Ralf Bohnert: „an Alle einen großen Dank für die freundliche Wiederaufnahme als aktiver Fahrer. Ich habe mich sofort wieder wie zu Hause gefühlt“

Hallo Ralf, vielen Dank das du dir noch einmal die Zeit für ein kurzes Interview nimmst.

Ralf Bohnert: Klar, kein Thema!

Als wir, respektive Mark Anfang März 2019 ein Interview mit dir führten, schlossest du ein Comeback nicht aus. Du sagtest damals es wäre wohl falsch ein Comeback auszuschließen. Vier Wochen später dann die Sensation und du gabst zur Freude aller, dein Comeback bekannt. Nun sind wir natürlich von Berufs wegen sehr neugierig und möchten gerne wissen seit wann du über ein Comeback nachgedacht hast. Trugst du dich schon vor und während des Interviews mit dem Gedanken eines Comebacks, oder ist der Wunsch wieder aktiv ins Lenkrad zu greifen erst in den Wochen nach dem Interview entstanden?

Ralf Bohnert: Der ernsthafte Gedanke kam erst danach. Es war bei mir so das ich die ersten Rennen der Liga verfolgt hatte und sehr angetan war. Sowohl vom vollen Fahrerfeld, als auch das Niveau soweit man das in den Streams beurteilen konnte. Dazu kam dann noch wie jedes Jahr das intensive Verfolgen der Saisonvorbereitung der realen F1. Als dann Christian Wickom noch angeboten hatte ich könnte PC und Lenkrad zum „mal testen“ bekommen und könne es wieder zurücksenden wenn ich keine Lust haben sollte, konnte ich nicht nein sagen und wollte es zumindest mal versuchen. Der Rest ist Geschichte.

Du warst dir bei der Bekanntgabe deines Comebacks nicht sicher was deine Motivation für eine ernsthafte Teilnahme als Fahrer in der Liga betraf und dachtest für den Anfang nur an einen Job als Testfahrer beim Team Mercedes. Kurze Zeit später dachtest du aus verschiedenen Gründen aber auch einmal laut über einen Rücktritt vom Comeback nach. Wie uns zu Ohren gekommen ist haben dich aber ein paar nette Kollegen aus der Liga liebevoll dazu genötigt das Comeback durchzuziehen. Wie hast du das empfunden, fühltest du dich wirklich etwas gezwungen, oder war es für dich mehr so wie nach Hause zu kommen, freudig empfangen worden zu sein und man dich nicht wieder gehen lassen wollte?

Ralf Bohnert: Nein, gezwungen fühlte ich mich auf keinen Fall. Mein Zögern hatte mehrere Gründe. Ich musste ja die komplette Hardware kaufen, da ich nichts mehr hatte. Das Geld haut man nicht einfach so raus, wenn man nicht vor hat die Hardware auch regelmäßig zu nutzen. Und ich wollte auch nicht mitfahren, 2 Rennen „Punkte klauen“ und dann wieder verschwinden. Ich wollte nicht das die WM beeinflusst wird, ohne das ich dauerhaft mitfahre. Und auch gegenüber meinem Teamkollegen wollte ich fair sein und kein hin und her veranstalten oder nach 2 Wochen wieder verschwinden.

Und wer mich kennt weiß auch, das ich nicht gerne einfach nur mitfahre. Sondern wenn, dann hab ich schon den Anspruch an mich was zu erreichen. Letztlich war es aber wie du geschrieben hast ein Gefühl von nach Hause kommen. Und selbst die, die mich nicht kannten haben mir positiv zugeredet und sich gewünscht das ich bleibe. Das habe ich denke ich alles in Allem auch gebraucht, dementsprechend war es kein „zwingen“ sondern ein wohlwollendes Schubsen in die richtige Richtung!

Du hast dich dann entschieden, oder nette Liga Kollegen haben dann für dich entschieden das du für Racing Point fährst, dass zu diesem Zeitpunkt einzige noch freie Cockpit. Was wir dann erlebt haben, dass hat uns wirklich mehr als erstaunt. Du hattest einige Jahre pausiert und hattest keine oder nur sehr geringe Erfahrungen mit rFactor 2 und wir hatten erwartet das du einige Monate benötigst um dich wieder in die Materie einzufinden. Mit dieser Erwartung lagen wir allerdings komplett daneben. Bereits bei deinem ersten Rennen in Barcelona, vier Wochen nach deinem Comeback, konntest du im Qualifying den 5. Startplatz herausfahren und hast als 3. auf dem Podium gestanden. Wie war das für dich? Ist das so wie mit dem Fahrradfahren, dass wenn man es einmal erlernt hat nie wieder verlernt, oder warst du selber etwas überrascht?

Ralf Bohnert: Also das ich es wieder hinbekommen werde, wie mit dem Fahrrad fahren, davon war ich überzeugt. Die Frage war für mich eher wie lange ich dafür brauchen werde wieder ums Podium zu fahren. Denn das sollte schon mittelfristig wieder das Ziel sein. Und meine Defizite wurden auch schnell sichtbar. Zum Einen eben generell die komplett fehlende Erfahrung mit rF2 – zum anderen die Pause bzw. mein Fahrstil der quasi auf rF1 Niveau „festklemmte“ und mir hier eher Probleme bereitete. Dazu hatte ich lange Probleme mit dem Gefühl fürs Auto. Ich hab 0 gespürt was ich da mache – also war es jede Runde ein Eiertanz und zittern. Auch wenn ich dabei gesehen habe das es wenn mal alles zusammenkommt auch vom Speed her passen kann. Aber ich habe es bis zum Rennen selbst in Barcelona nicht gut hinbekommen und stand mir auch selbst im Wege.

Das Rennen in Barcelona war dann wirklich so der erste Moment wo ich dachte: Jetzt wirds. Ich konnte das erste Mal in einen Flow kommen und an eine Art Limit gehen. In Kanada konnte ich darauf aufbauen und war ganz gut dabei (abgesehen der ersten Rennrunde). Und auch Baku war nicht so schlecht. Alles in Allem ist es also der richtige Weg. Auch wenn ich immer noch deutlich aufholen muss wenn ich wirklich regelmäßig ums Podium fahren möchte.

Du bist in dieser Saison bisher vier Rennen gefahren und liegst aktuell mit 48 Punkten auf Platz 10 in der Meisterschaft, nur 7 Punkte hinter Mario Söllner im Toro Rosso, 13 Punkte hinter Christian Wickom im Mercedes und 14 Punkte hinter deinem Teamkollegen Rolando Tejeda. Wir würden sagen, es läuft fast optimal für dich. Natürlich möchten wir aber wissen was sind deine Ziele für die Formel1-Liga.de Saison 2019 und was können wir in dieser Saison noch von dir sehen?

Ralf Bohnert: Das ist eine schwere Frage. Es lief ganz ok bisher, wobei ohne Frage auch noch mehr drin gewesen wäre wenn ich Runde 1 in Kanada und den Schluss in Baku nicht versemmelt hätte. „„ Was die Meisterschaft angeht, habe ich kein konkretes Ziel. Mein Ziel ist es einfach so oft es geht aufs Podium zu fahren (was sehr schwer wird) und dabei meinen Fahrstil weiter anzupassen und generell meine Wissen- und Erfahrungslücken zu schließen – auch was das Setup angeht. Nächstes Ziel ist mit meinem Teammate Rolando die Konstrukteure weiter aufzumischen. Hier soll auf jeden Fall einen, wenn es perfekt läuft noch zwei Plätze nach vorne gehen. Auch das wird schwer, aber wenn wir unsere Leistung abrufen, sollte das vom Speed her machbar sein.

Als Journalisten haben wir unsere Ohren natürlich überall, manchmal auch da wo sie nicht gewollt sind. Von daher wissen wir auch, dass die Lackierung der Racing Point Fahrzeuge bei dir und deinem Team Kollegen nicht unbedingt auf Wohlgefallen treffen. In wie weit beeinflusst dich das beim Training, im Qualifying oder im Rennen? Denkt man dann schon einmal an diese Farbgebung der Fahrzeuge und Overalls, oder liegt der Focus gänzlich auf der Strecke und sich selbst?

Ralf Bohnert: Der Fokus liegt da schon auf der Strecke. Und irgendwie passt das jetzt auch für uns. Der Newcomer und der Comebacker die das Feld vielleicht etwas unerwartet aufmischen. Wir werden der Farbe schon noch ein anderes Image verpassen.

Wie gerade schon einmal kurz in einer Frage erwähnt, fährst du bei Racing Point zusammen mit Rolando Tejeda. Nach außen hin macht es für uns den Eindruck, als wenn ihr im Team extrem gut miteinander harmoniert. Was macht eure Zusammenarbeit so harmonisch?

Ralf Bohnert: Rolando ist ein lockerer Typ mit der richtigen Portion Ehrgeiz und einem guten Speed. Ich glaube wir sind in ähnlicher Lage. Wissen beide das wir es können und wollen es nun auch zeigen. Wie es in der F1 so ist, will man auch erstmal seinen Teamkollegen schlagen. Da wir zeitlich sehr eng beieinander liegen, pushen wir uns dadurch auch immer weiter. Ich würde sagen es passt einfach und wir arbeiten in die gleiche Richtung. Das ist wichtiger als die Farbe des Autos.

Tobias Stolp, der Formel1-Liga.de Weltmeister von 2017 und 2018, liegt in der laufenden Saison aktuell mit 196 Punkten in Führung. Dahinter folgen Mark Zopp mit 137 Punkten und Kai Engelsiepen mit 124 Punkten. Mark Zopp konnte in den letzten beiden Rennen extrem von den beiden Ausfällen des Ferrari Piloten Kai Engelsiepen profitieren. Wie siehst du die Situation? Glaubst du das Mark Zopp den Punktevorsprung durch die Saison retten kann, oder wird er sich letztlich doch gegenüber Kai Engelsiepen geschlagen geben müssen?

Ralf Bohnert: Ich denke vom Grundspeed geben sich die beiden nicht so viel. Momentan sehe ich aber Mark von den Leistungen etwas vorne. Aber nicht weil er zwingend besser ist, sondern weil er härter trainiert. Wenn ich das richtig mitbekommen habe trainiert das Haas-Team auch viel auf einem eigenen Server (Gerücht?). Ich würde also sagen es kommt jetzt darauf an wer mehr investiert. Ich denke wenn Kai nach seinen zwei Horror-Rennen wieder Motivation findet zu trainieren, kann es nochmal richtig spannend werden. Mit enormen Trainingsvorsprung ist Mark aber schwer zu schlagen. Immer davon ausgegangen das in den Rennen keiner ausfällt oder sonstige Probleme hat. Und auch wenn Tobi da vorne recht safe wirkt, glaube ich das auch er sich nochmal Strecken muss, sofern die Konkurrenz das Maximum abrufen kann. Es wird sicherlich noch spannend.

Auch am Ende des Feldes geben die Piloten ihr bestes und liegen in den Punkten recht nah beieinander. Würdest du eine Prognose wagen wollen wie die Plätze 11 – 22 am Ende der Saison belegt sein werden?

Ralf Bohnert: Das ist sehr schwer zu sagen. Die Fahrer liegen sowohl vom Niveau als auch von der Ausbeute in den Rennen dicht beieinander. Damit meine ich das jeder hier und da mal ein Rennen nicht mitfährt, mal ausfällt und mal einen besseren und mal einen schlechteren Tag erwischt. Da es aber von den Punkte recht eng zugeht, kann auch ein einziges Rennen viel ändern.

Silverstone ist das letzte Rennen vor der Sommerpause. Nach der Sommerpause folgen dann die Rennen in Spa-Francorchamps, Monza, Singapur, Nürburgring, Suzuka, Austin, Interlagos und zum Saisonfinale das Rennen auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi. Welche dieser Strecken liegt dir am meisten und welche magst du überhaupt nicht?

Ralf Bohnert: Nehmen wir mal Austin raus. Die kam erst nach meinem Rücktritt dazu und die bin ich selbst noch nie gefahren. Sonst mag ich grundsätzlich alle noch kommenden Strecken. Kommt natürlich immer auf die Version drauf an die wir fahren. Aber von den Strecken selbst mag ich wirklich durchweg alle sehr gerne. Ich könnte es auch anders sagen: Es gibt nicht sehr viele Strecken die ich gar nicht mag. Es sind eher die Streckenversionen die es so gibt die es dann ausmachen. Dabei gehts dann ums Griplevel, Befahrbarkeit der Curbs, „Bremswürste“ die es normal nicht gibt usw. Also wenn die Versionen gut sind und man sie so im Flow fahren kann wie es gedacht ist oder in der Realität ist, dann passt das. Baku war z.B. jetzt ein Fall von: Mag ich eigentlich sehr gerne, die Version war aber eklig. Leider muss man manchmal nehmen was „der Markt“ halt hergibt.

Jetzt sind wir schon am Ende des kurzen Interviews angelangt. Gibt es irgendetwas das dir auf dem Herzen liegt und du uns oder den Kollegen der Liga noch erzählen oder mitteilen möchtest?

Ralf Bohnert: Vor Allem erstmal vielen Dank an Alle die sich einbringen und damit so etwas Geiles wie diese Liga möglich machen. Egal ob die Admins selbst, Presse, Mod, Paintings, neuen Fahrern helfen, Proteste, usw. Und natürlich an Alle einen großen Dank für die freundliche Wiederaufnahme als aktiver Fahrer. Ich habe mich sofort wieder wie zu Hause gefühlt und ich finde das hat unsere Liga immer ausgemacht. Auch wenn es schwierige Phasen gibt, wir haben hier immer eine gute Gemeinschaft gehabt. Mal waren es mehr, mal weniger – aber in der Regel fühlt man sich einfach wohl und findet tolle Persönlichkeiten, Gleichgesinnte und hier und da sogar wirklich Freunde.

Lasst uns das einfach erhalten! Cheers!

Ich danke dir für das kurze Interview und wünsche dir viel Erfolg in den noch ausstehenden Rennen!

Ralf Bohnert: Was meinst du immer mit kurz? Spaß – ich hab zu danken. Mach ich gerne.