Rennbericht Bahrain: Die Zweite Kerze brennt

Wer nach dem Thriller von Melbourne eine weitere Schlacht um den Rennsieg erwartet und erträumt hatte, wurde beim zweiten Saisonlauf der formel1-liga.de ein wenig enttäuscht. Zu souverän trat Aston-Martin-Pilot Mario Söllner an seinem 49. Geburtstag auf und sicherte sich damit seinen zweiten Saisonsieg. Dahinter aber sollte es sogar noch enger zugehen als im Albert-Park, auch weil Kai Engelsiepen im ersten Stint das Feld zusammenhielt. Tobias Stolp erlebte in der Wüste von Bahrain derweil seine Menschwerdung.

Darauf hatte die formel1-liga.de Gemeinde lange gewartet. Natürlich war es mal vorgekommen, dass Tobias Stolp mal ein Rennen nicht gewonnen hatte, selten genug zwar und zu selten um in den letzten 50 Rennen auch nur einmal die WM-Führung abzugeben, aber nach Manama reiste der Zirkus mit einem neuen Direktor. Mario Söllner entschied den Saisonauftakt im Albert Park knapp für sich und durfte an seinem 49. Geburtstag zur Hatz auf sich selbst einladen. Und in seiner neuen Rolle als Gejagter, schien sich der Franke durchaus zu gefallen. Nahezu allen Testrennen im Vorfeld des Grand-Prix drückte der Agent im Dienste Ihrer Majestät den Stempel auf. Nur Lars Zunker und Kai Engelsiepen schienen zumindest auf eine Runde halbwegs mit dem Sieger von Melbourne Schritt halten zu können, während der Rest des Feldes mit dem Wüstenkurs noch so seine liebe Not hatte. Abzulesen war das tatsächliche Kräfteverhältnis in Bahrain aber vor allem deshalb nicht, weil sich die Piloten an allen drei von Pirelli bereitgestellten Reifenmischungen probierten.

Mario Söllner wurde seiner Favoritenrolle in der Qualifikation (noch) nicht zu 100 % gerecht. Ihm gelang es genauso wenig, seinen Aston Martin in der entscheidenden Qualifikationssequenz zur persönlichen Bestzeit zu prügeln, wie Tobias Zunker im Tyrrell, der im Abschlusstraining am Freitag-Abend mit einer Zeit von 1:24,431 seine Pole-Ambitionen untermauerte. Besser machte es Kai Engelsiepen im Ferrari, der in seinem letzten Versuch  die 5,412 Kilometern von Sakhir in 1:24,600 umrundete. Wer schon gedacht hat, die Qualifikation zum Saisonauftakt beim Großen Preis von Australien vor zwei Wochen, sei eine enge Angelegenheit gewesen, wurde beim zweiten Saisonlauf der formel1-liga.de eines besseren belehrt.  Um gerade einmal 0,028 Sekunden verbannte der Ferrari-Pilot Mario Söllner kurz vor Fallen der Flagge auf die schmutzige Seite der ersten Startreihe verbannte. Der wiederrum hatte erst kurz zuvor Tobias Zunker die provisorische Pole-Position um gerade einmal 0,005 Sekunden entrissen. Weitere vier Tausendstel dahinter fand sich Tobias Stolp im Alpine auf Startplatz vier wieder. Der einzige Pilot, der sich im Q2 auf den weichen Reifen nicht mehr steigern konnte, war Ralf Bohnert im Alpha Tauri. Konnte er den ersten Qualifikationsabschnitt auf den harten Reifen noch für sich entscheiden, verfehlte er die Pole-Zeit von Kai Engelsiepen um 0,057 Sekunden, was nur für Startplatz fünf genügte. Der Rückstand von Lars Zunker auf Platz 6 zu Bohnert, war mehr als doppelt so groß wie der zwischen Platz 1 und 5, fiel mit etwas mehr als einer Zehntel aber im Grunde genommen immer noch moderat aus. Der zweite Tyrrell ließ Christian Wickom im Mercedes und Stolps Teamkollegen Daniel Böhme hinter sich, die das Rennen genau wie die ersten sechs auf der härtesten Reifenmischung in Angriff nehmen wollten. Der zweite Alpine durfte trotzdem nicht aus Reihe 4 ins Rennen gehen. Eine Strafversetzung aus Melbourne schickte ihn auf Startplatz elf. Ludwig Conrads im RedBull und Johann Asanger im Aston Martin, die als einzige auf dem Medium-Reifen ins Q 2 eingezogen waren, rückten genauso auf, wie Ferrari-Pilot Christian Boll, der den Luxus der freien Reifenwahl damit schon auf Platz 10 genießen konnte. Die sechste Startreihe teilte sich Böhme mit Rolando Tejeda, der wie schon in Melbourne mit den harten Reifen den Einzug in den entscheidenden Qualifikationsabschnitt verpasste. Bastian Kupke qualifizierte seinen Haas auf der 13. Position vor Stefano Papia im Mercedes. Jürgen Bechtel und Max Schoner  teilten sich die achte Startreihe vor Jörn Dreier, Emanuel Gerer und dem Debütanten Marcel Heidtmann.

Wie erwartet war Söllner auf der schmutzigen Seite der Startaufstellung zunächst chancenlos gegen den Ferrari von Kai Engelsiepen. Stattdessen lief das Geburtskind sogar bei Anfahrt auf Turn 4 Gefahr noch hinter Tobias Zunker zurückzufallen, der einen ähnlich guten Start erwischte wie zwei Wochen zuvor in Melbourne. Letztlich konnte der WM-Führende den Angriff jedoch abwehren, so dass die ersten Sechs unverändert in die zweite Runde einbogen. Fünf Runden lang ließ Söllner Engelsiepen von einem Triumph im zweiten Saisonrennen träumen, dann machte er am Ende der Start-Ziel-Geraden kurzen Prozess mit dem Ferrari-Piloten und zog mit der Führung von dannen. Sukzessive setzte sich der grüne Aston-Martin von der Verfolgergruppe ab. Bis Runde 25 baute er seinen Vorsprung auf rund sieben Sekunden aus und verlor auch dann keine Zeit auf Engelsiepen als der bereits mit frischen Reifen unterwegs war. Nach 29 Runden schickte Söllner seine harten Reifen schließlich in Rente und gönnte sich sogar den Luxus, den Schlusssprint auf der mittleren Reifenmischung anzugehen und auf den Zusatzpunkt für die schnellste Rennrunde zu verzichten. Sein Sieg geriet dabei aber nie mehr in Gefahr, so dass Söllner seine Geburtstagsfeier mit einem deutlichen Strich unter den eigenen WM-Ambitionen begehen konnte.

Nachdem Söllner mit der Führung von dannen gezogen war, fiel das Rennen um Platz zwei für etwas mehr als 15 Runden in eine Art Dornröschenschlaf. Engelsiepen gelang es weder seinen Ferrari im DRS-Fenster des Geburtstagskinds zu halten, noch den Tyrrell-Honda von Tobias Zunker aus seinem DRS-Bereich abzuschütteln. Gleichzeitig hegte dieser aber trotz des einen oder anderen roten Querstehers keinerlei Ambitionen übermotiviert sich bietende Chancen auf Platz 2 zu nutzen. „Das wäre aussichtslos gewesen“, winkte Zunker nach dem Rennen ab, „mit dem Top-Speed-Vorteil der anderen Autos wären wir auf der nächsten Start-Ziel-Geraden Freiwild gewesen.“ Vor den Angriffen von Tobias Stolp hinter ihm war der 34-Jährige nur solange sicher, wie er selbst dem Ferrari im DRS-Fenster folgen konnte. So fand auch der Champion keinen Weg am älteren Zunker-Bruder vorbei, auch weil für ihn das Risiko bestanden hätte, bei einem missglückten Überholversuch in die Fänge von Ralf Bohnert zu geraten, der genauso wenig abreißen ließ, wie Lars Zunker im zweiten Tyrrell.

Wie an der Perlenschnur gezogen umrundete die Karawane innerhalb weniger Zehntel den Wüstenkurs und schaffte es dabei sogar, die Lücke auf Platz sieben stetig zu vergrößern. Das spielte dem hinteren Tyrrell für die entscheidende Rennphase einen wichtigen Trumpf in die Hände. Er konnte ruhigen Gewissens ab Runde 6 eine kleine Lücke von etwa einer Sekunde zum Rest aufreißen lassen, um seine Bremsen zu kühlen und Reifen einzusparen, ohne jedoch den Anschluss zu verlieren. Er musste nur warten bis sich ihm Gelegenheiten böten. Und als sich die Gelegenheiten boten, schlug er eiskalt zu: „Ab Runde 15 hatten die harten Reifen für vier, fünf Runden kaum noch Grip“, bedauerte Ralf Bohnert die Situation, die das Rennen um Platz zwei wach küsste, „Lars kam immer näher an mich heran und ich bin vorne aus dem DRS-Fenster gerutscht“. In Runde 20 war der Alpha Tauri fällig. Auf Start-Ziel verlor er den Platz an Lars Zunker. Doch in der gleichen Runde widerfuhr Tobias Zunker dasselbe Schicksal wie Bohnert: „Auf einmal konnte ich Kai nicht mehr folgen“, so Zunker. Wohlwissend dass das Boxenstoppfenster bald erreicht sein würde, versuchte er sich an einem Gewaltmarsch, der im berüchtigten Turn 10 sein jähes Ende fand. Ein wenig zu weit nach rechts auf den Curb gekommen, drehte es den Tyrrell beinahe um die eigene Achse. Tobias Stolp dahinter konnte den Einschlag gerade so verhindern, aber auch wenn der Anschluss an Engelsiepen damit zunächst einmal verloren ging, fand sich der Champion zumindest erstmals in den Podiumsrängen wieder. Namensvetter Zunker drohte unterdessen durchgereicht zu werden. Auf Start-Ziel führten die Tyrrell-Piloten einen Platztausch durch, bei dem beinahe auch die Position gegen Ralf Bohnert verloren gegangen wäre. Tyrrell zog eine Runde später die Reißleine und holte mit dem älteren Zunker-Bruder zum Undercut aus.

Kai Engelsiepen roch den Braten jedoch rechtzeitig, wohl auch weil Zunker hinter dem zweiten Ferrari von Christian Boll wieder auf die Strecke kam. Ferrari reagierte nur eine Runde später und machte es besser als Tyrrell. Engelsiepen sortierte sich mit frischen weichen Reifen vor seinem Teamkollegen wieder ein. Für Zunker war der Kampf um Platz zwei damit verloren. Es hätte trotzdem noch zum Podium reichen können, hätte er nicht in Runde 25 jenes Missgeschick wiederholt, dass ihm schon vier Runden zuvor zum Verhängnis geworden war.

Mit seinem Stopp löste Engelsiepen ungewollt eine Kettenreaktion aus. Nur ein Umlauf nach dem Zweitplatzierten folgten Stolp, Lars Zunker und Bohnert zum Service. „Eigentlich wollte ich in Runde 30 weiche Reifen holen“, ärgerte sich Bohnert, fünf Runden früher war ihm dieser Schachzug aber zu heiß: „Das hat mir eventuell die Chance genommen Druck nach vorne zu machen.“ Tatsächlich entschied sich auch Tobias Stolp für den gelbumrandeten Medium-Reifen, während Tyrrell das Risiko mit den weichen Reifen in Kauf nahm – und belohnt wurde. Denn während sich Lars Zunker schon unmittelbar nach dem Stopp Schritt für Schritt von Ralf Bohnert absetzen konnte, baute er Druck auf den amtierenden Weltmeister Tobias Stolp aus. Eingangs der 29. Runde packte der Tyrrell am Ende der Start-Ziel-Gerade zu, und weil beide nicht nachgeben wollten kam es wie es kommen musste. Beim herausbeschleunigen aus Kurve 2 trafen sich die Streithähne Vorderrad an Hinterrad was dem Alpine eine Dakar-Einlage bescherte. Nicht nur Zunker, sondern auch Bohnert rutschte durch. Stolp fiel auf Platz fünf zurück. Die Tyrrell-Honda dürften den Dominator der vergangenen Jahre noch in seinen Träumen verfolgt haben. Nicht nur, dass er im ersten Stint über 20 Runden lang den älteren der beiden Zunker Brüder vor der Nase hatte, oder das der jüngere nach dem Zwischenfall mit dem Podestplatz davonzog, nein, großflächig erschien in seinem Rückspiegel nach der Offroad-Einlage ausgerechnet wieder der andere Tyrrell, der sich auch nicht mehr abschütteln ließ. In Runde 38 schließlich hatte der härter bereifte Champion auch Tobias Zunker nichts mehr entgegenzusetzen. Außen herum auf der Zufahrt zu Kurve 1 sicherte sich Zunker Platz 5. Für Stolp blieb nur die sechste Position. Zwischen Engelsiepen auf Platz zwei und Lars Zunker auf drei war bereits eine Lücke von rund 4 Sekunden aufgegangen. Auch wenn es dem Tyrrell gelang diese noch auf unter eine Sekunde zu verkürzen bekam er die Chance zum Angriff nicht mehr. Engelsiepen kreuzte die Linie schließlich 8,1 Sekunden hinter dem strahlenden Sieger, aber immerhin 0,4 Sekunden vor seinem Widersacher. Beide rückten durch das Resultat auf die Plätze zwei und drei der Fahrerwertung vor. Ralf Bohnert als Viertem fehlten letztlich weitere 11 Sekunden auf das Podium. Tobias Zunker verkürzte in den letzten fünf Runden seinen Rückstand auf den Alpha Tauri zwar noch einmal, hatte aber letztlich keine Chance mehr, sich den vierten Platz zu sichern. Immerhin distanzierte er auch Stolp bis ins Ziel noch um zwei Sekunden.

Herrschte im Alpine-Lager nach dem Saisonauftakt sicher noch noch kein Grund für übertriebene Hektik, dürfte das zweite Lichtlein auf Mario Söllners Geburtstagskuchen die alpine Hütte lichterloh in Flammen gesteckt haben. Ein paar Zahlen gefällig? Nach zwei Rennen steht die erfolgsverwöhnte Truppe aus Enstone mit 30 Punkten auf Platz fünf der Teamwertung. Noch nie seit dem sich die erfolgreichste Truppe der formel1-liga.de Geschichte zusammengefunden hat, ist man mit einer magereren Ausbeute aus den Startlöchern gekommen. Aus konnte Stolp seit 2018 immer mindestens eines der ersten beiden Saisonrennen für sich entscheiden. Und man muss sogar noch ein Jahr weiter zurückschauen, um festzustellen wann es ihm überhaupt einmal passiert ist, zwei Rennen in Folge nicht zu gewinnen, wenn man von der Zeitstrafe in Brasilien 2018 einmal absieht. Im Jahr 2021 lag er dagegen noch keine einzige Runde in Führung. Nun sind die Titelambitionen in der Fahrer-WM nach zwei Rennen selbstverständlich noch in Takt, ein Ergebnis wie das in Bahrain kann bei der Dichte des Fahrerfeldes auch Mario Söllner noch ereilen. Und so sind Krisen der Marke Stolp solche, die andere Fahrer gerne hätten. Sein eigener Teamkollege Daniel Böhme zum Beispiel. Denn während Stolp immerhin 30 Zähler für das Team einzahlen konnte, steht das Punktekonto des zweiten Alpines noch bei null. Dabei gilt auch der frischgebackene Papa als Muster an Verlässlichkeit was Punkte angeht. In den vergangenen drei Jahren verpasste Böhme die Punkteränge nur dann, wenn er selber nicht am Start stehen konnte. Es ist aber weniger der pure Speed der dem zweiten Alpine im Moment abgeht, als vielmehr das nötige Rennglück. Sowohl in Melbourne als auch in Bahrain qualifizierte Böhme seinen  blau-roten Renner aussichtsreich. In Melbourne zerschellte er im Kampf um Platz neun etwas unglücklich an der Wand, in Bahrain fand er in Christian Wickom einen Gegner an dem er sich wieder und wieder festbiss. Bereits am Start gelang es dem Alpine-Piloten die Hypothek der Strafe aus Melbourne beinahe zu egalisieren. Wenn da nicht der Mercedes im Weg gestanden hätte, der die Position aus Gedeih und Verderb zu verteidigen suchte. Letztlich setzte sich der Alpine zunächst knapp gegen den schwarz getarnten Silberpfeil durch, doch das Duell forderte weitere Opfer. Ausgerechnet Johann Asanger, nach seiner Corona-Impfung in Melbourne völlig indisponiert in die Saison gestartet riss der auf die Strecke zurückkehrende Wickom den Frontflügel ab. Der Auftakt zu einem weiteren Rennen zum vergessen für den symphatischen Österreicher, der sich nie wieder von der Situation erholen konnte, und das Rennen schließlich als 17. beendete. Damit ließ er immerhin den Debütanten Heidtmann hinter sich – und Daniel Böhme! Denn das Drama um den zweiten Alpine hatte mit der Startkollision gerade erst seinen Anfang genommen. Wickom versuchte in der dritten Runde seine siebte Position gegen den Alpine zurückzugewinnen, verschätzte sich aber auf der Innenbahn zur Kurve 1 am Bremspunkt. Für beide waren die Folgen dramatisch. Böhme fiel auf Platz 17 zurück, Wickom hingegen kassierte für das vermeintliche Abkürzen beim Zurückkehren auf die Strecke eine mehr als umstrittene Drive-Through Strafe. Diese war es letztlich aber, die ihm eine Startplatzstrafe für das dritte Saisonrennen ersparte. In Runde 19 verlor der Alpine-Pilot auf der Aufholjagd erneut das Auto, was ihn ein drittes mal mit dem Mercedes von Wickom zusammenbrachte. Und nach 26 Runden krachte es erneut. Böhme rundete einen verkorksten Abend mit einem eigenen Fehler in Runde 39 ab, mehr als Platz 18 sprang für ihn so nicht mehr heraus.

Sein Dauerrivale erwischte trotz der Reihe von Zwischenfällen zunächst einen versöhnlichen Abschluss des Rennabends Zumindest konnte der Mercedes Werkspilot die Ziellinie als 13. und damit eine Position hinter seinem Teamkollegen Stefano Papia kreuzen. Das Rennen des Italieners ging allerdings auch nicht ohne Zwischenfälle über die Bühne. Nach einem guten Start wich er den Streithähnen Conrads und Boll aus. „Da wollte ich kein Bowling spielen“, gab Papia zu Protokoll. Durch die starke Verzögerung mit kalten Reifen war aber ausgerechnet er es, der sich rückwärts der Fahrtrichtung wiederfand und ans Ende des Feldes durchgereicht wurde. Was Daniel Böhme für Christian Wickom wurde, wurde Ludwig Conrads schließlich für Papia. Wieder und wieder trafen der Mercedes und der RedBull im Rennverlauf aufeinander, wieder und wieder kam es dabei auch zu Lackaustausch. Schon beim ersten Versuch den RedBull zu kassieren, gab es Feindberührung. Sonderlich lange wollte Papia einer besseren Platzierung aber nicht nachtrauern: „Scheint als hätte ich einen neuen Freund in der Liga“, grinste der immer gut gelaunte Routinier nach dem Rennen, „aber im Ernst, Platz 12 in einem so starken Fahrerfeld mit 19 Piloten. Mehr war heute einfach nicht drin, auf meiner Lieblingsstrecke.“ Auch weil Papia in Runde 31 nach der Boxenausfahrt wieder auf seinen neuen Freund traf. Beinhart verteidigte er die Position gegen den RedBull über mehrere Kurven hinweg, nach Ansicht der Rennkommissare aber über die Grenzen des erlaubten hinaus. Sie belegten den Italiener mit einer Zeitstrafe von 15 Sekunden, was ihn zunächst hinter seinen Teamkollegen und den Alfa Romeo von Jörn Dreier zurückwarf. Zumindest die Position gegen Wickom bekam Papia jedoch wieder zurück. Denn die Rennkommissare belegten auch den Husumer für seine Vorfälle mit Daniel Böhme mit einer Zeitstrafe, sogar von 30 Sekunden. Auch Max Schoner und wahrscheinlich Emanuel Gerer rutschten damit vor den Mercedes. Insgesamt also gerade nach dem gelungenen Auftakt von Melbourne und dem guten Grundspeed ein eher ernüchterndes Ergebnis für die Stuttgarter.

Ein Stück weit passt es aber ins Gesamtbild. Der Eindruck der Testfahrten und des ersten Rennens von Melbourne verfestigte sich in Sakhir weiter. Die Spitzengruppe ist enger zusammengerückt, dahinter zerfällt das Feld momentan aber in zwei Teile. Aston Martin, Ferrari, Alpha Tauri, Alpine und McLaren schicken jeweils ein Fahrzeug in die Spitzengruppe, Tyrrell gleich beide. Das Racing, das hinter der Spitzengruppe geboten wird ist allerdings nicht weniger spektakulär; im Gegenteil, auch die zweite Gruppe bietet den Zuschauern unterhaltsamen Rennsport. Bei dem Punktesystem überrascht es dennoch nicht, dass im Moment zwei Fahrer die Spitzenpositionen des Verfolgerfeldes einnehmen, die dadurch auffallen, dass sie nicht auffallen. Heimlich, still und leise hat Bastian Kupke im Haas den Platz an der Sonne im Verfolgerfeld eingenommen. Für Haas muss es sich anfühlen, wie ein kleines Märchen. Wenige Tage vor dem Saisonstart stand noch kein Pilot beim Vizeweltmeister des Vorjahres unter Vertrag, mittlerweile sind sogar beide Cockpits besetzt. Und Kupke gelingt es sogar, das ein oder andere Ausrufezeichen zu setzen. Gestartet von Platz 13 hielt Kupke sich aus den Zwischenfällen um ihn herum raus und heftete sich frühzeitig an die Fersen von Rolando Tejeda. Weil er seinen Stopp ähnlich lange herauszögern konnte, wie der Spitzenreiter, fand sich der Haas-Pilot sogar kurzzeitig auf Platz zwei wieder. Ihm gelang auch als einzigem Fahrer der Overcut. Weil Tejeda an der Box viel Zeit verlor, konnte Kupke seinen Stopp verzögern, bis er um Haaresbreite vor dem McLaren auf die Strecke zurückkehrte. Nach einem harten Manöver in Runde 35 musste er diese Position zwar wieder abgeben, dennoch gelang Kupke am Ende bereits das zweite Top-10 Resultat der neuen Saison, was mit 15 Punkten und aktuell WM-Platz acht belohnt wird. Marcel Heidtmann feierte in Bahrain sein Debut in der formel1-liga.de. Weitgehend ohne Zwischenfälle trug er den zweiten Haas souverän ins Ziel und sammelte Erfahrungen und Kilometer für den Rest der Saison. Er bewies Übersicht beim Überrunden, auch wenn er naturgemäß mit der Vergabe von WM-Punkten noch nichts zu tun hatte. Mit Haas ist für den Rest der Saison definitiv zu rechnen.

Und hinter Kupke rückt nach der Strafe gegen die Mercedes Piloten Jürgen Bechtel auf Rang neun der Fahrer-Wertung. Ihm gelang es wie schon in Melbourne sich diszipliniert aus allen Zwischenfällen herauszuhalten und seine Pace umzusetzen. Ähnlich wie Kai Engelsiepen an der Spitze führte Bechtel nach einem guten Start eine Fünfer-Karawane fehlerfrei um den Kurs. In seinem Heck hatten es sich zu jenem Zeitpunkt Jörn Dreier, Max Schoner, Papia und Daniel Böhme gemütlich gemacht. Als sich die beiden RedBull in Runde 10 wie schon in Melbourne zu Drehern verabredeten übernahm Conrads die Spitzenposition der Gruppe aus der sich Schoner zunächst verabschiedete. Mit dem Vorteil des härteren Reifens hielt Bechtel den Druck auf Conrads bis zu dessen Boxenstopp aufrecht. Nach dem eigenen Boxenstopp kam er vor dem Konkurrenten aus dem A-Team zurück auf die Strecke und hielt den zehnten Rang bis ins Ziel.

Bechtels Routine und Zuverlässigkeit könnte sich im Kampf um die Konstrukteurs-WM als wertvoller Faktor erweisen. Das Team liegt nach dem zweiten Lauf auf dem vierten Rang noch in Sichtweite zu Ferrari auf Platz drei, aber noch vor Alpine. Die Performance von Mario Söllner reicht derzeit, beide Wertungen anzuführen. Tyrrell aber konnte zumindest Punktetechnisch mit Aston Martin ausgleichen. Sollte die Strafe für Christian Wickom tatsächlich auch Emanuel Gerer noch vor den Mercedes spülen, hätten zum zweiten mal in Folge alle elf angetretenen Teams Punkte aus dem Rennen mitgenommen. Es bleibt einfach unfassbar ausgeglichen und umkämpft. Mario Söllner grüßt derweil noch entspannter von der Spitze. 14 Punkte liegen nach zwei Rennen schon zwischen ihm und Kai Engelsiepen auf Platz zwei. Es bleibt abzuwarten, ob die Konkurrenz im Reich der Mitte am 16. April schon Mittel finden wird, die derzeitige Vormachtstellung des Franken zu brechen.

Statistiken und den Rennbericht als PDF, inkl. Taktikcheck

Weitere Interessante Statistiken zum Rennen und den Rennbericht findet ihr hier zum Download:

Statistik Bahrain (PDF)
Rennbericht Bahrain inkl. Taktikcheck (PDF)

Rennergebnis, WM-Stand und Live-Stream

Der WM-Stand ist hier zu finden

Falls ihr das Rennen verpasst habt könnt ihr den Stream, kommentiert von Michael Merkers und Julian Kopp hier nochmals angucken: