Vorbericht Saison 2021: Es darf wieder Knistern

92 Tage haben die Motoren für die breite Öffentlichkeit bisher geschwiegen. Nur noch 13 weitere müssen sich die Fans gedulden. In gut zwei Wochen startet die Formel1-Liga.de in ihre 20. Rennsaison. Doch was wird die Jubiläumssaison mit sich bringen? Wir haben den Ausblick:

Jagd nach Rekorden

Von 2007 bis 2010 war Kevin Pflüger das Maß aller Dinge. Viermal in Reihe setzte sich der Rekordchampion die Krone auf, bevor er 2011 von Adrian Gredore entthront wurde. Zehn Jahre später nimmt erstmals wieder ein Fahrer Anlauf auf den fünften Titel. Tobias Stolp dürfte alles daran setzen, in seinem erst sechsten Jahr in der Liga zum alleinigen Rekordchampion zu werden. Niemand dürfte in Zweifel ziehen, dass es ihm dabei gelingen wird, einen Rekord auf jeden Fall zu übertreffen. Bereits im Laufe der letzten Saison, passenderweise bei seiner Fahrt zum egalisierenden vierten Titel beim Heimspiel auf dem Nürburgring konnte Stolp bei der Anzahl der Siege mit Pflüger gleichziehen und die Bestmarke bis zum Saisonende sogar noch auf 53 nach oben schrauben. Bei der Dominanz, die der Vierfachchampion seit Ligaeintritt an den Tag legt, wäre es schon eine große Überraschung sollte nicht im Laufe der Saison noch der ein oder andere Erfolg dazukommen. Und noch eine Marke nimmt der 30-Jährige aus Hochheim am Main ins Visier: Als erst zweiter Fahrer der Ligageschichte könnte es ihm gelingen, die 2.000 Punkte Schallmauer zu übertreffen.

Die Herausforderer

Kai Engelsiepen hat diese Marke im vergangenen Jahr hinter sich gelassen. Mit 2.085 Punkten hat der Ferrari-Pilot in der ewigen Bestenliste noch ein beruhigendes Polster von mehr als 350 Punkten auf Stolp. Und auch wenn der Weltmeister von 2014 das Gesamtpodium der Vorsaison als Siebter klar verpasst hat, dürfte er zu den heißesten Anwärtern zählen, Stolp den Titel streitig zu machen. Denn bei gerade einmal acht Rennteilnahmen schaffte er es fünfmal auf das Podium. Einen besseren Punkteschnitt konnte neben Weltmeister Stolp nur Mario Söllner erzielen. Der Neu-Aston-Martin-Pilot legte im Haas eine beeindruckende zweite Saison hin und feierte in Barcelona und Budapest seine ersten Siege in dieser Rennserie. In einem denkwürdigen Finale mit teils unorthodoxen, mindestens aber unkonventionellen Strategien konnte der Franke spätestens ab dem Heimrennen auf dem Nürburgring das Momentum zu seinen Gunsten drehen und so das Rennen um den Vizetitel für sich entscheiden. Ralf Bohnert, dem Urgestein der Liga blieb so letztlich nur der dritte Rang in der Fahrer-WM. Dabei hatte die Saison für den Alpha-Tauri-Piloten sehr vielversprechend begonnen. In den ersten zwölf Saisonläufen verpasste er nur in Bahrain das Podium. In der Straßenschlacht von Baku gelang ihm sogar sein erster Sieg seit seiner Rückkehr ins Cockpit. Danach ging dem Champion der Jahre 2012 und 2013 jedoch ein wenig die Puste aus. Nur beim Saisonfinale in Abu Dhabi konnte er sich als Vierter noch einmal in Podiumsnähe platzieren.

Die neuen Wilden

Was auch daran lag, dass im Sommer 2020 drei Fahrer in die Liga eingestiegen sind, die nach längerer Pause ihr Comeback in der virtuellen Racing-Welt feierten. Ludwig Conrads pilotierte als Einzelkämpfer den Toro Rosso, Lars Zunker vertrat zunächst nur in Budapest Johann Asanger im zweiten Haas. Beide Fahrer stellten in der zweiten Saisonhälfte ihre Podiumstauglichkeit unter Beweis. Conrads wurde in Brasilien starker Zweiter. Zunker, inzwischen für Tyrrell am Start, konnte in Spielberg sogar gewinnen. Ein weiterer dritter Platz am Nürburgring unterstreicht das Potential zu einer der Überraschungen in der neuen Saison werden zu können. Ein Podium ist seinem nach der Sommerpause ebenfalls eingestiegenen Bruder Tobias zwar nicht gelungen, aber nach einer kurzen Eingewöhnungsphase platzierte sich auch der zweite Tyrrell regelmäßig in der Gruppe hinter der Spitze und leistete so einen Beitrag, dass das Team immerhin noch auf Rang 7 der Konstrukteurs-WM abschloss, obwohl es an weniger als der Hälfte der Rennen teilgenommen hatte.

Und dann ist da noch der Rückkehrer. Mark Zopp, Dritter der Fahrer-WM 2019 kehrt nach seinem Sabbat-Jahr in die Rennserie zurück und nimmt den Platz neben Rolando Tejeda im zweiten McLaren ein. Zopp bringt es bei bisher 31 Rennteilnahmen immerhin schon auf zwei Siege und stand 14 mal auf dem Podest.

Neues vom Fahrermarkt

Max Schoner muss seinen Platz bei McLaren für Zopp räumen. Das ist aber nicht zwingend ein Abstieg. Der Österreicher geht 2021 für das RedBull-Team an den Start, das im Vorjahr nur sporadisch vertreten war. Dort wird er Teamkollege von Ludwig Conrads, der nach seiner beeindruckenden Performance in der zweiten Saisonhälfte zum A-Team befördert wird. Dirk Kressner nimmt den zweiten Platz bei Alfa Romeo wieder ein und unterstützt Jörn Dreier. Das Hauptstadt-Team wird versuchen am Aufwärtstrend der letzten Rennen – in Erinnerung geblieben ist hierbei vor allem das Rennen in Brasilien – anzuknüpfen und den Anschluss ans Mittelfeld zu festigen. Das war es dann aber auch schon mit Bewegungen am Fahrermarkt. Gleich sieben Paarungen bleiben unverändert.

Neue Teams

Umgewöhnen müssen sich kennende Augen am 12. März aber trotzdem. Aus schwarz-gelb wird blau-weiß und aus pink wird grün. Das Weltmeister-Team geht in der neuen Saison nicht mehr als Renault an den Start. Daniel Böhme und Tobias Stolp pilotieren dann Fahrzeuge der Renault-Tochterfirma Alpine. Racing-Point, von den meisten aktiven Simracern in den Vorjahren wegen der, sagen wir mal, mutigen Farbgestaltung verpönt, wird zu Aston Martin. Die Mannschaft aus Silverstone hat verkündet, das traditionelle British-Racing-Green zu reaktivieren. Für seine Formel1-Liga.de Mission verpflichtete es die Agenten 007 Mario Söllner und 077 Johann Asanger vom Haas-Team. Apropros Tradition: Das letztes Jahr in den Zirkus aufgenommene Tyrrell-Team bleibt der Formel1-Liga.de auch 2021 erhalten. Statt in blau und rot tritt die friesische Traditionsmannschaft jedoch in einem schwarz-weißen Design aus dem Jahr 1991 an. Von Ralf Bohnert auf das aktuelle Modell übertragen, konnte der Tyrrell als erstes Fahrzeug der neuen Generation präsentiert werden. Einen neuen Anstrich gönnt sich auch das Formel1-Liga.de Pendant des Mercedes Werksteams, auch wenn dies nicht sonderlich überraschend kommen dürfte. Schon seit der Vorsaison treten die Seriensieger der realen Formel 1 in der Königsklasse in schwarz an, mit einem Jahr Verzögerung überträgt auch das Formel1-Liga.de Team um Christian Wickom und den Italiener Stefano Papia das Design auf seine Autos.

Vorübergehend aus dem Grid verschwinden werden hingegen die Teams Haas und Toro Rosso Die Vizeweltmeister des Vorjahres konnten keine neuen Piloten für die Saison 2021 verpflichten und sind damit die Einsteigermodelle für neue Fahrer oder Gelegenheitsteilnehmer. RedBull löst seine Dependance Toro Rosso auf und konzentriert sein Zweitengagement auf die Alpha Tauri von Ralf Bohnert und Jürgen Bechtel.

Das ist neu

Fans der ultimativen Rennaction kommen im neuen Jahr in der Regel früher auf ihre Kosten. Und auch die Qualifikation dürfte in Zukunft noch um einiges aufregender werden. Das 18-Minütige Q1 entfällt nämlich ersatzlos, unabhängig von der Teilnehmerzahl. Den bis zu 20 Fahrern bleiben somit künftig nur noch 15 Minuten sich für das Top-10 Qualifying zu qualifizieren und dort die Pole-Position auszufahren. Das Warm-Up vor dem Rennen wird dafür um fünf Minuten verlängert. Dies gibt nicht nur der Rennleitung mehr Zeit, die Startprozedur vorzubereiten, auch die Fahrer können sich nun intensiver auf die schwereren Autos einschießen. Und für die Fans besteht die Hoffnung, vor dem Rennen noch mehr Stimmen ihrer Lieblingsfahrer einzufangen. Kommentiert werden die Rennen, wie zum Schluss der Vorsaison vom kongenialen Tandem Michael Merkers und Julian Kopp. Und die Rennen dürften länger dauern: Um vier bis acht Sekunden pro Runde werden die Fahrzeuge der 2021er Generation gegenüber den Vorjahresmodellen einbüßen. Für die Fahrer kommt es damit mehr auf Präzision als auf Reaktionsschnelligkeit an. Dazu tragen auch die neuen Reifenmodelle bei. Den Fahrern stehen insgesamt fünf verschiedene Reifensätze zur Verfügung, von denen drei verschiedene für jedes Rennwochenende nominiert werden. Zwei davon müssen über die auf 75 % zum realen Vorbild reduzierte Renndistanz verwendet werden. Es ist anzunehmen, dass die härteste der Reifenmischungen in dieser Saison nicht mehr ganz so unbrauchbar sein dürfte, wie im Vorjahr. Verschiedene Strategieoptionen dürften das Feld also bei dem einen oder anderen Rennen durcheinander wirbeln.

Die Rennen

16 Rennen, also eines weniger als im Vorjahr, nehmen die 20 Piloten in der neuen Saison unter die Räder. Traditionell findet der Saisonauftakt im Albert Park von Melbourne statt. 44 Runden stehen dort am 12. März auf dem Programm. Abgepfiffen wird die Jubiläumssaison schließlich am 03. Dezember. Der Austragungsort für das Saisonfinale ist noch offen, denn neben dem Großen Preis von Ungarn verliert auch die bei den Fahrern nicht sonderlich beliebte Strecke in Abu Dhabi seinen Platz im Kalender.

Eröffnungsspiel

Schon seit 1996 wird der Große Preis von Australien im Albert Park von Melbourne ausgetragen. Der australische Grand-Prix wechselte damit nicht nur den Standort, sondern auch seinen zuvor festverankerten Platz als

Saisonfinale. Nur dreimal (2006,2010 und 2020) bildete das Rennen auf dem Hybrid aus Stadtkurs und permanenter Rennstrecke nicht den Saisonauftakt zur realen Formel 1. Gerade in den Anfangsjahren war der Albert-Park fast schon ein Garant für spektakuläre Auftaktrennen. Fahrer schüttelten noch den Winterrost aus den Knochen und die

Technik hat sich zu Saisonbeginn noch nicht als Kugelsicher erwiesen. Unvergessen bleibt das Regenchaos beim zweiten Saisonlauf 2010, bei dem sich Jenson Button als amtierender Weltmeister seinen ersten Sieg für seinen neuen Arbeitgeber McLaren-Mercedes sichern konnte.

Durch die Weiterentwicklung der Fahrzeuge mit immer höheren Geschwindigkeiten gerade in den Kurven hat die Strecke jedoch an Anspruch und Attraktivität eingebüßt. Dazu kommt eine relativ geringe Ausfallquote aufgrund der gestiegenen Zuverlässigkeit. Viele Komponenten müssen heute für bis zu sechs oder sieben Rennen halten, was einen Ausfall im ersten Saisonrennen zu einer Bürde für den Rest das Jahres werden lässt. Viele Beobachter sprechen davon, dass der Albert-Park nicht mehr zeitgemäß ist. In den kommenden Jahren hat die Stadt Melbourne in Zusammenarbeit mit dem Promoter einen wesentlichen Umbau des seit Eintritt in die Formel 1 unveränderte Layout in Aussicht gestellt. Die Formel1-Liga.de wird 2021 jedoch noch mindestens einmal auf dem traditionellen Streckenverlauf zurückgreifen. Die Strecke hat eine Länge von 5,303 Kilometern. 44 Runden sind zurückzulegen, was einer Gesamtdistanz von 233,332 Kilometern entspricht.

Das Kräfteverhältnis

Schwierig! Das Testrennen im Albert-Park gewann Kai Engelsiepen um fünf Sekunden vor Tobias Zunker. Jürgen Bechtel im zweiten Alpha-Tauri wurde mit 26 Sekunden Rückstand Dritter. Immerhin zwölf Fahrer nahmen den 15-Runden Sprint unter die Räder. Neben Engelsiepen waren aus dem Kreis der Favoriten auch Bohnert, Stolp und Zopp dabei. Die beiden letztgenannten torpedierten sich jedoch im Zweikampf um Platz drei in der sechsten Runde gegenseitig aus dem Rennen. Einen starken Eindruck hat Christian Wickom hinterlassen, der neben Engelsiepen und Zunker die schnellsten Runden drehte, bis ihn eine Durchfahrtsstrafe erst zurück und dann ein Unfall letztlich aus dem Rennen warf. Da waren Stolp und Zopp allerdings bereits in der Garage. Dennoch unterstrich die Performance seine Ambitionen in der neue Saison ähnliche Akzente setzen zu können, wie seine Fahrt auf den 2. Platz beim GP Aserbaidschan in der Vorsaison. Klar ist aber auch: Melbourne ist nicht zwingend repräsentativ. Schaut man auf die Vorsaisontests in Barcelona sehen die Tyrrell nicht nur stark, sondern auch konstant aus. Auch der Aston-Martin von Mario Söllner überzeugt durch gute Zeiten, spritbereinigt wohl durch die schnellsten. Alpine hält sich mit der Zeitenjagd noch genauso zurück wie Alpha-Tauri. Es ist aber davon auszugehen, dass da noch etwas kommen wird. Im Mittelfeld könnte Williams zur Überraschung der Saison werden. Gert Wickom fehlte in Spanien nur eine Zehntel auf seinen Bruder Christian im Mercedes. Emanuel Gerer, einer der fleißigsten Piloten in diesem Winter überzeugte mit Platz fünf im Testrennen. Auffällig dabei, als einer der ersten Fahrer scheint der Österreicher schon brauchbar mit den Soft-Reifen zu harmonieren. In dem einen oder anderen Rennen kann sich dadurch ein nicht zu unterschätzender Vorteil einstellen.

Boll-Werk

Einer der Fahrer, dem ein ähnlich guter Umgang mit dem Soft-Reifen zuzutrauen ist, ist Christian Boll. Der Fahrer, der am meisten an der neuen Fahrzeuggeneration getüftelt hat ist Christian Boll. Derjenige, der über den Winter sämtliches Feedback der Fahrer in die Entwicklung der Modifikation einbezogen hat ist Christian Boll. Der Fahrer, der sich nach einem harten Winter eine Auszeit gönnen muss, ist Christian Boll. Manchmal weiß man den Aufwand den jemand betreibt, um den Ligabetrieb am Laufen zu halten, erst dann zu schätzen, wenn er nicht mehr da ist. Komm bald wieder Christian, du fehlst uns. Dein Ferrari wartet auf dich.