Rennbericht: Australien GP 2013 – Der Sieger der Herzen trägt Rot

Ein Abbild Europas

15 Fahrer waren bereit in Australien an den Start zu gehen.
Dies war von der Anzahl her, zwar der bisherige Saisontiefpunkt, aberrnstellte immer noch ein recht ordentliches Fahrerfeld dar.
Neben dem immer noch verletzten Weltmeister von 2011, Adrian Gredore,rnmeldeten sich auch Jürgen Bechtel und Force India Fahrer Edgar Ostermann für das Rennen im Albert Park aus beruflichen und privaten Gründen ab.
So ging es mit viel Vorfreude in das Q2, denn im Vorfeld war viel über die
Qualität und Verteilung des Feldes gesprochen worden und selbst Experten waren sich hierbei immerhin in einem Punkt einig: „In Melbourne wird es eng zugehen!“ Wie zum Beweis bewegten sich die ersten Rundenzeiten in sehr engen Bereichen, wobei ein einzelner wieder einmal aus der Reihe fiel, Thomas Spieler bestätigte die starken Trainingszeiten und konnte die Konkurrenz in Q2 mit einer 1:22.920 deutlich in die Schranken weisen. Hinter ihm gab es zudem einige Überraschungen, da sich mit HRT FahrerrnFelix Seidel, ein Liga Neuling unter die Top 5 schieben konnte. Doch Seidels Freude nach dieser starken Zeit, dürfte schnell gedämpft worden sein, so hatte er in Q2 das festgeschriebene Chatverbot an Veranstaltungstagen missachtet und musste so vom letzten Platz aus starten. Damit war er jedoch nicht der einzige der sich schon im Vorfeld des Rennens einer ungünstigen Startposition bewusst war, Gert Wickom, der in Ungarn einen schweren Unfall mit Max Schoner verursacht hatte, musste durchrndie Strafe der Rennleitung aus der Box starten und kam im Qualifying nur in den Genuss des Zuschauens.
Der Fokus in Q2 richtete sich ohnehin mehr auf die hinteren Ränge um Position 10.
Hier zeigte sich Sauber wieder Konkurrenzfähig und spülte sich mit beiden Fahrern unter die Top 10. Oliver Reich der in Q2 zwar nur 11. wurde, rutschte jedoch durch die Strafversetzung Seidels auf den 10. Rang und konnte an Q3 teilnehmen, weniger Glück hatte Max Schoner, der mit Startplatz 11 vorlieb nehmen musste, dennoch einigermaßen zufrieden sein konnte. Die große Überraschung der ersten Qualifying Session stellte jedoch Mercedes
Pilot Christian Wickom dar, welcher im Vorfeld noch als Geheimfavorit auf den Sieg gehandelt worden war, jedoch 2 Tage vor dem Rennen Probleme mit Technik und Handling bekam.
Ihm gelang nur der 12. Startplatz und damit war die denkbar ungünstigste Ausgangsposition für das Mercedes Team perfekt. Nur Benjamin Neitzel war noch langsamer als Wickom und setzte unüberraschender Weise den einzigen Force India auf die 13.

Die Meinung die aus Q2 mitgenommen wurde, war nur allzu deutlich. Die Pole für Thomas Spieler sah mehr als in trockenen Tüchern aus, zu groß war der Abstand in der ersten Session zur Konkurrenz gewesen.
Doch wieder einmal hielt der Polekampf seine Überraschungen bereit.
Spieler setzte prompt mit seiner ersten Runde die Bestzeit und konnte sich damit ein paar Zehntel vor Ferrari Pilot Bohnert schieben. Wie auch in Q3 waren die Top 5 sehr umkämpft und letztlich waren es die beiden Mclaren Fahrer Andreas Frommherz (P3) und Christian Boll (P5), sowie der einzige Red Bull Fahrer Kai Engelsiepen (P4) die sich hier durchsetzen konnten. Der in letzter Sekunde verdrängte Andreas Schulz im zweiten Williams, hatte sein Rennsetup nicht gut genug für die Qualifikation abstimmen können und musste mit Platz 6 vorlieb nehmen.
Dahinter bestätigten die Sauber Piloten ihre Kampfansagen und fuhren solide auf die Plätze 7 und 8. Hinter dem Schweizer Team, folgte ein britisches, denn Lotus konnte mit Heiko Waxmann, von dem man schon besseres im Qualifying gesehen hatte und Oliver Reich die Top 10 abschließen.
Und wie sie bereits gemerkt haben dürften, blieb ein Duell bis zum Ende offen. Thomas Spieler und Ralf Bohnert lieferten sich einen harten Kampf um die Pole und die Bestzeit, welche Spieler zu Beginn gesetzt hatte hielt sich…bis wenige Sekunden vor Schluss.
Als fast schon alle Fahrer in der Box standen, fuhr Bohnert Bestzeit im Mittelsektor und konnte Spielers Zeit in letzter Sekunde mit einer 1:23.142 schlagen. Das knappe Zehntel Vorsprung vor der Zeit des Österreichers zeigte die Bohnertsche Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem „Spieler Effekt“ und brachte ihm im 3. Rennen nacheinander in dieser Saison den1. Startplatz. Somit zeigte sich das Qualifying als ein Spiegelbild zum Ungarn GP, so waren doch die ersten 4 Startplätze komplett identisch mit denen des Europaauftakts und ließen auf ein hartes und spannendes Rennen hoffen.Aller guten Dinge sind 3

Wie auch schon in den ersten beiden Rennen, kam man am Start nicht unfallfrei davon. Neben Kai Engelsiepen, der durch zu wenig Platz auf das Gras ausweichen musste und so bis auf Platz 9 zurückfiel, drehte sich zudem Felix Seidel in Kurve 2 nach einem Zusammenstoß mit einem Lotus Fahrer. Die Folge war, dass der schlecht gestartete Christian Wickom nicht mehr ausweichen konnte und seinen Frontflügel bei der Berührung mit dem HRT-Neuling verlor, welchen dasselbe Schicksal ereilte.
Seidels Auto schien dabei so hart beschädigt worden zu sein, dass er nach einigen Metern abstellte. Für Christian Wickom war es indessen Zeit für den ersten Notbedingten Boxen Service. Selbst dessen aus der Box startende Bruder Gert Wickom hatte Probleme beim Start. Aus noch nicht definierten Gründen, konnte dieser die Boxengasse erst verlassen, als das Feld bereits wieder in die letzte Kurve einbog, somit waren bereits knapp 1,5 Minutenrnauf das Feld verloren und das Rennen für ihn so gut wie gelaufen.
Der kuriose Start und die Zwischenfälle der ersten Kurve, hatten vor allem die Top 10 für die ersten Runden ziemlich durcheinander gewirbelt. Plötzlich fuhr ein Oliver Reich auf Platz 5 vor einem Max Schoner.
Bereits nach den ersten Kurven, konnten die Führenden Bohnert und Spieler eine kleine Lücke herausfahren. Spieler hatte sich aber scheinbar fest vorgenommen den im Qualifying verlorenen ersten Platz zurückzuerobe

und attackierte Bohnert bereits nach wenigen Kurven in der Clark Schikane. Bohnert, der einen zu frühen Zwischenfall vermeiden wollte, fuhr keine Kampflinie und ließ Spieler den Freiraum, welchen dieser brauchternum die Führung zu übernehmen, welche er mit einem guten Tempo in den nächsten Runden um ein paar Sekunden ausbauen konnte. Währenddessen kam dahinter wieder Ordnung in das vordere Feld.

Neusortierungen und ein wirbelnder Spieler

Der so stark gestartete Oliver Reich konnte den Lotus, wie im Training nicht lange auf der Strecke halten. Ein Dreher und der dadurch notwendig gewordene Reparatur-Stopp warfen ihn bis auf Rang 13 zurück. Besonders auffällig zeigte sich Kai Engelsiepen, welcher zuerst auf der Start/Ziel Geraden erst Christian Boll, kurze Zeit später den Toro Rosso von Max Schoner und den Italiener Stefano Papia überholte, Platz 5 war somit vorerst der gerechte Lohn für den Bullen und diesen sollte er lange Zeit im Rennen innehaben. Beim bereits erwähnten Max Schoner, merkte man, dass er nicht mit dem Tempo seiner Gegner mithalten konnte und so fand sich Schoner bald schon auf Rang 9 wieder, den er dann aber lange Zeit halten konnte, da hinter ihm das Feld durch die Zwischenfälle des Rennstarts sehr weit auseinander gezogen war.
Im hinteren Feld bot sich derweil ein kurioses Bild, Lotus Fahrer Oliver Reich hatte sich an Christian Wickom herangearbeitet und der eigentliche Geheimfavorit zog nach einiger Zeit den Kürzeren gegen jemanden, der eigentlich nicht auf seinem Tempo Niveau mitfahren dürfte und sich somit vorerst mit Platz 13 zufrieden geben musste. Während dieses Duell noch voll im Gange war, ging es von kampfbetonten Racing hin zur ersten großen Schrecksekunde des Rennens, Thomas Spieler hatte wieder einmal einen dicken Fehler gemacht, indem er sich in Turn 3, am Sports Centre gedreht hatte. Dabei hatte Spieler noch Glück im Unglück, da er noch beinahe auf dem Curb in der Kurve hängen geblieben wäre. So reihte er sich vorerst direkt vor der Paarung um die Andreas-Namenvetter Frommherz und Schulz ein. Vor diesen brauchte Spieler jedoch erst einmal keine Angst zu haben, denn der Mclaren Andreas und der Williams Andreas befanden sich in einem harten Fight um den letzten Podiums Platz, aus welchem Schulz letztlich siegreich hervorging. Die Freude über diesen Platzgewinn währte jedoch nur kurz, denn schon in der folgenden Runde gingen beide das erste Mal zum Service und hier schaffte es Frommherz tatsächlich wieder vorbei auf Platz 3 zu gehen.

Action nur an den Podiumsplätzen

Nachdem die erste Boxenserie von allen Fahrern abgeschlossen wurde, tat sich den Zuschauern ein Bild auf, was durchaus unerwartet war. Frommherz schloss zusammen mit Schulz auf Thomas Spieler auf und beide hingen diesem fortan im Heck.
Wie sich später herausstellte hatte Spieler im Gegensatz zu den anderen auf Harte Reifen gewechselt und konnte das Tempo so nicht mehr ganz mitgehen. Sein Vorteil dadurch jedoch war, dass er nicht mehr zu einem zweiten Stopp hat kommen müssen.
Dieses Dreiergespann verlor sich dann in Runde 23, da Schulz, Frommherz beim Überholversuch berührt hatte und diesen sofort wieder vorbeiließ. Hinter den ersten vieren hatte sich die Lage bedeutend entspannt. Kai Engelsiepen fuhr auf Rang 5 genau so alleine auf weiter Flur wie Christian Boll hinter ihm. Platz 7 und 8 wurden souverän von den beiden Sauber Piloten gehalten, die wieder einmal ihre Konstanz unter Beweis stellten und sich gegenseitig durch das komplette Rennen zogen.
Die einzige Action fand sich nach einigen Runden aber wieder zwischen den beiden Andreas- Piloten, als Schulz erneut attackierte und versuchte sich Platz 3 zu schnappen. Wie auch im 1. Stint gelang es dem Williams Fahrer diesen Plan in die Tat umzusetzen und in der Folgezeit schaffte es Schulz auch sich endlich etwas abzusetzen und sich den Rang endgültig zu sichern. Kurze Zeit später kam es dann zur zweiten Boxenserie und an der Spitze tauschten Bohnert und Spieler die Positionen, da der Österreicher in der Lage war mit seinen harten Reifen durchzufahren. Ab diesem Zeitpunkt bot sich wenig Action im Feld, die Positionen waren größtenteils gefestigt und die Abstände zu groß. Einzig zwischen Spieler und Ralf Bohnert tat sich ein wenig, da der Kroate in großen Schritten von einer halben bis einer Sekunde pro Runde auf Spieler aufschloss.


2 Sieger und 1 Mercedes

So schrumpfte der Abstand Runde um Runde, bis Bohnert auf eine Sekunde kurz vor Schluss herangekommen war und nun folgte der Auftritt von Christian Wickom. Der Mercedes Pilot erlebte wie bereits erwähnt einen schwarzen Tag, nach schwachem Qualifying folgte ein ebenso schwaches Rennen und so fuhr Wickom lange Zeit auf dem 11. Platz. Zur Hilfe hatte er die Traktionskontrolle angeschaltet, durch welche er zwar Zeit verlor, dafür aber das Auto auf der Strecke hielt. 3 Runden vor dem Ende erkannte nun Wickom seine Chance, den auf Rang 10 fahrenden Oliver Reich doch noch einzuholen und sich so wenigstens einen Zähler zu sichern.
Also schaltete Wickom die Traktionskontrolle aus, was direkt bestraft wurde. Beim Herausbeschleunigen aus der Ascari Kurve verlor Wickom die Kontrolle und drehte sich. In diesem Moment pesten die beiden Führenden durch die Kurve, Ralf Bohnert im Windschatten von Thomas Spieler. Just drehte Wickom sich zurück auf die Ideallinie, um das Rennen wieder aufzunehmen, die beiden hinter sich hatte er nicht bemerkt. Spieler bewies indes riesige Reflexfähigkeiten und konnte dem Silberpfeil gerade noch ausweichen. Bohnert allerdings hatte weniger Glück, da er das Übel erst kommen sah, als es schon zu spät war.
Mit Vollgas krachte Bohnert dem Mercedes ins Heck und verlor dadurch seinen Frontflügel, während Wickom sein Heckspoiler einbüßte.
Beide fuhren in die Box zur Reparatur und Spieler konnte in der letzten Runde gemütlich dem Sieg entgegentuckern. Bohnert fiel indes durch die Notreparatur auf Rang 5 zurück.
Dank dieses Zwischenfalls sicherte sich Williams den ersten Doppelsieg der Saison. Für Spieler der dritte Erfolg im dritten Rennen, für Schulz die ersten Punkte 2013 überhaupt.
Frommherz setzte sich in seinem Chrompfeil wieder auf den letzten Podiumsplatz vor Kai Engelsiepen.
Hinter Bohnert und Boll fuhren die Sauber elegant ihr Rennen nach Hause und freuten sich über reichlich Punkte. Auch Max Schoner durfte dass tun, so holte er doch mit Rang 9 seine ersten Zähler und gleichzeitig auch die ersten für das Toro Rosso Team, welches bis dahin als einziger Rennstall noch ohne Zählbares geblieben war. Oliver Reich schloss vor dem Mercedes Team und Benjamin Neitzel die Punkteränge ab.Wieder sahen die Zuschauer in Melbourne ein grandioses Duell zwischen Thomas Spieler und Ralf Bohnert, auch wenn dieses im Albert Park mehr auf Distanz statt auf Nahkampf ausgelegt war. Durch den falsch reagierenden Wickom wurde Bohnert wohl um den verdienten Sieg gebracht, denn Dank seines Überschusses, hätte er Spieler wohl noch in der letzten Runde überholt. Wickom droht, wie seinem Bruder in Ungarn eine nachträgliche Strafe.
So bleibt dem Rennen ein bitterer Nachgeschmack, aber auch die Erinnerung an viel Spannung und Durcheinander.
Nun bleiben den Fahrern zwei Wochen Pause, in denen sie sich Erholen und Trainieren können. Danach geht die Formel1-Liga.de dann in ihren 4. WM Lauf in Malaysia, wo es dank des fehlenden Wetterplugins wohl nicht zu Monsunstürmen, ähnlich der Realität kommen dürfte.
Auch dort wird Thomas Spieler dann als Favorit ins Rennen gehen, da er die Fahrer-WM nun mit 32 Punkten Vorsprung anführt und den Sepang Circuit selbst als eine seiner Lieblingsstrecken bezeichnet.