Adrian Gredore: „Es ist sehr bitter nur zu gucken zu können!“

Adrian, du hast die ersten 3 Rennen bisher nicht mitfahren können, die anderen Fahrer vermissen dich schon auf der Strecke. Was genau macht dir zu schaffen und wann geht es wieder auf die Piste?
Adrian Gredore: Ja, es ist sehr bitter nur zu gucken zu können. Mir macht an beiden Armen eine Sehnenscheidenentzündung zu schaffen. In den schwersten Zeiten konnte ich keine Flasche aufdrehen, mir meine Schuhe nicht zu binden und kein Brot schmieren. Mittlerweile ist es besser geworden. Aber trotzdem ist jede Bewegung mit Schmerzen verbunden. Es ist sehr schwer zu sagen, wann ich wieder loslegen kann. Der Bahrain Grand Prix findet in vier Wochen statt. Wenn ich daran teilnehmen könnte, würde ich mich sehr freuen.

Andererseits ist es eine sehr langwierige Geschichte. Andreas Schulz hatte mir letztens erzählt, er hätte zweimal eine Sehnenscheidenentzündung gehabt und die dauerte bei ihm ca. zwei Monate. Bei mir sind es jetzt 6 Wochen. Selbst wenn es in zwei Wochen wieder weg sein sollte, wäre es zu riskant, sofort mit dem Fahren anzufangen. Zwei bis drei Wochen Aufbautraining will ich mir schon gönnen. Somit ist es schwer zu sagen, wann ich wieder Rennen fahren kann. Jedoch wäre ich schon extrem enttäuscht, wenn ich mein Lieblingsrennen in Monaco nicht mit fahren könnte. Im Moment würde ich Monaco als spätesten Einstieg bezeichnen.

Du wurdest vor der Saison als Titelkandidat für die Fahrer-WM gehandelt, diesen Traum vom 2. Titel musst du nun sicherlich begraben oder?

Adrian Gredore: Klar, keine Chance und wenn doch wäre es die Sensation schlecht hin. Aber das wäre wohl nur möglich, wenn Spieler und Bohnert die letzten 5-6 Rennen nicht mitfahren. Irgendetwas sagt mir jedoch, dass die beiden sich eine solche Pause nicht gönnen werden. (lacht) Somit muss ich dieses Ziel aufs nächste Jahr verschieben. Da ich schon länger so denke, habe ich das auch schon verarbeitet. Es ist bitter, ich kann es aber nicht mehr ändern.

Momentan muss dein Teamkollege bei Red Bull, Kai Engelsiepen ja für zwei mitfahren. Wie gut hat er sich deiner Meinung nach in den ersten 3 Rennen geschlagen und wieviel ist für ihn möglich?

Adrian Gredore: Es ist sicher nicht einfach für ihn. Wir beide konnten immer viel Kraft, Speed und viele Ideen aus unserer hervorragenden Teamarbeit nehmen. Wir haben uns immer gegenseitig in den Trainings ans Limit gepusht. Der Wunsch vor dem Teamkollegen zu stehen hat immer die letzten Zehntelsekunden herausgequetscht. Trotzdem hat man sich gegenseitig alles gegönnt, wir haben uns geholfen und dem anderen immer Mut gemacht. Es ist einfach die perfekte Mischung aus Rivalität und Freundschaft, die uns bisher sehr weit gebracht hat. Das fehlt Kai jetzt natürlich, genauso wie es mir fehlen würde, wenn ich ohne ihn auskommen müsste.

Dazu kommt noch der Mod, der uns beiden nicht zu liegen scheint. Unter diesen Umständen hat er es sehr ordentlich gemacht. Er hatte bisher immer in den ersten Rennen einer Saison Pech gehabt, so auch 2013. Ohne die Zwischenfälle, die er zumeist nicht hätte verhindern können, würde er deutlich besser da stehen. Er kann auch sicherlich noch um den dritten Platz in der Weltmeisterschaft kämpfen. Insgesamt wirkt es jedoch etwas enttäuschend, nachdem er Ende der letzten Saison zwei Grand Prix gewinnen konnte und als Weltmeisterkandidat für 2013 aussah. Doch unter den gegebenen Umständen hat er fast das Beste herausgeholt.

2 Jahre hintereinander konntest du mit Engelsiepen den Konstrukteurstitel gewinnen, einmal mit Virgin, dann mit Force India. Reißt die Serie dieses Jahr?

Adrian Gredore: Es ist realistischer als die Fahrer-WM. Doch selbst das wäre eine Sensation. Williams fährt bärenstark und holt regelmäßig viele Punkte. Unter normalen Umständen wäre es ein wahrscheinlich spannender Kampf um den Konstrukteurstitel. Auch McLaren ist stark besetzt und eine harte Nuss. Momentan belegen wir den siebten Platz, was nach den zwei Titeln sehr enttäuschend ist. Trotzdem muss die Team-WM unsere Triebfeder sein, weiterhin alles zu geben, um eventuelle Patzer der Konkurrenz zu nutzen.

Du konntest bisher noch nicht sehr viel mit der MOD fahren, sie gilt in der Liga auch als eine Modifikation die anfangs schwer zu fahren ist, wie schnell denkst du, kannst du wieder vorne mitfahren?

Adrian Gredore: Es wird nicht einfach sein, 5-6 Rennen Vorsprung einzuholen. Ich habe zwar vor der Saison ein klein wenig trainiert. Das ist aber nicht zu vergleichen mit der Vorbereitung auf ein Rennen und das Rennen selber. Man kann sich gut an den Saisons 2011 und 2012 orientieren, wo wir in beiden Jahren den gleichen Mod gefahren sind. Der Rennsieger von 2011 wäre 2012 auf den gleichen Strecken von der Zeit her nur dritter oder vierter geworden. Je länger man mit den gleichen Autos fährt, desto sicherer, konstanter und schneller wird man. Somit wird es sicherlich keine einfache Saison für mich. Es wäre schön, wenn ich nach 2-3 Rennen schon die Spitze angreifen könnte. Das muss sich aber erst einmal zeigen, auch wie ich mit mehr Training mit dem Mod klar komme. Auch muss man sagen, dass gerade der Beginn einer Saison oft ein Vorteil für mich ist, da am Anfang mehr Fehler gemacht werden. Da ich in der Regel keine Dreher im Rennen habe, kann ich so etwas oft ausnutzen.

Alles schaut natürlich momentan auf Thomas Spieler, der bisher alle Rennen gewonnen hat. Denkst du er kann auf diesem Niveau weiterfahren bis zum Schluss oder kann Ralf Bohnert ihm noch gefährlich werden?

Adrian Gredore: Zunächst muss man sagen, dass Thomas eine super Saison fährt. So konstant habe ich ihn noch nie gesehen. Auch wenn er immer noch einen kleinen Fehler drin hat, so schafft er es wenigstens, vorher einen genügenden Vorsprung herauszufahren. Eine Topleistung von ihm und verdiente drei Siege in Folge. Dabei muss man aber auch erwähnen, dass der Druck auf ihn nicht so hoch ist, wie in den letzten Jahren. Es fehlt ein Mario Müller, ein Kevin Pflüger, ein Andreas Schulz in Topform. Auch ein Brian Klaes konnte ihn mal unter Druck setzen oder ihn paar Runden hinter sich halten. Wenn man mich dazu nimmt, sind es schon 5 Risikofaktoren weniger für ihn. Außer dem ersten Rennen, wo Christian Wickom auch Druck aufbauen konnte, ist es momentan nur Ralf Bohnert, der ihm gefährlich werden kann. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es einfacher ist, sich nur auf einen Fahrer konzentrieren zu müssen, als auf 5-6. Thomas Spieler ist auch mit voll besetzter Konkurrenz in der Lage, drei Rennen hintereinander zu gewinnen. Doch es wäre sicherlich schwerer und seine kleinen Dreher hätten mehr Schaden für ihn ausrichten können.

Ralf Bohnert ist sicherlich in der Lage, die WM noch spannend zu machen. Das konnte ich am eigenen Leib erfahren. Es war letzte Saison ungefähr die gleiche Situation. Ich war bis zur Saisonhälfte klarer Führender in der Weltmeisterschaft. Doch Ralf hat nicht aufgegeben, hat in der zweiten Saisonhälfte die beste Leistung gebracht, die ich bisher von ihm gesehen habe und sich verdient die Meisterschaft gesichert. Vielleicht braucht er diesen Druck sogar, um das letzte Quäntchen raus zu kitzeln. Es sind ja auch erst drei Rennen gefahren. Da ist noch alles drin.

Die Liga hat in diesem Jahr bereits 2 Neulinge mit Felix Seidel und Max Schoner begrüßen dürfen, wie bewertest du die Leistung der beiden bisher?

Adrian Gredore: Beiden merkt man natürlich die fehlende Erfahrung an. Felix Seidel konnte im ersten Rennen durchaus beeindrucken. Mit P9 im Quali, wie auch im Rennen konnte er gleich 2 Punkte mitnehmen. Er hat sich aus dem nötigsten heraus gehalten und ist ein sauberes Rennen gefahren. Beim zweiten Rennen hatte er dann leider technische Probleme. Im dritten hat er sich gleich in der ersten Kurve gedreht, was beim Startgedränge oft nicht gut ausgeht, wie auch in seinem Fall. Ich denke, da spielt die Nervosität durchaus eine Rolle. Damit muss man lernen, umzugehen. Trotzdem hat er durchaus Talent bewiesen und ich bin gespannt auf seine Entwicklung.

Max Schoner konnte zwar von den Zeiten her in den Trainings überzeugen. Doch die Rennen liefen nicht so glatt. Er kommt mir manchmal etwas überhastet vor. Der Start in Melbourne zeigte dies, als er in Kai Engelsiepen krachte. Ich denke, er muss an den Zweikämpfen und am Start noch etwas üben. Dann ist er sicherlich ein Kandidat für das Mittelfeld.

Wir haben zum Saisonstart einige Überraschungen und Enttäuschungen dabei gehabt. Wer sind deine Tops und Flops?

Adrian Gredore: Es gibt einen Thomas Spieler, der die ersten drei Rennen gewann, die Wickom Brüder haben zumindest in den ersten beiden Rennen auf sich aufmerksam gemacht. Mein persönlicher Top der noch sehr jungen Saison ist jedoch Andreas Frommherz. Er war nie richtig schlecht. Aber in den letzten Saisons hat seine Leistungskurve stetig nach oben gezeigt. Es schien in letzter Zeit jedoch so zu sein, dass er zwar auf ein sehr gutes Speedlevel gekommen ist, jedoch mit seiner Konstanz in den Rennen nicht weiterkam. Diese Saison scheint er den Durchbruch geschafft zu haben. Das Rennen in Melbourne hat mich beeindruckt. Er fuhr konstante Rundenzeiten, konnte sich sehr lange gegen Andreas Schulz verteidigen und griff nach Spielers Fehler den WM-Führenden an. Auch wenn mir da die letzte Konsequenz noch etwas fehlte, bewies er Rennintelligenz. Thomas wäre eh schneller gewesen und anstatt mit überhasteten Manövern einen Vorteil für Schulz zu bieten, fuhr er im Williams-Sandwich mehrere Rundenlang, als wenn es nichts Einfacheres gäbe. Zwei Podiumsplätze in drei Rennen und der dritte Platz in der Fahrer-WM, Frommherz ist in der Form seines Lebens.

Als Flop muss man Red Bull an sich erwähnen. Gar nicht wegen der Fahrweise von Kai Engelsiepen. Sondern wegen dem Umstand, dass wir in der Team-WM auf Platz 7 stehen. Die Gründe wurden oben schon genug erörtert. Der zweite große Flop sind die Starts in dieser Saison. Wir hatten in der letzten Saison im ersten Rennen die schlimmste Startkollision in der Geschichte der Formel1-Liga.de. Danach wurde auf den Tisch gehauen, alle haben sich besinnt und anschließend verliefen die Starts sehr gut. In dieser Saison gab es in jedem der drei Rennen Unfälle am Start. Das können wir so natürlich nicht akzeptieren und wenn das so weiter geht, dann müssen wir als Rennleitung evtl. sogar wieder eingreifen. Ich hoffe aber, dass dies gar nicht notwendig ist und dass wir ab dem nächsten Rennen wieder unfallfreie Starts erleben dürfen.

Du bist in Ligakreisen, als DER Livestreamkritiker schlechthin bekannt, was natürlich nicht verwunderlich ist, da du ja im Prinzip der Initiator der Liveübertragungen 2011 warst. Wie zufrieden warst du in den letzten Jahren mit dem Livestream?

Adrian Gredore: Den Livestream sehe ich ein wenig als mein ‚Baby‘ an. Ich habe ca. ein halbes Jahr, auch wenn nicht durchgehend, um den Livestream gekämpft. Ich habe mir immer wieder überlegt, wie ich die anderen davon überzeugen kann. Die damalige Rennadministration, zu der ich noch nicht gehörte, sah es zu Beginn äußerst kritisch. Ich musste als relativer Liganeuling damals gegen drei gestandene Administratoren antreten. Das war nicht einfach. Am Ende konnte ich sie doch überzeugen und darüber bin ich sehr froh. Kaum jemand kann sich die Liga mittlerweile ohne Livestream vorstellen.

Die Qualität der Livestreams war bisher sehr schwankend. Trotzdem vergisst man schnell, dass es eine Zeit ohne gab und dass auch ein mittelmäßiger Stream besser ist als gar keiner. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich einfach daran und will einfach mehr. Aus heutiger Sicht gab es deshalb Zeiten, in denen der Livestream nicht auf dem gewünschten Niveau war. Die Entwicklung ging auf und ab, doch mittlerweile sind wir auf einem sehr guten Weg.

In dieser Saison wird der Stream wieder von Brian van de Klaes kommentiert und dieser hat nun den Jung-Kommentator Julian Kopp, als dauerhafte Lösung an seiner Seite. Wie bewertest du den Stream in dieser Saison bisher und wie schlägt sich der Neuling?

Adrian Gredore: Beide machen das super. Mit einem Elan, den man selten gesehen hat. Natürlich harmonieren beide noch nicht perfekt miteinander. Doch sie sind sehr bemüht, sich zu verbessern und das Potential bei beiden ist sehr groß. In Anbetracht der Tatsache, dass sie auch so schon mit die besten Livestreams der Liga abgeliefert haben, freue ich mich sehr auf die weitere Entwicklung. Julian tauchte auf einmal auf und brachte die Presse im Alleingang auf Vordermann. In kürzester Zeit ist er zu einem festen und unverzichtbaren Bestandteil der Liga geworden und wird uns hoffentlich noch eine ganze Weile erhalten bleiben.

Dann wünschen wir dir gute Besserung und dass wir dich so schnell wie möglich wieder auf der Piste sehen können!