Tobias Stolp „Und jetzt stehe ich hier als Weltmeister, das ist schon der Wahnsinn“
Hallo neuer Weltmeister, Hallo Tobias Stolp.Erst einmal herzlichen Glückwunsch von der ganzen Liga zum ersten Weltmeister Titel in der Formel1-Liga. Am 05.05.2016 hast du dich hier bei uns als neuer Fahrer in der Liga angemeldet und hast dir direkt einen Platz im McLaren Team gesichert. Am 13.05.2016 ging es dann schon in Barcelona zum ersten Start. Und mit Platz 4 war es ein guter Einstieg in die Liga. Das erste Podium kam dann im September in Silverstone mit Platz 2. Und obwohl dir vier Rennen vom Anfang der Saison fehlten, konntest du die Saison noch mit Platz 4 in der WM 2016 abschließen.
Im Jahr 2017 ging es dann knallhart weiter. Bisher warst du bei jedem Rennen am Start und von bisher 16 gefahrenen Rennen konntest du schon 12 Podeste einfahren. Mit einem dritten, einem zweiten, und respektablen 10 ersten Plätzen, davon 9 in Folge. Zwei Rennen stehen sogar noch aus und es gibt noch den Konstrukteurs Titel der in greifbarer Nähe ist.
Wie fühlt man sich hier in der Liga als neuer Weltmeister, und wie viel Aufwand steckte dahinter?
Tobias Stolp: Vielen Dank! Es fühlt sich sehr gut an, auch wenn am Ende etwas die Gegenwehr gefehlt hat, da Kai leider aus gesundheitlichen Gründen an zwei Rennen nicht teilnehmen konnte. Ich denke wir hätten uns bis zum Saisonende einen heißen Kampf auf der Strecke geliefert und die Entscheidung um den WM-Titel wäre womöglich erst im letzten Rennen gefallen.
In der Team-WM liegen wir aktuell mit 28 Punkten vor Ferrari. Für die letzten zwei Rennen gilt es den Vorsprung zu verteidigen, um dem Team auch den Konstrukteurs-Titel zu sichern.
Es heißt also die Konzentration hochzuhalten und in der Vorbereitung für Brasilien und Abu Dhabi nicht nachlässig zu werden. Das ausgiebige Training vor den Rennen, insbesondere mit vollem Tank, war gewissermaßen mit einigem Aufwand verbunden. Aber auch dank meines Teamkollegen Daniel Böhme war es möglich die Motivation zu trainieren und sich zu verbessern immer auf einem hohen Level zu halten.
Was denkst du warum die Konkurrenz derzeit nicht an dir vorbeikommt?
Tobias Stolp: Ich habe im Laufe der Saison einen ziemlich guten Mittelweg bezüglich meiner Rennpace und dem Reifenverschleiß gefunden. Durch kleine Änderungen an meiner Fahrweise wie flüssigeres Einlenken und das Auto in den Kurven mehr rollen zu lassen, konnte ich die Temperaturen der Reifen und somit auch den Reifenverschleiß deutlich senken. In der Vorbereitung für die Rennen testeten Daniel und ich immer viel mit vollem Tank. Dadurch konnte ich die Grenzen des Autos in der Rennabstimmung gut abschätzen und am Renntag die Fehler aus der letzten Saison fast komplett ausmerzen. Ab dem Silverstone Grand Prix, zu dem unser Reifenmodell verbessert wurde, konnte ich fast immer einen Boxenstopp weniger machen als die Konkurrenz und dabei gleiche oder sogar schnellere Rundenzeiten fahren.
Die ersten Rennen liefen allerdings nicht gerade nach meinen Vorstellungen. In der Türkei sowie in Bahrain überschritt ich die Geschwindigkeit in der Box und handelte mir jeweils eine Stop & Go Strafe ein. In Russland und Spanien konnte ich die Pace der beiden Ferrari von Kai und Michi überhaupt nicht mitgehen. Nach den ersten fünf Rennen lag ich mit 63 Punkten bereits 34 Punkte hinter Michi und 47 Punkten hinter Kai zurück.
Erste Zweifel an meinem Saisonziel, weitere Rennen zu gewinnen und um den Fahrertitel zu kämpfen, machten sich breit.
Im nächsten Rennen, dem Großen Preis von Monaco, konnte ich endlich meinen ersten Saisonsieg einfahren und die Zuversicht, den Rückstand im weiteren Saisonverlauf noch aufholen zu können, kam zurück. Dazu kam der Sieg in Spielberg, bei dem die ersten Vier innerhalb von fünf Sekunden lagen. Ich konnte Kai fünf Runden vor dem Rennende noch überholen und meinen zweiten Saisonsieg holen.
Acht weitere Siege in Folge kamen hinzu und in Singapur konnte ich erstmals die Führung in der Weltmeisterschaft übernehmen. Im Nachhinein betrachtet fühlt sich diese Serie immer noch etwas unwirklich an. Nach jedem weiteren Sieg dachte ich im nächsten Rennen würde meine Serie reißen, aber es passierte nicht. Und jetzt stehe ich hier als Weltmeister, das ist schon der Wahnsinn.
Was steht auf dem Plan nach dem Ende der Saison? Wird es mit dem aktuellen Teamkollegen Daniel Böhme auch in die nächste Saison gehen, und wenn ja, was für Ziele habt ihr euch gesteckt?
Tobias Stolp: Eine kleine Auszeit werde ich mir schon gönnen und über die Feiertage etwas mehr Zeit mit der Familie verbringen. Daniel und ich werden auch in der nächsten Saison wieder ein Team bilden. Wir harmonieren einfach sehr gut. Daniel hat sich im Vergleich zum letzten Jahr deutlich gesteigert und er arbeitet von Rennen zu Rennen daran sich weiter zu steigern. Diese Einstellung schätze ich sehr und ich bin deshalb wirklich froh ihn als meinem Teamkollegen zu haben.
Für die nächste Saison steht die Verteidigung des Fahrertitels sicherlich ganz oben auf meiner Liste.
Ob wir zudem den Konstrukteurs-Titel zu verteidigen haben wird sich höchstwahrscheinlich erst nach dem letzten Rennen zeigen.
Derzeit wird für die Saison 2018 eine neue Mod entwickelt. Wie wir wissen wird es ein komplett neues Auto geben. Das heißt, neues Chassis mit neuem Fahrwerk. Sowie einen neuen Motor und ein überarbeitetes Getriebe. Von dem alten Auto wird also nicht viel übrig bleiben. Und ihr müsst euch als Fahrer natürlich erst einmal umstellen auf das neue Auto. Was habt ihr als Team für den Winter geplant? Werden die Tests in den Wintermonaten ausgeweitet?
Tobias Stolp: Ich denke wir werden noch ein wenig früher mit den Testfahrten beginnen, da nächste Saison wirklich alles neu sein wird. Vor dieser Saison hat es auch seine Zeit gedauert bis wir eine gute Abstimmung für das Auto gefunden haben und da waren die Veränderungen nicht so zahlreich.
Ich bin schon sehr gespannt wie sich die neuen Autos fahren werden und ich hoffe, dass wir uns ähnlich schnell auf die Änderungen einstellen können wie in diesem Jahr.
Das wird definitiv eine Herausforderung, welcher wir uns aber gerne stellen.
Wen hast du als direkten Konkurrenten für die Titelverteidigung im nächsten Jahr auf dem Plan?
Tobias Stolp: An erster Stelle sehe ich auf jeden Fall Kai. Er hat diese Saison lange die Weltmeisterschaft angeführt und er hat auch bereits angekündigt, dass ich nächstes Jahr der Gejagte sein werde.
Zusätzlich würde ich noch Michi Kaiser, der diese Saison leider einige Rennen nicht mitfahren konnte, nennen. Wenn er die Zeit zum Trainieren findet, muss man mit ihm ebenfalls rechnen, er hat schließlich letztes Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen.
Andreas und Christian Wickom würde ich noch zum erweiterten Favoritenkreis hinzuzählen. Beide hatten diese Saison starke Rennen und mit Andreas hatte ich am letzten Rennwochenende in Austin einen tollen Zweikampf.
Es wird sich zeigen wer sich auf die neuen Fahrzeuge am schnellsten einstellen kann und vielleicht kommen auch ein paar neue Fahrer hinzu, die auf Anhieb ganz vorne mitfahren können.
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen dir viel Glück für die letzten Rennen