Rennbericht Baku: schwarz-weiße Nacht bleibt aus
Und diese Absage hatte ausnahmsweise nichts mit Corona zu tun. Tyrrell hatte sich nach dem Ergebnis von Monaco und einer bärenstarken Vorbereitung heimlich, still und leise in die Rolle des Top-Favoriten für den Großen Preis von Aserbaidschan gebracht und untermauerte diese Rolle mit einer beeindruckenden Doppel-Pole. Als nach 38 Runden in den Straßen Bakus aber der Vorhang fiel, jubelte zum vierten mal in Folge Tobias Stolp. Katzenjammer wollte im Tyrrell-Lager trotz der verlorenen Führung in der Konstrukteurs-WM dennoch nicht aufkommen. Denn die unmittelbare Konkurrenz um Kai Engelsiepen und Mario Söllner erlebte einen noch bittereren Abend als das heißeste Eisen im Tyrrell-Feuer. Einzig Ralf Bohnert hatte nach seinem ersten Podium der neuen Saison Grund zur Freude, in dessen Schatten Bastian Kupke das beste Ergebnis seiner formel1-liga.de Laufbahn erzielte.y
Es gibt ein paar Strecken im Kalender, da treten die üblichen Gesetzmäßigkeiten einer Rennserie zumindest vorübergehend, aber nahezu automatisch außer Kraft. Es sind persönliche Vorlieben der Fahrer, oder der Kniff im Setup, der für die Schlüsselstelle der Strecke einen entscheidenden Vorteil bringen kann, oder als einziger die richtige Strategieoption zu erkennen, und dann einen Abend zu erwischen, an dem alles zu 100 % passt. Einige Strecken sind für solche Momente prädestiniert. Andere weniger. Aber besonders häufig treten Unterschiede in den Stärken von Fahrern zu tage, wenn es von der permanenten Rennstrecke in die Stadt geht.
Fünf Rennen hatte die formel1-liga.de in der Saison 2021 bereits eingetütet. Erst zwei verschiedene Sieger konnte sie dabei feiern und mit dem wiedererstarkten Tobias Stolp als Leader und dem Vizemeister Mario Söllner – zum ersten mal in diesem Jahr in der Rolle des Jägers – sowie Kai Engelsiepen in Lauerstellung dahinter, hatten bislang drei Fahrer zwölf der 15 bisher möglichen Pokale mit nach Hause gebracht. Und auch wenn Söllner und Engelsiepen in Monaco erstmals der Siegerehrung ferngeblieben waren, konnte man dies vor allem mit den Umständen erklären, die dazu geführt haben. Söllner zum Beispiel erlitt auf Platz zwei liegend Hardware-Probleme und fiel weit zurück, Engelsiepen kostete eine Durchfahrtstrafe die sichere Podestplatzierung. Noch vor einem Jahr hätten solche kleine Malheurs vielleicht zum Verlust von ein bis zwei Positionen geführt, in diesem Jahr sind es aber eben jene Fehler die hart und auf einer Strecke wie Monaco noch härter bestraft werden. Auch Stolp konnte bereits ein Lied davon singen. In Bahrain, beim zweiten Saisonrennen, war es die falsche Reifenwahl beim Boxenstopp, die aus einem dritten, einen sechsten Platz machte. Aber die drei da vorne, sind vor allem deshalb da vorne, weil sie in Summe die wenigsten Fehler machen. Und so sprach unter normalen Umständen alles dafür, dass die drei Meisterschaftsanwärter auch in den Straßen Bakus das Rennen unter sich ausmachen würden und für die Verfolger dahinter, Bohnert, die Zunker-Brüder und dem Überraschungszweiten von Monaco, Rolando Tejeda nur etwas abfallen würde, wenn ganz vorne etwas passiert. Zunächst lief es in den Trainingssitzungen auch in etwa darauf hinaus. Söllner setzte die Benchmark, Ralf Bohnert zeigte sich gegenüber Monaco stark formverbessert und bewegte sich etwa auf dem Niveau von Engelsiepen und Stolp. Für ein erstes Stirnrunzeln sorgten die Zeiten von Bastian Kupke im Haas, dem zwar einige Zehntel fehlten, seine Runden aber stets mit ganz vollen Tanks drehte.
Und dann rollten die Tyrrells aus der Garage. Beflügelt vom besten Saisonergebnis in Monaco und mit dem Rückenwind der erstmaligen Führung in der Team-Meisterschaft setzten Lars und Tobias Zunker ihre schwarz-weiß lackierten Traditionsrenner an die Spitze des Zeitenklassements. Und es schien, als wären beide Fahrer in der Lage, mit der Konkurrenz zu spielen. Schlugen die anderen ihre Zeiten, setzten die Tyrrells noch einen drauf. Konterten die anderen erneut, gingen ihnen die Bremsen ein. Kurzum, Tyrrell wirkte schnell, konstant und zuverlässig. Und als sie am Freitag-Vormittag die Hotlap-Zeiten der Konkurrenz um drei Zehntel unterboten, schien klar zu sein, Baku wird eine schwarz-weiße Nacht erleben. „Das sieht nach Doppelsieg für Tyrrell aus“, schnaufte Bohnert kurz vor Beginn der Qualifikation durch. Und Tyrrell konnte die Form aus den Trainings im Qualifying konservieren. Im ersten Abschnitt des Zeittrainings setzte sich Lars Zunker an die Spitze des Klassements. Auf harten Reifen. Sowohl Tobias Stolp, als auch Söllner und der zweite Tyrrell entschieden sich, das Rennen auf dem Medium-Reifen anzugehen. Nur Kai Engelsiepen und Ralf Bohnert folgten dem Beispiel des jüngeren Zunker-Bruders und zogen für den Einzug ins Q2 den weiß-umrandeten C2 auf. Und zumindest Bohnert gelang es zunächst, die Zeiten der Tyrrell mitzugehen. Abschütteln ließen sich aber auch die üblichen Qualifikationsfavoriten nicht. Engelsiepen auf Platz sechs fehlten zwei Zehntel zur Bestzeit, Tejeda unmittelbar dahinter lag schon drei Zehntel zurück. Der McLaren-Pilot hatte Medium-Reifen aufgezogen, genau wie Bastian Kupke, der seinen starken Trainingseindruck mit seinem ersten Einzug ins Q2-Segment untermauern konnte. Wie fast schon gewohnt, sicherte sich Daniel Böhme den Einzug ins Q2 mit den weichen Reifen und befand sich damit in Gesellschaft von Johann Asanger, der die 38 Runden von Baku ebenfalls auf den rot-umrandeten Pneus aufnehmen musste. Böhme und Asanger setzten sich knapp gegen Christian Boll und Stefano Papia durch. Trotz des um zwei Stufen härteren Reifens fehlten dem Ferrari-Piloten nur 15 Tausendstel für das Ticket zu Q2. Und auch Papia, weich bereift wie Böhme und Asanger, verfehlte die Top 10 um weniger als einen Wimpernschlag. Jürgen Bechtel sicherte sich für Alpha-Tauri Startplatz 13 und ließ damit Max Schoner und Jörn Dreier hinter sich. Auch wenn dem RedBull-Piloten die bessere Zeit gelang, startete er hinter dem Alfa-Romeo, denn Schoner hatte für die Kollision mit Papia in Monaco eine Strafversetzung kassiert. So blieb dem Österreicher die letzte Startreihe, die er sich mit Christian Wickom teilte, der ebenfalls auf Grund einer Strafe aus dem Fürstentum gar nicht erst am Qualifikationstraining teilnehmen durfte.
Auf einer Strecke mit mehr als sechs Kilometern Länge und Rundenzeiten von knapp 1:40 bleiben den Top-10 in einer 12-Minütigen Qualifikation nicht viele Versuche ihre Zeiten zu setzen. Idealerweise gelingt eine erster vorsichtiger Versuch um sich in eine gute Ausgangslage für den zweiten zu bringen. Jetzt aber spürten die Tyrrell-Piloten den Druck der Favoritenrolle kurzzeitig. Während Tobias Zunker in der Altstadt rund sechs Zehntel liegen ließ, warf Bruder Lars seine Runde sogar ganz weg. Immerhin konnte der 32-Jährige Zeteler seine Runde so abbrechen, dass ihm noch ausreichend Zeit für zwei weitere Versuche blieb. Bruder Tobias beendete dagegen seinen ersten Versuch und legte eine Zeit vor, die nur für die siebte Startposition gereicht hätte, während sich Engelsiepen zunächst gegen Bohnert durchsetzte und Söllner und Stolp in die provisorische zweite Reihe verwies. Der zweite Versuch gelang beiden Tyrrells deutlich besser. Zunächst verdrängte Lars Zunker den Ferrari von Platz eins und rund 30 Sekunden später sicherte sich Bruder Tobias vorläufig die Pole-Position. Kurz vor Ablauf der Uhr quetschte sich Weltmeister Stolp zwar noch in das Tyrrell-Sandwich, aber der Sieger des letztjährigen Österreich-Rennens hatte noch einen Pfeil im Köcher. In 1:35,322 überquerte Lars Zunker im letzten Versuch die Linie und verwies damit Bruder Tobias um 0,097 Sekunden auf den zweiten Startplatz. Engelsiepen und Bohnert, die sich nicht mehr verbessern konnten, erreichten die Plätze vier und fünf, vor Söllner, dem damit ein schwieriger Rennabend blühte. Tejeda sicherte sich wieder einmal Startplatz sieben und erhielt dort Gesellschaft von Bastian Kupke, der seinen Haas auf der achten Position qualifizierte. Daniel Böhme setzte sich gegen Johann Asanger durch und nahm die neunte Position ein.
Für Tyrrell konnte die Ausgangslage kaum besser sein. Zum ersten mal seit Daniel Böhme und Tobias Stolp beim Großen Preis von Spanien 2018 nahmen wieder zwei Autos aus dem selben Rennstall ein Rennen aus der ersten Reihe in Angriff.
Doch nach noch nicht einmal 500 Metern erlitt die Tyrrellsche Euphorie ihren ersten kleinen Dämpfer. Lars Zunker löste sich auf seinen harten Reifen gut aus dem Startblock, Bruder Tobias kam trotz der um eine Stufe weicheren Reifenmischung schleppender auf Tempo. Dennoch verteidigte das Tyrrell-Duo die Führung bis zur ersten Kurve. Aber der Pole-Setter unterschätzte die Wirkung der ausgekühlten Reifen und rutschte über die Ideallinie hinaus neben die Strecke, wo der zweite Tyrrell beide Hände voll zu tun hatte, mit Engelsiepen und Stolp. Durch seine Rückkehr auf die Strecke zwang der Pole-Setter seinen Bruder auf die Innenbahn vor Kurve 2 und machte die Linie eng. „Lars hat mir genügend Platz gelassen, aber gegen den Teamkollegen halte ich da nicht so rein.“, schildert der ältere Zunker-Brduer die Situation. „Wir müssen endlich lernen, uns nicht bei jeder Gelegenheit im Weg zu stehen“, machte Tobias dennoch deutlich. Denn auch wenn Lars Zunker seine Führung auf den harten Reifen behaupten konnte, verhungerte Tobias auf der Zufahrt zu Kurve 3. Beim Versuch den verlorenen Schwung zumindest teilweise zu retten, trat der Dritte des Monaco-Rennens etwas zu ambitioniert auf das Gaspedal und legte einen fulminanten Quersteher hin. „Klar mein Fehler, da hab ich mich nervös machen lassen.“ Engelsiepen antizipierte die Probleme des Tyrrell schneller als der WM-Führende Stolp und ging an beiden vorbei. Doch auch Stolp gewann das Beschleunigungsduell gegen den flügellahmen Tyrrell und behauptete zumindest die dritte Position.
Weiter hinten im Feld machten Christian Wickom und Max Schoner zumindest einen Teil ihrer Strafversetzungen schon auf den ersten Metern wieder wett. Sowohl der Mercedes, als auch der RedBull schluckten in den ersten beiden Kurven den Alfa Romeo von Jörn Dreier, sowie Jürgen Bechtel im zweiten Alpha-Tauri. Beinahe hätte sich Schoner auch noch Stefano Papia geschnappt, der mit einem harten Bremsmanöver eine kleine Kollision zwischen Christian Wickom und Jörn Dreier auslöste. Trotz eines kurzen Kontakts mit der Streckenbegrenzung brach bei Wickom aber nicht der Rhythmus, so dass sich der Husumer in Runde 2 auch gegen Schoner durchsetzen konnte.
Mit dem Ende der ersten Runde schien sich das Feld gerade im vorderen Bereich zunächst sortiert zu haben. Lars Zunker führte vor Kai Engelsiepen und Tobias Stolp, Tobias Zunker lag auf der vierten Position vor Ralf Bohnert, Mario Söllner und Rolando Tejeda. Doch während der zweite Tyrrell zu seinem Vordermann schon leicht abreißen lassen musste, gab sich Bohnert mit seiner Zuschauerrolle nicht zufrieden. Ihm gelang es, sich im DRS-Bereich des Tyrrells zu behaupten und hatte einen Logenplatz, als sich die Hoffnungen des Traditionsrennstalls auf eine doppelte Podestplatzierung an der Streckenbegrenzung in Luft auflösten. Für einige Zentimeter zu früh lenkte Zunker vor Ablauf der dritten Runde im Rechtsknick zu früh ein und touchierte die Streckenbegrenzung. Von dort schleuderte es den Tyrrell auch auf der anderen Seite in die Bande, was sowohl die Aufhängung beschädigte als auch den Frontflügel kostete. Der fällige Reparaturstopp warf den 34-Jährigen Friesen ans Ende des Feldes zurück, ganze 20 Sekunden hinter Jörn Dreier und Jürgen Bechtel. Zumindest die ganz große schwarz-weiße Nacht war damit schon abgesagt. Es hätte aber noch eine große werden können, denn Lars Zunker baute an der Spitze seinen Vorsprung auf Engelsiepen Zehntel für Zehntel aus, während der allerdings Tobias Stolp nicht wirklich aus seinem Diffusor bekam. Bohnert konnte das Tempo ganz vorne hingegen nicht mitgehen. Das Zurückfallen von Bohnert war aber keinesfalls auf fehlenden Grundspeed zurückzuführen. Stattdessen erwies sich ab der fünften Runde der Medium-Reifen als die bessere Wahl für den ersten Rennabschnitt. Ein Muster, dass sich durch das gesamte Feld zog. Innerhalb von einer Runde schloss der Medium-bereifte Alpine des Weltmeisters Tobias Stolp die Lücke von mehr als einer Sekunde zu Engelsiepen und ging bei erster Gelegenheit komfortabel am Ferrari vorbei, um die Jagd auf Zunker an der Spitze zu eröffnen. Nur bei Mario Söllner wollte der Medium-Reifen zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht zünden. Dafür aber ließen sich Rolando Tejeda und Bastian Kupke nicht abschütteln und suchten ihrerseits den Weg vorbei am Aston Martin. In Runde neun erlitt Söllner dann das Schicksal von Tobias Zunker. Eingangs der Schlusspassage stieg der Sieger der ersten beiden Saisonläufe für einen Moment zu früh aufs Gas und drehte sich in die Streckenbegrenzung. Das kostete nicht nur die Position gegen Tejeda und Kupke, sondern auch noch den Frontflügel. Zu allem Überfluss wurde er auf dem Weg zum Reparaturstopp auch noch von der knapp hinter ihm liegenden Kampfgruppe rund um Daniel Böhme, Christian Boll und Stefano Papia aufgeatmet. Boll traf den Aston-Martin dabei zum schlechtesten Zeitpunkt direkt in der links-rechts Kombination vor dem DRS-Messpunkt. Nicht nur, dass der Ferrari dadurch den Anschluss an Daniel Böhme verlor, erhielt auch noch der Mercedes des Italieners Papia eine Steilvorlage für einen Angriff auf Engelsiepens Teamkollegen. Eine unglückliche Situation, die dem Vizeweltmeister nach dem Rennen noch eine Zeitstrafe von 10 Sekunden einbringen und eine weitere Position kosten sollte. Und für Aston Martin sollte das Ende der neunten Runde sogar noch schlimmer kommen. Denn Söllners Teamkollege Johann Asanger hatte ganz offensichtlich genug von seinen soft-Reifen und wollte diese just in dem Moment ablegen, als Söllner die Aston-Martin-Crew beanspruchte. Der Österreicher musste warten bis das Fahrzeug mit der Nummer 7 abgefertigt war. Innerhalb der zwei Kilometer langen Geraden fielen damit beide Agenten im Dienste Ihrer Majestät von den Positionen fünf und zehn auf die Plätze 14 und 15 zurück. Während Söllner für den langen Schlussabschnitt sein Heil in den soft-Reifen suchte, und die Ziellinie schließlich noch als neunter queren sollte, stellte Asanger seinen Dienstwagen in der 15. Runde enttäuscht ab. Er war damit der zweite Ausfall des Rennens. In der Runde zuvor hatte auch Jörn Dreier seinen Rennabend bereits beendet. Für den Berliner in Diensten Alfa Romeos war es die zweite Nullnummer in Folge. Schon in der sechsten Runde hatte Dreier im Duell mit Jürgen Bechtel unsanften Kontakt mit der Mauer, der einen Reparaturstopp zur Folge hatte. Doch auch danach fand der Berliner nicht wieder in seinen Rhythmus zurück und stellte ab, als er in Runde 14 vor Kurve 3 tief in die Auslaufzone eingetaucht war.
Nach den letzten beiden Rennen drängt sich der Eindruck auf: Stadtkurse scheinen dem Alfa Romeo nicht zu schmecken. Ganz im Gegensatz zu Bastian Kupke. Als Tejeda nämlich erstmals ohne den Windschatten und DRS von Mario Söllner den Schlussabschnitt passierte, fiel der Haas-Pilot über den papaya-orangenen McLaren her und sicherte sich erstmals im laufenden Rennen die fünfte Position. Seine gute Form nach der Rennpause in Barcelona hatte Kupke schon zwei Wochen zuvor beim Klassiker im Fürstentum angedeutet. In Baku gelang es ihm erstmals den Anschluss an die Verfolgergruppe nicht nur herzustellen, sondern darin auch kräftig mitzumischen. Kupke bestätigte im Rennen seine Form aus den Testfahrten und den guten Eindruck aus der Qualifikation. Und wieder einmal blieb er bis ins Ziel fehlerfrei, so dass er sich nach 38 Runden auf den Straßen Bakus einen hochverdienten fünften Platz sichern konnte, auch wenn er nur für vier Runden den McLaren von Rolando Tejeda verteidigte.
Gegen Ende des ersten Stints war der Speed dieses Tandems sogar besser als der von Ralf Bohnert auf den harten Reifen. Trotz des Infights mit zwei internen Positionswechseln gelang es dem Duo, die Lücke zum Alpha Tauri zu schließen, bis der sich in Runde 19 in die Box rettete um den zweiten Rennabschnitt auf der weichsten Reifenmischung in Angriff zu nehmen.
Zu diesem Zeitpunkt war der Dreikampf bereits zu einem Kampf um das Podium geworden. Denn kurz vor Einfahrt in die Altstadt hatte zwei Runden zuvor der bis dahin Drittplatzierte Engelsiepen zuerst sein Heck und dann beim Einschlag in die Bande auch noch seinen Fronstspoiler verloren. Nach dem Resultat von Monaco bereits der zweite herbe Rückschlag für die Ambitionen des Weltmeisters von 2014. Denn quälend lange musste Engelsiepen seinen Ferrrari zu seiner Crew zurück an die Box tragen um den fällig Stopp zu absolvieren. Einziges Glück im Unglück für den Essener: Er konnte einen halbwegs normalen zweiten Stint fahren, da das Boxenstoppfenster ohnehin seine Schatten voraus warf. Trotzdem beraubte ihn das Missgeschick sämtlicher Podiumshoffnungen. Es war nicht der Abend der Favoriten. Denn während es den Verfolgern gelang, sich diszipliniert von den Mauern fern zu halten, fanden sich mit Tobias Zunker, Mario Söllner und Kai Engelsiepen zur Rennhalbzeit drei Fahrer am Ende des Feldes wieder, die sich Hoffnungen auf eine Trophäe gemacht haben dürften. Für Engelsiepen ging es zumindest noch wieder bis auf die sechste Position nach vorne. Das Duell um den Sieg machten fortan aber zwei Piloten unter sich aus, für die der Rennverlauf zu einem Elfmeter ohne Torwart wurde. Denn während sich Stolp ein zehrendes Polster auf die Konkurrenz um Söllner und Engelsiepen herausfahren konnte, würde Lars Zunker mit seinem Ergebnis den Anschluss an eben jene Verfolger auch in der Fahrermeisterschaft wiederherstellen. Doch die Messe um den Sieg war längst noch nicht gelesen. Denn der Trend, der sich nach rund fünf Runden eingestellt hatte, setzte sich über den gesamten ersten Stint fort. Ab Runde 12 begann Tobias Stolp damit, den Abstand zum Führenden Tyrrell-Piloten Schritt für Schritt zu verkürzen. Und ähnlich wie Bohnert in der Runde zuvor im Duell mit Tejeda und Kupke rettete sich Zunker just zu dem Zeitpunkt in die Box, zu dem er den Alpine wohl nicht mehr verteidigen hätte können. Und der Underut zeigte Wirkung. Als Stolp dem Tyrrell eine Runde später selbst zum Service folgte, hatte Zunker so viel Zeit auf den Alpine herausgefahren, dass er vor seinem Widersacher blieb. Im Gegensatz zum ersten Stint bekam der Tyrrell Stolp aber nie wieder aus dem DRS-Bereich heraus. Und im Gegensatz zu Stolp hatte sich Zunker für den 18 Runden dauernden Schlussprint für den Medium entschieden. Was auf anderen Strecken hinten heraus die richtige Wahl gewesen wäre, war hier keine. Zwar konnte sich Zunker noch zehn lange Runden gegen den Alpine wehren, in Runde 32 aber mussten die schwarz-weißen Banner endgültig eingerollt werden und Stolp schmückte den Festsaal. Auf der langen Geraden hatte die Nummer 62 dem blau-weiß-roten Renner nichts mehr entgegenzusetzen und gab die Führung ab. Mit 1,6 Sekunden Vorsprung überquerte Stolp schließlich den Zielstrich. Um mehr als 20 Sekunden hatten die beiden sich mittlerweile vom Drittplatzierten ablösen können. Und das blieb auch nach den Boxenstopps Ralf Bohnert, auch wenn sich Rolando Tejeda im McLaren auch auf gleichen Waffen nicht entscheidend abschütteln ließ. Doch der McLaren-Pilot fand im Schlussssprint keinen Weg mehr vorbei am Alpha Tauri, der mit seinem ersten Podium seit dem Silverstone-Rennen im Vorjahr eine noch um zwei Wochen länger andauernde Durststrecke beendet, wie sie zuvor eben jener Tejeda erlebt hatte.
Mario Söllners Mission Schadensbegrenzung schien ihn bis fünf Umläufe vor dem Ende noch bis auf die siebte Position nach vorne zu tragen. Vier Runden zuvor hatte Söllner sich diesen Platz gegen Christian Boll im Ferrari gesichert. Doch der frühe Wechsel auf den weichen Reifen sollte sich als schwere Bürde erweisen. Im 36. Umlauf konterte der Ferrari-Pilot gegen den Aston Martin und sicherte sich nach dem Großen Preis von China zum zweiten mal im laufenden Wettbewerb die siebte Position in einer für ihn bisher schwierigen Saison. Und eine Runde nach Boll verdrängte auch Tobias Zunker Söllner noch um eine weitere Position. Am Ende wird der Franke froh gewesen sein, als die Flagge endlich fiel. Denn quasi auf dem Zielstrich ging auch Daniel Böhme noch am Aston Martin vorbei. Zu dem Zeitpunkt wusste noch keiner, dass der die Position gegen Söllner ohnehin noch gewinnen würde, so dass der Regensburger mit Platz neun sein Monaco-Resultat bestätigen konnte, während Söllner mit dem 10. Platz vorlieb nehmen musste. Und selbst der wurde noch knapp. Denn Christian Wickom verkürzte im Mercedes den Abstand auf Böhme weiter, auch wenn es keine realistische Aussicht mehr für ihn gab, den Alpine noch auf der Strecke zu überholen. Aber schon mehr als einmal hatte das Nordlicht seinen Kampfgeist gezeigt, und so fehlten nur knappe zwei Zehntel um ein nahezu fehlerfreies Rennen doch noch mit einer Top-10 Platzierung zu krönen.
Aber immerhin ließ er seinen Teamkollegen Papia hinter sich, der als 12. Abgewunken wurde. Beide blieben damit vor Max Schoner im RedBull, der nach einem unauffälligen aber äußerst effektiven ersten Stint vorübergehend sogar bis auf die 7. Position nach vorne gespült wurde. Doch gerade als es so aussah als würde er in Baku ohne Reparatur über die Runden kommen, erwischte es den Österreicher doch noch, und der Service in der vorletzten Rennrunde kostete die Position gegen Papia. Trotzdem sammelte er damit drei wichtige Punkte für RedBull ein, und er festigte seine Position gegen Bechtel in der Fahrermeisterschaft.
Wo wir bei der Meisterschaft sind. Trotz der in Anbetracht der Ausgangslage eher bescheidenen Ausbeute und dem damit verbundenen Verlust der Führung in der Team-Wertung, hielt sich der Frust im Tyrrell-Lager in Grenzen. Die schwarz-weiße Nacht wurde zwar vorerst abgesagt, aber immerhin konnte man mit der Gewissheit aus Baku abreißen, es an guten Tagen sogar mit dem Alpine von Tobias Stolp aufnehmen zu können. Und bei der Konstanz, die Tyrrell im Gesamtergebnis an den Tag legt, braucht es nicht viele solcher Tage, wie den Freitag von Baku, um Alpine auch weiterhin unter Druck setzen zu können. Trotz der verpassten Chance dürfte diese Aussicht dem Team eine recht ruhige Nacht verschafft haben. Eine ruhige Nacht dürfte auch Tobias Stolp verlebt haben. Vor etwas mehr als zwei Wochen fand sich der Dauerchampion der letzten Jahre noch in der ungewohnten Rolle des Jägers wieder, nun nimmt er bereits 29 Punkte Vorsprung mit auf die Reise nach Kanada. Und die erstarkten Tyrrell dürften ihm zumindest solange noch kein Kopfzerbrechen bereiten, wie sie vor allem Engelsiepen und Söllner Punkte kosten, nicht aber ihn selbst. Söllner und Engelsiepen sind nun gefordert, am besten schon in Montreal das Ticket zu lösen, weiterhin im Meisterschaftszug mitfahren zu dürfen.
Statistiken und den Rennbericht als PDF, inkl. Taktikchecks
Weitere Interessante Statistiken zum Rennen und den Rennbericht findet ihr hier zum Download:
Statistik Baku (PDF)
Rennbericht Baku inkl. Taktikcheck (PDF)
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Der WM-Stand ist hier zu finden
Falls ihr das Rennen verpasst habt könnt ihr den Stream, kommentiert von Michael Merkers und Julian Kopp hier nochmals angucken: