Daniel Böhme „Jetzt blicke ich aber positiv nach vorn und für 2020 kann die Devise eigentlich nur Angriff heissen und vor allem versuchen eigene Fehler zu vermeiden.“

Guten Abend Daniel, vielen Dank dass du einen Moment Zeit für uns hast!

Du bist seit dem Jahr 2016 in der Formel1-Liga.de aktiv und hast, nach einigen Jahren offline Racing, auch im selben Jahr erst damit begonnen Simracing in einer Liga unter Wettbewerbsbedingungen zu betreiben. Wie sahen deine allerersten Kontakte zu diesem Hobby aus und was hatte ursprünglich dein Interesse an diesem Hobby geweckt?

Daniel Böhme: Die Zeit für ein Interview nehme ich mir selbstverständlich gerne. Meine Faszination an Rennspielen reicht tatsächlich schon länger zurück, zu einem Zeitpunkt wo es mangels Internet und entsprechender Hardware noch gar kein SimRacing geben konnte. Angefangen habe ich damals mit den MicrProse Titeln GrandPrix 1 auf Amiga und später GrandPrix 2-4 auf PC, was zur damaligen Zeit in meinen Augen die einzig brauchbaren F1 Spiele waren. Diese Titel habe ich noch mit Joystick (Steuerknüppel) gespielt, an ein Lenkrad war damals noch nicht zu denken. Alles was danach so von EA kam war mir zu sehr Arcade, weshalb ich dieses Hobby etwas aus dem Auge verloren hatte. Erst später, so ab 2011 mit den F1 Games von Codemasters, habe ich wieder zurück zu diesem Hobby gefunden, zu dieser Zeit jedoch offline gegen AI auf der XBOX360 und mit einem sehr einfachen Logitech Wheel. Konkreter wurde es dann als ich 2015 immer mehr SimRacing Ligen auf Facebook angezeigt bekam und mich anfing damit zu beschäftigen. Schliesslich meldete ich mich für die Sommer-Saison 2016 (10 Rennen) der GRL an und musste schnell feststellen dass ich weder mit dem damals vorhandenen Wheel noch mit meinem Fahrstil viel erreichen würde, wenn ich mich nicht umstelle. Ich weiss noch, dass mir im ersten Rennen, trotz viel Training und 2x Wheel wechseln zu einem Logitech G27, ungefähr 6 Sek pro Runde in Barcelona fehlten. Die Freigabe teilzunehmen erhielt ich dennoch, da war das Ziel nur ins Ziel zu kommen und hoffentlich niemandem im Weg zu stehen oder zu behindern. In den folgenden Rennen bis zum Ende der Sommer-Saison konnte ich mich auch durch erneuten Wechsel zu einem Trustmaster T500RS und Anpassen des Fahrstils, bis auf 2,5 Sek an die Spitze heranarbeiten. Leider war die Zukunft der Liga mehr als ungewiss und ich wollte Anfang September auch nicht bis 2017 warten um wieder Rennen zu fahren, wodurch ich erstmals bei der Suche nach Ersatz auf formel1-liga.de aufmerksam wurde. Ich bewarb mich kurzerhand, auch um die soeben erfahrene Praxis nicht durch monatelanges Aussetzen zu verlieren. Die Saison war hier bereits weit fortgeschritten und für mich ging es nur darum weitere Praxis zu sammeln. Am Ende der Saison konnte ich mich bis auf ca 1,7 Sek an die Spitze heranarbeiten.

Bevor du der Formel1-Liga.de beigetreten bist hast du ein paar Monate Ligaerfahrungen in der German Racing League gesammelt und dort den 9. Platz in der Gesamtwertung erreicht. Wie groß war für dich die Umstellung als du im August 2016 von der German Racing League zur Formel1-Liga gewechselt bist?

Daniel Böhme: Ich wurde in der Formel1-Liga sehr freundlich aufgenommen und konnte mich dank Hilfestellung der Fahrerkollegen insbesondere von Christian Wickom, der mir seine Setups zur Verfügung stellte und viel Erklärungen zum Setup gab, schnell auf die Mod einstellen, welche sich darüber hinaus nicht so sehr von der GRL Mod unterschied, einzig die Reifen waren ein komplett anderes Kapitel, womit ich nicht wirklich gut klar kam am Anfang. Das erforderte oft Kompromisse im Setup und der Fahrweise zu Beginn.

Dein Debüt in der Formel1-Liga.de hast du 2016 für Manor in Monza gegeben. Leider konnten wir bei unserer Recherche keine Informationen darüber finden von welchem Startplatz aus du ins Rennen gestartet bist und auf welchem Platz du das Rennen beendet hast. Kannst du dich noch an dein erstes Rennen in der Formel1-Liga.de, deinem Startplatz und dem Rennergebnis erinnern, und gab es für dich ein Highlight während deinem Debütrennen in der Formel1-Liga.de?

Daniel Böhme: Da muss ich tatsächlich überlegen, das Ergebnis war für mich zu dem Zeitpunkt nicht vordergründig, das habe ich gar nicht mehr so genau im Kopf, wenn ich mich recht erinnere war ich sogar Letzter mit 1 oder 2 Runden Rückstand. Ich hatte jedoch auch nicht erwartet mit der wenigen Erfahrung direkt konkurrenzfähig zu sein. Ich wollte in erster Linie Rennpraxis sammeln.

Insgesamt hast du mit dem Manor Team in den verbleibenden Rennen der Formel1-Liga.de Saison 2016 noch acht Punkte eingefahren und die Saison auf Platz 19 liegend abgeschlossen. In Anbetracht dessen das du erst sehr spät in die Saison eingestiegen bist und eigentlich noch ein Rookie warst, kein schlechtes Ergebnis! Warst du mit diesem Ergebnis zufrieden, oder hattest du ein schlechteres oder besseres Ergebnis erwartet?

Daniel Böhme: Erwartet hatte ich mangels Erfahrung erst einmal gar nichts. Daher habe ich da auch nicht wirklich auf die Wertung geschaut. Über die Punkte habe ich mich dennoch gefreut. Bis zum Ende der Saison im Dezember war unklar wo ich die Saison 2017 bestreiten würde. In beiden Ligen gleichzeitig zu fahren war rückblickend betrachtet nicht meine beste Entscheidung, zumal die GRL 2017 ebenfalls eine volle Saison mit 17 oder 18 Rennen fuhr.

Für die Formel1-Liga.de Saison 2017, deine erste komplette Saison in der Liga, wechseltest du von Manor nach Renault und in einem Interview im Marz 2017 verrietst du uns das dein gestecktes Ziel für diese Saison ein Platz in der Fahrerwertung unter den Top 8 ist. Letztlich ist es am Ende der Saison dann sogar ein starker 7. Platz in der Fahrerwertung geworden, aber war das damals für einen Rookie und zu Beginn der Saison nicht ein recht hochgestecktes Ziel, oder konntest du dir das im Vorfeld bereits etwas ausrechnen?

Daniel Böhme: Nein das Ziel war bewusst hoch gesteckt und ableitend vom 9. Platz in der GRL mein gewünschter Fortschritt den ich erreichen wollte, ungeachtet dessen dass ich nicht jeden Fahrer einschätzen konnte Anfangs der Saison 2017. Mit Platz 7 war ich am Ende sehr zufrieden, auch wenn ich weiss dass das wahrscheinlich nicht so ausgegangen wäre, hätten alle Kollegen bis zum Ende der Saison regelmäßig teilgenommen. Ich habe in diesem Jahr sehr viel von Tobias Stolp gelernt und konnte daher profitieren und bis auf unter 1,5 Sekunden zur Spitze aufschließen. Ein Podium blieb leider aber ein unerfüllter Traum.

In der Formel1-Liga.de Saison 2018 fuhrst du bei einem Doppelsieg von Renault in Bahrain dein erstes Podium ein und konntest die Saison mit einem 4. Platz in der Fahrerwertung abschließen. Wie war es für dich als du zum ersten Mal auf dem Podium gestanden hast und anschließend zur Pressekonferenz musstest und wie zufrieden warst du mit deiner Leistung in der Saison 2018?

Daniel Böhme: Der Saisonstart 2018 war etwas holprig mit einem 9. Platz in Frankreich und einem 6. Platz in Melbourne. Das Wochenende in Bahrain ist mir sehr gut in Erinnerung geblieben, war es doch auch unsere bisher einzige Doppelpole und unser einziger Doppelsieg für Renault. Wir hatten schon Tage vor dem Rennen ein gutes Gefühl dass es zur Doppelpole reichen könnte. Letztendlich war es denkbar knapp denn Christian Boll war bis auf 3 hundertstel Sekunden an meiner Qualifikationszeit dran in Q3. Tobias war für mich nicht zu schlagen dafür war ich mit knapp einer Sekunde Abstand nicht schnell genug. Dass es trotzdem für eine reine erste Reanult-Startreihe gereicht hat, war für mich im ersten Augenblick etwas verwunderlich, hatte ich doch fest damit gerechnet dass zumindest Andreas Frommherz und Kai Engelsiepen die Pace für mehr hatten.
Dass es mir dann noch gelang das Rennen fehlerfrei, wenn auch mit 40 Sekunden Rückstand auf Tobi, und mit einem im Rückspiegel über die gesamte Distanz Druck machenden Andreas Frommherz als Zweiter zu beenden rundete die Performance ab und bescherte mir dann das lang ersehnte erste Podium und dem Team einen Doppelsieg. In dem Moment wusste ich zwar dass eine Portion Glück dabei war, aber auch dass viel Kampf während des Rennens und im Training für dieses Ergebnis investiert wurde. Somit war ich super glücklich mit diesem zweiten Platz. Pressekonferenzen kannte ich bis zu diesem Wochenende nicht, höchstens vom Stream schauen, das war sehr ungewohnt und dann gleich 2x zum Interview, das darf aber zukünftig gern öfter passieren. Das hat echt sehr viel Spass gemacht. Im Allgemeinen war die Saison 2018 bis jetzt mein Highlight mit P4 in der Gesamtwertung, aber noch lange nicht das Limit. Ich denke wenn ich öfter eine solche Performance wie in Bahrain 2018 abrufen kann, wird es noch einige Podien geben, evtl. sogar mal einen Sieg. Aber die Konkurrenz schläft ja auch nicht und ist auch gerade in 2019 stärker geworden.

Die Formel1-Liga.de Saison 2019 lief mit einem 7. Platz in der Fahrerwertung nicht ganz so gut für dich. Wo siehst du die Ursachen? Was sind deine persönlichen Ziele für die Formel1-Liga.de Saison 2020 und wo möchtest du am Ende der Saison 2020 stehen?

Daniel Böhme: Eigentlich möchte ich über die vergangene Saison gar nicht viel reden, kurz und knapp war sie sehr enttäuschend. Ich war zu oft in Vorfälle auf der Strecke verwickelt die mich rechnerisch mindestens 2 Podien und etliche weitere Punkte gekostet haben. Im letzten Drittel der Saison kamen Probleme bei der Fahrzeugabstimmung und den Reifen dazu, als ich versucht habe meinen eigenen Weg in diesem Bereich zu gehen. Da habe ich mich zu sehr verzettelt, was mich sowohl in Qualifikation als auch im Rennen sehr viel Performance gekostet hat. Aber jetzt weiss ich zumindest in welche Richtung ich nicht gehen sollte, daher hake ich das als Erfahrung ab und werde 2020 hoffentlich stärker zurück kommen als ich 2019 abgeschlossen habe. Platz 7 am Ende war nicht ansatzweise mein Ziel ich denke es war die Pace für den Kampf Platz um P5 in der Wertung da. Das Feld ist größer geworden und somit auch die Konkurrenz um die vorderen Ränge, Platz 5 wäre vermutlich aber realistisch gewesen, bedenkt man dass ich durch die ganzen Vorfälle auch einmal von hinten starten musste und in Singapur gesperrt war. Allgemein bin ich froh dass diese Saison vorüber ist, somit kann ich das abhaken und nach vorne blicken, das Ziel für 2020 sollte schon eine Top 5 Platzierung in der Wertung sein. Grundsätzlich steht aber für mich erst einmal im Vordergrund die vielen Fehler der letzten Saison zu vermeiden und nicht in so viele Vorfälle verwickelt zu sein, ob jetzt selbst verschuldet oder nicht. Mein Ziel ist es konstanter in die vorderen Punkteränge zu fahren um dann auch in der Lage zu sein mal aufs Podium zu fahren. Selbstverständlich ist das Teamziel, die Verteidigung des WM-Titels vorrangig.

Wie dein Teamkollege und nunmehr dreifacher Weltmeister Tobias Stolp hast auch du erst vor kurzem für ein weiteres Jahr bei Renault unterschrieben. Wie sehr konntest du von der Zusammenarbeit mit Tobias Stolp profitieren und deine Leistung steigern?

Daniel Böhme: Wie bereits erwähnt ist die Zusammenarbeit mit Tobias sehr sehr wertvoll für mich, auch wenn er mir durch sienen reinen Speed und seine Konstanz immer wieder aufzeigt was ich für Fehler mache und wo es bei mir scheitert. Das kann auch ab und zu mal ganz schön frustrierend sein. Aber letztendlich gehört das dazu, man lernt daraus und die Unterstützung welche Tobias mir zukommen lässt, ist in vielen Situationen unbezahlbar. Vor allem im Bereich Setup-Arbeit wäre ich ohne Ihn oft aufgeschmissen, daher auch an dieser Stelle noch einmal ein großes Danke an Ihn für die Mühe und Ausdauer. Es gab in der Mitte der vergangenen Saison meinerseits starke Zweifel ob ich weiterhin in der Liga fahren werde oder ob ich mir nicht doch eine Auszeit nehme. Zu frustrierend waren einige Vorfälle auf und neben der Strecke im Laufe der vergangenen Saison. Nicht zuletzt ist es auch Tobias Verdienst der mir in dieser schwierigen Phase die nötige Unterstützung gab meine Fehler besser selbst zu reflektieren und meine Lehren daraus zu ziehen, was am Ende auch wieder den Spass am Simracen zurückbrachte. Für einige wenigen Rennen bin ich mit ziemlich viel Frust und wenig Motivation unterwegs gewesen. Jetzt blicke ich aber positiv nach vorn und für 2020 kann die Devise eigentlich nur Angriff heissen, vor allem versuchen eigene Fehler zu vermeiden.

Jetzt kommt eine Frage die wir dir ganz besonders gerne stellen, denn niemand arbeitet so nah mit dem dreifachen Weltmeister Tobias Stolp zusammen wie du. Wo siehst du die Stärken deines Teamkollegen, was macht ihn so schnell und glaubst du das ihm in der Formel1-Liga.de Saison 2020 jemand wirklich gefährlich werden und unter Druck setzen kann?

Daniel Böhme: Das ist eine wirklich nicht einfach zu beantwortende Frage. Wo fange ich da an und wo höre ich da auf. Alles in allem ist Tobias jemand der sehr schnell, innerhalb weniger Runden selbst mit einem nicht guten Setup ein Limit auf der Strecke findet und dies dann auch in sehr gute Rundenzeiten umsetzen kann. Dazu kommt, dass er es gut versteht, das Auto auf die jeweilige Strecke in Verbindung mit seinem Fahrstil entsprechend anzupassen. In beiden Punten habe ich massive Defizite, ich benötige mehr Zeit und kann seine Setups nicht unverändert übernehmen. Habe ich dann mein persönliches Limit gefunden fehlt auf Tobi meist doch noch ne ganze Menge, aber da gilt es Fortschritte zu erzielen in 2020 und diese Differenz in allen Punkten zu verkürzen. Ich denke es gibt schon den ein oder anderen Fahrer der das Potential hat Tobias herauszufordern, das haben wir ja auch in der Vergangenheit schon gesehen. Mein Ziel wäre es natürlich dass ich Ihn irgendwann herausfordern kann, das wird aber vermutlich so bald nicht der Fall sein. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Simracing, was man auch an seiner Rennintelligenz und der Konstanz sehen kann. Manchmal, wenn wir ein Rennen nach ein paar Tagen besprechen, erzählt er mir, dass er meine Abstände beobachtet hat und gleichzeitig aber Kai Engelsiepen im Nacken hatte, wo ich mir dann denke, in der Situation hätte ich gar keine Zeit und Nerv seine Abstände noch im Blick zu haben. Das wiederum zeigt dass er selbst in solchen Situationen sehr viel Routine und selbst dann noch Ressourcen frei hat.

Gibt es etwas das du jetzt noch gerne loswerden und unseren Lesern, den Ligakollegen oder uns erzählen möchtest?

Daniel Böhme: Ich wünsche allen noch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr. Unseren Lesern und Zuschauern wünsche ich eine spannende Saison 2020. Ich möchte mich meinen Vorrednern gern anschließen und dem ganzen Team rund um die Formel1-Liga für den unermüdlichen Einsatz danken. Ohne euch wäre das alles hier nicht möglich. Es macht sehr großen Spass in einer solchen Gemeinschaft seinem Hobby nachzugehen und ich bin froh während meines Tiefs diese Saison nicht das Handtuch geworfen zu haben. Ein ebenfalls aus dieser Zeit resultierender Konflikt ist leider noch ungeklärt. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei dem entsprechenden Fahrerkollegen entschuldigen und hoffe dass wir das zu gegebener Zeit, sofern er gesprächsbereit ist, beilegen können. Des Weiteren wünsche ich allen Fahrern einen guten Start in die neue Saison und dass wir wieder viel Spass miteinander haben! Vielleicht kommen ja noch ein paar neue Gesichter hinzu?!

Wir danken dir herzlich für das Interview Daniel, wünschen noch eine erholsame Winterpause, ein gutes und gesundes Jahr und viel Erfolg in der Saison 2020!