, hat es Stolp nun wieder in der Hand, das Titelrennen zu seinen Gunsten zu drehen. Jetzt ist es wieder an Söllner Gegendruck aufzubauen. Oder schmeißt sogar Engelsiepen seinen Hut in den Ring? Druck an allen Enden.

Statistiken und den Rennbericht als PDF, inkl. Taktikchecks

Weitere Interessante Statistiken zum Rennen und den Rennbericht findet ihr hier zum Download:

Statistik Barcelona 1 (PDF)
Statistik Barcelona 2 (PDF)
Rennbericht Bahrain inkl. Taktikcheck (PDF)

Rennergebnis, WM-Stand und Live-Stream

Der WM-Stand ist hier zu finden

Falls ihr das Rennen verpasst habt könnt ihr den Stream, kommentiert von Michael Merkers und Julian Kopp hier nochmals angucken: