Christian Wickom „Es wird sehr schwer werden in dieser Saison noch einmal richtig Boden gutzumachen…“

Hallo Christian,

zuerst einmal vielen Dank das du dir die Zeit für ein persönliches Interview via Teamspeak nimmst!

Christian Wickom: Hallo Olaf, gerne.

Lass uns ganz zu Anfang kurz über ein Thema sprechen das nichts mit Simracing zu tun hat, aber zurzeit wohl die meisten Menschen beschäftigt, die Corona-Pandemie. In Deutschland gibt es aktuell über 150.000 an Covid-19 erkrankte Menschen und die Anzahl der Erkrankungen steigt täglich. Viele Menschen machen sich dieser Tagen Sorgen um ihre Angehörigen, Freunde, Bekannte, um ihre eigene Gesundheit, ihren Arbeitsplatz oder das eigene Geschäft und müssen sich zudem auch mit den angeordneten Kontakteinschränkungen arrangieren. Du lebst du in Schleswig-Holstein, wo die Fallzahlen pro 100.000 Einwohner noch nicht so hoch ist wie zum Beispiel in Bayern, Baden-Württemberg oder hier bei uns in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Schleswig-Holstein steigt die Zahl der an Covid-19 erkrankten täglich.

Wie geht es dir zurzeit in dieser außergewöhnlichen Situation, wie gehst du mit dieser Situation um und noch eine Frage, gibt es bei dir im Norden der Republik noch auseichend Toilettenpapier und Küchenrolle in den Geschäften?

Christian Wickom:

Toilettenpapier und Küchenrolle bekommen wir hier zum Glück noch und da wir auch in der Touristikbranche tätig sind haben wir natürlich auch etwas Vorrat eingelagert. Da unserer Ferienwohnungen auf Grund der Corona-Pandemie zurzeit nicht belegt sind haben wir daher noch einen üppigen Vorrat zur Verfügung.

Zu der Corona-Pandemie kann ich sonst nur sagen das alles runtergefahren ist. Wie gesagt, unsere Ferienwohnungen sind derzeit nicht belegt und ich bin im Moment auch ganz froh darüber, denn bei Gästen anstecken die eventuell Corona haben, möchte ich mich auch nicht. Für mich bedeuten Gäste immer direkter und persönlicher Kontakt, das heißt die Gäste begrüßen, das Gepäck mit hereintragen, alles erklären und über Freizeitmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten informieren und auch etwas schwätzen und das geht natürlich jetzt zurzeit nicht. Jedoch wird dies in Zukunft mit Schlüsselboxen und Infomappen umgangen.

Ansonsten, StayHome, bleibt alle zu Hause, haltet die Regeln ein und lasst uns so versuchen das wir mit den Erkrankungen auf einem Level bleiben der garantiert das jederzeit genügend Intensivmedizinische Plätze vorhanden sind und wir auch diese Krise meistern.

Jetzt ist natürlich nicht nur in der Touristikbranche alles heruntergefahren, sondern auch in vielen anderen Branchen und auch vor dem Sport hat der Corona-Lockdown nicht Halt gemacht. In der Bundesliga rollt derzeit kein Ball und in der Formel 1 herrscht Stillstand. Die ersten neun Rennen der Formel 1 Weltmeisterschaft 2020 sind auf einen noch unbestimmten Termin verschoben, wobei der der Große Preis von Monaco gänzlich abgesagt worden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist auch noch völlig ungewiss in welchem Umfang die Formel 1 Weltmeisterschaft 2020 noch ausgefahren wird oder noch ausgefahren werden kann. Vor diesem Hintergrund hat sich der früherer Formel 1 Boss Bernie Ecclestone in einem Interview sogar dafür ausgesprochen die Formel 1 Saison 2020 komplett ausfallen zu lassen. Vielen Menschen fehlen die sportlichen Events jetzt und gerade in der jetzigen Situation in der die Freizeitmöglichkeiten recht eingeschränkt sind wiegt das vielleicht noch etwas schwerer. In wieweit interessierst du dich für Sport, sei es Fußball oder Formel 1, hast diesen sonst verfolgt und wie sehr vermisst du diesen gegebenenfalls jetzt?

Christian Wickom:

Natürlich interessiere ich mich für Sport. Die jetzige Situation zeigt aber auch wie eng unserer Gesellschaft aufgebaut ist. Da verbreitet sich so ein Virus und wir reden ja hier von einer Pandemie, also einer akuten weltweiten Verbreitung und dann muss nicht nur vieles in der Wirtschaft, sondern auch im Sport alles in den Keller gefahren werden. Außer den virtuellen Sportarten ist ja jede Sportart betroffen. Das zeigt wie empfindlich die Maschinerie der Welt ist, plötzlich erscheint so ein kleiner Virus auf der Bildfläche und alles fällt.

Dass die Formel 1 derzeit nicht fährt ist natürlich schade. Ich habe die Übertragungen jetzt nicht mehr so regelmäßig angeschaut wie früher, aber wenn ich dazu keine Zeit hatte, dann habe ich sie meist aufgezeichnet und später angesehen.

Bei jedem sportinteressierten Menschen fehlen jetzt natürlich Bereiche der sportlichen Unterhaltung. Der eine hat Fußball geschaut, der andere hat Tennis geschaut oder Formel 1 oder eine andere Sportart und das fällt jetzt alles weg. Man muss also was diese Bereiche der Freizeit betrifft jetzt komplett umdenken und ich bin der Meinung das die jetzige Situation unser Denken vielleicht etwas neutralisiert. Man einfach mal wieder vor die Türe geht, einen Spaziergang macht und sich etwas an der Natur erfreut. Man sieht jetzt einfach wo die Menschheit hingekommen ist und wie schwer es manchen Menschen fällt sich in ihrer Freizeit selbst zu unterhalten oder zu beschäftigen.

Jetzt hast du gerade schon einmal kurz die virtuellen Sportarten erwähnt und diesen Faden möchte ich aufgreifen. Während in der sportlichen Realität zurzeit fast alles stillsteht, geht bei uns in der Formel1-Liga.de alles seinen gewohnten Gang. Das ist darin begründet das wir unseren Motorsport virtuell ausüben und dabei nur über einen Server im Internet verbunden sind auf dem unserer Simulationssoftware läuft. Das wiederum bedeutet, es gibt kein Infektionsrisiko wie man es derzeit als Fahrer oder Zuschauer bei einer realen Rennveranstaltung hätte, wenn sie dann stattfinden würde. Virtuelle Sportarten haben daher zurzeit den Vorteil das man sie auch während der jetzigen Corona-Pandemie weiterhin betreiben und in vielen Fällen auch live im Internet verfolgen kann, denn nicht nur die Formel1-Liga sondern auch viele andere Ligen übertragen ihre Events live und mit Kommentatoren im Internet.

Ich schaue mir den Livestream der Formel1-Liga natürlich auch regelmäßig an und habe dabei sehr häufig die Erfahrung gemacht das sich beim Zuschauen die Virtualität und die Realität vermischen. Es wirkt alles sehr echt und realistisch und man vergisst das die Piloten nicht wirklich in den Autos sitzen die man um die Rennstrecke fahren sieht, sondern jeder Pilot bei sich zu Hause in seinem Sim-Rig. Wie ist das bei dir, wenn du zum Beispiel den Livestream unserer Liga oder den einer anderen Liga verfolgst, erscheint dir das ähnlich realistisch?

Christian Wickom:

Dazu man einmal sagen, dass wir im virtuellen Motorsport nicht wirklich etwas anderes machen als die Fahrer im realen Motorsport. Wir lenken, bremsen, beschleunigen und schalten bei einem virtuellen Rennen also genauso oft oder annähernd so oft wie es auch die Fahrer in der realen Formel 1 machen. Dazu haben wir jeder bei sich zu Hause ein reales Sim-Rig in dem wir sitzen, ein reales Lenkrad mit Schaltwippen und eine reale Pedalerie mit Gaspedal und Bremspedal. Unser Auto dagegen ist virtuell und wird von uns über eine ebenfalls virtuelle Strecke gefahren, wobei wir aber ganz real lenken, die Gänge hochschalten und runterschalten, beschleunigen und bremsen. Was wir in der Regel nicht haben sind die körperlichen Belastungen durch die Unebenheiten der Rennstrecke und die auftretenden G-Kräften bei Kurvenfahrten, bremsen und beschleunigen. Damit muss jemand der virtuelle Autorennen fährt dann auch nicht zwangsläufig körperlich so gut trainiert sein wie ein Jemand der reale Autorennen fährt, sondern kann auch mit Bierbauch in seinem Rennsessel sitzen. Was aber dann wieder gleich ist zum realen Motorsport, auch wer virtuelle Rennen fährt muss in der Lage sein über einer Dauer von 1 bis 2 Stunden und über 40 bis 60 Rennrunden die Konzentration hochzuhalten und hochkonzentriert fahren zu können. Dabei kommt man dann, ganz besonders im Sommer, auch mal kräftig ins schwitzen und kann schon mal einen Liter oder auch mehr Wasser verlieren. Virtuelle Rennen zu fahren kann also durchaus sehr anstrengend, schweißtreibend und sowohl vom Fahrer wie auch vom Zuschauer als sehr real empfunden werden.

2018 hat der Deutsche Motorsport Bund Simracing als offizielle Motorsport-Disziplin anerkannt und  Dr. Gerd Ennser, Präsidiumsmitglied des Deutsche Motorsport Bund und verantwortlich für Sim‑ Racing sagte damals dazu : “In keiner anderen Sportart liegen Realität und digitale Simulation so nah beieinander wie im Motorsport“.

Jetzt ist aber natürlich nicht alles Simracing was man auf dem Computer fahren kann und der Deutsche Motorsport Bund unterscheidet auch sehr klar zwischen professionellem Simracing und den Gaming‑Varianten. Während Gaming als Freizeitaktivität gilt, erfordert das Simracing regelmäßiges sportliches Training als auch Strukturen wie wir sie vielleicht ähnlich auch in der Formel1-Liga.de haben.

Wir haben in der Formel1-Liga.de ein klares Regelwerk angelehnt an das Reglement der realen Formel 1, technische Standards die einzuhalten sind wie zum Beispiel ein Lenkrad und Pedalerie während Gamepads untersagt sind. Wir haben eine Ligaleitung, eine Rennkommission und fahren eine Meisterschaft nach einem festgelegten Rennkalender. Könnte ich jetzt mit Recht behaupten das wir in der Formel1-Liga.de schon recht nahe dran sind am professionellen Simracing und schon recht weit weg vom normalen Gaming?

Christian Wickom:

Ich würde das in drei Kategorien unterteilen.

In Kategorie 1 den Hobby-Gamer, der sich ein preiswertes, mittelteures oder vielleicht auch teures Lenkrad mit Pedalen kauf und das jeden Sonntag mal an seinen Schreibtisch schraubt und ein paar Runden F1 2019 fährt.

Kategorie 2 währen für mich dann die Ligen, wie auch die Formel-1Liga.de, die ich Profi-Gamer nennen würde und die eine Meisterschaft austragen. In einer Liga wie der Formel1-Liga.de hat jeder Fahrer sein eigenes Equipment, das heißt sein eigenes Sim-Rig, sein eigenes Lenkrad, seine eigenen Pedalen, seinen eigenen Computer samt Monitor oder VR-Brille und das in Abhängigkeit davon wieviel Geld er für sein Equipment investieren kann oder investieren möchte. Hier sind dann die sportlichen Ergebnisse immer leicht verwässert, weil die unterschiedlichen Equipments einen 100% Vergleich halt unmöglich machen.

Kategorie 3 währen für mich dann die richtigen Profi-Ligen, in denen alle Fahrer das identische Equipment zur Verfügung haben oder zur Verfügung gestellt bekommen. Dazu die gleichen Einstellungen wie zum Beispiel generelle Cockpitsicht, also absolut identische Autos und Controller Einstellungen fahren.  Wo dann wirklich nur noch Talent und das Können den Unterschied macht. Das ist dann die Höchste Ausbaustufe des Simracing.

Würdest du es für möglich halten, dass Simracing in Zukunft eine echte Konkurrenz zum realen Motorsport darstellen oder diesen eventuell auch weitgehend ablösen könnte?

Christian Wickom:

Das ist schon eine schwierige Frage. Was mich zum Beispiel stört am realen Motorsport ist die Vernichtung von sehr großen Geldsummen. Grundsätzlich stören mich aber im gesamten Sport die extrem hohen Gehälter und Zahlungen. Es gibt Formel 1 Fahrer die verdienen 20 oder 30 Millionen im Jahr und es gibt Fußballer für die 100 Millionen Ablösesummen gezahlt werden. Da finde ich, dass die Realität ein wenig verloren gegangen ist und dies den Sport auch ein wenig kaputt macht. Früher konnte man Fußball frei im Fernsehen schauen, heute muss man ein Pay-TV Abo oder was auch immer besitzen um alle Spiele ansehen zu können und ähnlich ist es auch bei der Formel 1. Möchte man heute seinen Sport intensiv im TV verfolgen ist man fast immer gezwungen irgendwelche Gebühren zu zahlen mit denen dieser Millionenzirkus Sport aufrecht erhalten wird. Das alles beschränkt natürlich den Zugang zum Sport für die Menschen die mit weniger Geld auskommen müssen. Diese Punkte stören mich am realen Sport und diese Punkte gibt es im virtuellen Sport so extrem nicht.

Kommen wir zu einem Thema das dir sicherlich schon einige Nerven gekostet hat. Seit geraumer Zeit hast du Probleme mit deiner Fanatec Wheel Base, die mir in sehr ähnlicher Art auch nicht unbekannt sind und die mir zum Ende der Saison 2018 und mit meiner alten Fanatec Wheel Base v1.5 zu schaffen machten. Ich konnte mich zu dieser Zeit nicht mehr darauf verlassen das mein Auto zu jeder Serversession, unter dem gleichen Setup und unter identischen Streckenverhältnissen das gleiche Fahrverhalten besaß. Nicht selten war es sogar so, dass ich mit einer gut funktionierenden Wheel Base zum Beispiel im Qualifying nach einer Hotlap in die Box kam, frische Reifen aufgezogen habe und beim herausfahren das Fahrverhalten ein völlig anderes war. Das Force Feedback fühlte sich gänzlich anders an, der Grip war fast vollständig weg, ich rutsche praktisch nur über die Strecke und der Reifenverschleiß schoss in die Höhe. Das ganze passierte völlig unkontrollierbar uns ließ sich nicht vorsätzlich reproduzieren. Wie sehen die Probleme bei dir im Detail aus?

Christian Wickom:

Die Probleme mit meiner Wheel Base! Da gibt es eine große Bandbreite! Das sind zum einen die Probleme die du schon angesprochen hast, zum Beispiel man Joint in eine Serversession, lädt das Setup das man am Tag vorher gefahren ist und mit dem die Rundenzeiten gut und auch der Reifenverschleiß in Ordnung war. Man fühlt es schon wenn man aus der Box fährt und durch die ersten Kurven lenkt, dass es sich anfühlt als würde man wie auf Seife fahren. Bei den meisten existiert dieses Problem nicht, die schalten ihren PC ein und haben immer die gleichen Verhältnisse, aber es gibt auch einige Fahrer die diese Probleme haben. Das fatale dabei ist, man fährt am Rennabend das Qualifying und alles ist in Ordnung und nach dem Qualifying wird dann ins Rennen geschaltet und plötzlich ist das Fahrverhalten vom Auto ein völlig anderes.

Das zweite Problem das ich mit meiner Base habe und wo ich mittlerweile an dem Punkt bin wo ich sage das Problem liegt mit an unserer Mod, ist der Reifenverschleiß. Es gibt ja verschiedenen Hersteller die Lenkräder produzieren, die größten für den Massenmarkt sind sicherlich Fanatec, Thrustmaster und Logitech. Während man vor zwei Jahren mit dem G27 von Logitech unsere Mod kaum vernünftig fahren konnte, weil der Reifenverschleiß viel zu hoch war, scheint das G27 mit der aktuellem Mod wieder gut zu funktionieren. Thrustmaster bewegte sich immer irgendwie im Mittelfeld und funktionierte nach meiner Erfahrung ohne große Schwankungen und bei Fanatec glaube ich, dass es nicht wirklich ein großer Freund von rFactor 2 ist. Wir haben einige Fahrer die mit Fanatec unterwegs sind und ein Teil davon hat Probleme die mal sporadisch oder auch regelmäßig auftreten.

Bei der aktuellen Mod in Verbindung mit meiner Fanatec Base habe ich festgestellt, dass sich bereits kleine Änderungen der Einstellungen der Lenkung massiv auf den Reifenverschleiß auswirken. Unsere Mod hat als Vorgabe Standardmäßig 360 Grad Lenkwinkel und wenn ich im Wheel den Lenkwinkel verstelle, hat das zum Teil erheblichen Einfluss auf den Reifenverschleiß. Kurz erklärt, ich habe einen Lenkwinkel von 360 Grad, stelle im Wheel den Lenkwinkel auf Automatik, so wie Fanatec das vorgibt, setze in den rFactor2 Settings bei Vehicle Set das Häkchen und habe habe im Fahrzeugsetup einen Lenkwinkel von 400 Grad eingestellt, kann ich damit nicht fahren, weil der Reifenverschleiß über 8% beträgt. Derzeit fahre ich ohne das Häkchen bei Vehicle Set, habe im Fahrzeugsetup einen Lenkwinkel von 360 Grad eingestellt und im Wheel einen Lenkwinkel von 360 Grad und erhalte damit einen Reifenverschleiß von 3%. Das stört mich dann auch etwas am virtuellen Racing, weil solche Probleme den Wettbewerb verzerren. Die Leistung die man erbringen kann ist in weiten Teilen abhängig von der verwendeten Hardware und den Hardwareeinstellungen und wenn man von diesen Problemen betroffen ist, muss man extrem viel Zeit aufbringen um passende Einstellungen zu finden die einen halbwegs konkurrenzfähig halten.

Von diesem unerfreulichen Thema zu einem erfreulichen Thema und in diesem Zusammenhang herzliche Gratulation zum zehnjährigen Liga-Jubiläum! Wie war das damals?

Christian Wickom:

Ja, ich bin im April 2010 in die Liga eingetreten und ich glaube mein erstes Rennen hier in der Liga bin ich dann in Barcelona im BMW Sauber gefahren. Das war ein katastrophales Rennen und ich meine mich zu erinnern das ich zum Ende noch ohne Sprit liegengeblieben bin, irgendwo auf Platz 19 oder 21. Schon damals war das Fahrerniveau sehr hoch, es gab viele gute Fahrer in der Liga und es war sehr schwer sich in Richtung Top 10 zu bewegen oder in die Nähe der Top 10 zu gelangen. Die Mods wurden damals schon und über die Jahre hinweg sehr anspruchsvoll vom Fahrverhalten entwickelt, in der aktuellen Saison sind wir davon aber ein Stück weg, denn der aktuelle Mod ist sehr einsteigerfreundlich. Und so bin ich jetzt 10 Jahre in der Liga gefahren und die Liga ist zu einem zweiten Wohnzimmer geworden in dem man seine Trainingsabende verbringt, die Rennen fährt und auch private Freundschaften mit anderen Fahrern hat und abends auch schon mal bei einem Whisky oder Bier etwas länger im TS verweilt und sich unterhält. Alles im allem kann ich sagen, dass es wirklich schöne und lustige 10 Jahre waren.

Von den 10 Jahren die du nun als Fahrer in der Formel1-Liga bist, warst du auch 4 Jahre lang als Administrator in der Liga tätig. Wie war das und was waren deine Aufgaben als Administrator?

Christian Wickom:

Es war auf jeden Fall nicht immer leicht, weil man meist einen Spagat machen muss zwischen Fahrer sein und Administrator sein. Als Administrator hat man zum Beispiel nicht mehr die gleichen Freiheiten wie als Fahrer, weil man auch eine gewisse Vorbildfunktion hat. Das heißt, dass ich eine Äußerung die ich als Fahrer im Forum machen würde, als Administrator erst einmal überdenken muss, oder mir auch überlegen muss in welcher Form ich auf einem Forenbeitrag antworten kann. Ich denke zwar wie ein Fahrer, ich bin ja auch ein Fahrer, habe aber auch die Verpflichtungen und die Vorbildfunktion eines Administrators.

Ansonsten sind die Aufgaben eines Administrators gemeinsam mit den Administratorkollegen den Ligabetrieb aufrecht zu erhalten. Das fängt an beim Rennkalender der erstellt und die Strecken vorab getestet werden müssen. Dann muss die Meisterschaft verwaltet werden, das heißt der WM-Stand und die Punkte müssen gepflegt und nach jedem Rennen aktualisiert werden. Wenn jemand in der Protestgruppe ausfällt muss man die Protestgruppe ergänzen, beim Rennbetrieb muss man den Server steuern und man muss sich um das Forum kümmern. Das sind zum Beispiel einige Aufgaben der Administratoren.

Das sind natürlich alles Dinge, die den Zuschauern unseres Livestreams und auch den Lesern unserer Webseite im Verborgenen bleiben…..

Christian Wickom:

Alles was wie automatisch aussieht ist halt Administratorenarbeit. 😉

So könnte man das vielleicht auch sagen aber einen Punkt den man dabei auf keinen Fall außer Acht lassen darf und sollte ist der zeitliche Aufwand den die Administratoren aufbringen um den Ligabetrieb am laufen zu halten und der dann an anderer Stelle vielleicht fehlt. Könntest du eine Zeit nennen wieviel Stunden du im Monat für die Aufgaben als Administrator aufbringen musstest?

Christian Wickom:

Das ist natürlich immer abhängig von der Mit- oder Zusammenarbeit mit den Administrator Kollegen.

Kurz noch vorneweg. Alle Administratoren der Formel1-Liga.de sind ja auch gleichzeitig Fahrer und fahren die Rennen mit und wenn jetzt eine Saison beendet wurde und die Fahrer in die Winterpause gehen und denken „cool“ jetzt greife ich mal 10 Wochen nicht ins Lenkrad, dann geht das für die Administratoren nicht. Für die Administratoren ist die Winterpause eigentlich die Zeit der meisten Arbeit. Das fängt an bei der Auswahl der Mod, anschließend die Anpassung der Mod an den Bedürfnissen der Liga, die Erstellung des Rennkalenders, das testen der Strecken und so weiter. Die Winterpause ist für den Administrator also nicht wirklich eine Zeit der Erholung, sondern die Vorbereitungszeit für die jeweils neue Saison.  Also auch gleich die Arbeitsintensivste Zeit.

Die Zeit die man als Administrator aufbringt hängt wie gesagt stark von den Administrator Kollegen ab und davon ob alle Admins an einem Strang ziehen. Das war in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall und ich habe dann auch schon einmal Dinge in Alleinregie durchgezogen. Es gab also Wochen die waren sehr entspannt mit nur 2 oder 3 Stunden Arbeit, aber auch Wochen mit 10 oder 15 Stunden Arbeit als Admin. Oft war es auch so, dass ich am Trainingsabend auf den Server und in Teamspeak kam um zu trainieren, aber einige Fahrer Probleme oder Fragen hatten die erst einmal abgearbeitet werden mussten. Wenn das dann nach ein oder zwei Stunden erledigt war, dann habe ich in der Regel den Rechner abgeschaltet ohne wirklich trainiert zu haben, weil dann die Luft raus war. Die Arbeit als Administrator und je nachdem wie viel Zeit man in diese Arbeit investiert, hat daher auch großen Einfluss auf die eigene Performance über die Saison.

Letzteres war auch ein Grund warum du die Arbeit als Administrator niedergelegt hast. Du schriebst zu deinem Rücktritt damals im Forum das die Luft raus ist und wenn du die Arbeit des Administrators noch weiterführen würdest, dann die Luft eventuell gänzlich raus wäre und du dann wahrscheinlich auch keine Rennen mehr fahren würdest, aber genau das, nämlich Rennen zu fahren, der Grund war warum der der Liga beigetreten bist. Wie hat sich dies nun über die vergangenen Wochen nach deinem Rücktritt entwickelt, trainierst du jetzt häufiger, ist wieder etwas mehr Freude am fahren dabei oder vermisst du die Arbeit als Administrator etwas?

Christian Wickom:

Nach meinem Rücktritt gibt es jetzt natürlich Moment wo ich mir denke warum passiert da jetzt nichts von Seiten der Administratoren, warum reagiert da keiner wo ich sonst als Administrator reagiert hätte. Aber jeder Mensch und jeder Administrator ist anders und reagiert auch anders oder auch schon einmal gar nicht, weil er sich vielleicht denkt „lass die sich im Forum doch einfach mal streiten“.Das ist ja auch gut so. Jede Situation ist natürlich unterschiedlich aber es gibt Situationen da juckt es mir dann schon mal in den Fingern und ich würde gerne etwas dazu schreiben, aber sage mir dann, dass ich kein Administrator mehr bin und mich da nicht einmische und gut. Was das Fahren betrifft hatte ich nach meinem Rücktritt erst einmal ein Loch und wirklich eine Winterpause in der ich nichts gemacht habe. Jetzt fahre ich wieder mehr und bekomme auch meine Lenkradprobleme so langsam  in den Griff. Also kann es mit der Aufholjagt in der WM Wertung langsam vorwärts gehen.

 

10 Jahre Mitglied in der Formel1-Liga, 4 Jahre davon als Fahrer und Administrator gleichzeitig. Dein bestes Saisonergebnis hast du 2017 mit dem 3. Platz in der Formel1-Liga.de Meisterschaft eingefahren. In der Formel1-Liga.de Saison 2018 hat es auf Grund einer Handverletzung dann nur für den 6. Platz der Meisterschaft gereicht und in der Saison 2019 gab es einige Zwischenfällen auf der Strecke in denen du involviert warst, so dass es letztlich nur ein 8. Platz geworden ist. In der aktuellen Saison 2020 liegst du nach vier von achtzehn Rennen auf Platz 10 der Gesamtwertung. Was denkst du wo du zum Ende der Saison 2020 stehen wirst oder wo möchtest du zum Ende der Saison 2020 stehen.

Christian Wickom:

Mit dem neuen Punktesystem das wir in der Formel1-Liga verwenden und bei dem bis zum 15. Platz Punkte vergeben werden, ist es jetzt natürlich schwerer etwas Boden gutzumachen. Aktuell belege ich Platz 10 in der Gesamtwertung und meine direkten Gegner sind Daniel Böhme, Johan Asanger, Christian Boll und Jürgen Bechtel. Mario Söllner ist in diesem Jahr extrem schnell und wenn er die Performance bis zum Saisonende hält, unerreichbar für mich. Es wird sehr schwer werden in dieser Saison noch einmal richtig Boden gutzumachen und ich müsste dafür in den restlichen Rennen schon sehr gut in die Punkte fahren um aufholen zu können. Leider waren bisher drei von vier Rennen etwas mit Pech behaftet beim Start in diese Saison. Aber ich hoffe das wird sich noch ändern.

Du hast jetzt gerade ein paar Fahrer genannt und den Faden möchte ich aufgreifen und kurz über den einen oder anderen Fahrer sprechen. Ein Fahrer der mir seit Mitte der Formel1-Liga.de Saison 2019 sehr positiv aufgefallen ist, weil er viel Speed gefunden hat ist Emanuel Gerer, der auch in der aktuellen Saison an diese guten Leistungen aus dem Vorjahr anknüpfen konnte.

Mario Söllner hat über die Winterpause ebenfalls sehr viel Speed gefunden und konnte sich in den meisten Qualifyings der aktuellen Saison sehr weit vorne platzieren. Ralf Bohnert, der erst in der vergangenen Saison nach einigen Jahren Pause sein Comeback gegeben hat, hat sich sehr schnell wieder eingewöhnt, konnte gleich bei seinem ersten Rennen nach seinem Comeback gut punkten und belegt aktuell in der Meisterschaftswertung den 4. Platz hinter Mario Söllner. In dieser Saison leider nicht dabei ist Mark Zopp, der vielleicht ein Kandidat gewesen wäre und den dreifachen Formel1-Liga.de Weltmeister Tobias Stolp etwas hätte unter Druck setzen können.

Wenn du das Fahrerfeld betrachtest, das in der aktuellen Saison schon recht nahe beieinander ist, welcher Fahrer zeigt aus deiner Sicht gesteigerte Leistung?

Christian Wickom:

Früher war es eigentlich immer so ein kleines Grüppchen die das Potential hatten auf das Podest zu fahren, neben Tobias Stolp waren das Kai Engelsiepen, Andreas Frommherz und Christian Boll. Aktuell ist das Grüppchen etwas größer geworden. Rolando Tejeda zum Beispiel der eine gute Performance hat und sehr konstant fahren kann. Ralf Bohnert der momentan gut klar kommt mit der Mod und der Hardware, ist eine Fahrmaschine die auch im Rennen immer stärker werden kann, auch wenn das Rennen mal nicht so gut gestartet ist. Mario Söllner der aktuell sehr viel trainiert und eine sehr gute Performance zeigt, aber diese noch nicht konstant genug auf die Strecke bringen kann. Mark Zopp hätte ich dieses Jahr wahrscheinlich häufiger hinter Tobias Stolp und damit auf Platz 2 auf dem Podium stehen sehen, wenn er in der aktuellen Saison nicht pausieren würde. Ich finde es auch sehr schade das er in der aktuellen Saison nicht dabei ist, wie auch sein Teamkollege Olaf Zopp, der die aktuelle Saison ebenfalls pausiert. Emanuel Gerer, der ein guter Freund von mir ist und dessen Werdegang ich von Beginn an extrem mitverfolge. Im ersten Jahr drehte er noch etwas abgeschlagen am Ende des Feldes seine Runden und musste manchmal auch immer etwas motiviert werden. Jedoch konnte er seine Performance aber kontinuierlich steigern. Er trainiert sehr viel, hat sich ein gutes Reifenmanagement erarbeitet und fährt taktisch sehr gut. Hat aber derzeit etwas Pech mit Zwischenfällen im Rennen.

Jetzt sind wir fast am Ende des Interviews angekommen, aber auch nur fast, weil ich gerade mit erschrecken feststellen musste das ich an anderer Stelle eine vorbereitete Frage glatt vergessen habe und diese doch noch kurz stellen möchte.

Als du im April 2010 der Formel1-Liga.de beigetreten bist wurde in der Liga noch auf rFactor gefahren, rFactor 2 war zu dem Zeitpunkt ja noch kein Thema und wurde erst im Jahr 2013 veröffentlicht. Irgendwann erfolgte dann in der Formel1-Liga.de der Umstieg von rFactor auf rFactor 2 und rFactor 2 ist im Gegensatz zu rFactor um einiges realistischer, dynamischer und viel anspruchsvoller zu fahren. Persönlich hatte ich damals ganz schön zu kämpfen um mich auf rFactor 2 einzustellen, wie war das bei dir?

Christian Wickom:

Der erste Abend an dem ich rFactor 2 gefahren bin, dass war auf der Strecke von Bahrain, da war ich vollkommen überrascht von dem Wahnsinns Force Feedback, mit dem ich Dinge über das Lenkrad fühlte, die ich in den ganzen Jahren mit rFactor nie gefühlt habe und habe nur so gedacht „wow“ was geht den hier ab. Das war mein erster Eindruck im positiven Sinne. Nach einigen Runden auf der Strecke Bahrain kam dann aber auch ganz schnell etwas Ernüchterung, als ich gesehen habe das meine Reifen relativ schnell den Geist aufgaben. Das kannte ich so von rFactor auch nicht. Früher hieß es immer das rFactor die Simulation schlechthin ist, aber mit rFactor 2 hat der Begriff Simulation noch einmal eine neue Bedeutung im positiven Sinn bekommen.

Dann haben wir es jetzt geschafft. Ich danke dir ganz herzlich für das Interview und wünsche dir viel Erfolg für die aktuelle Formel1-Liga.de Saison 2020 und ganz wichtig, bleib gesund!

Christian Wickom: Ich bedanke mich ebenfalls.